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Südafrika 2018: Politischer Wandel und „100 Jahre Nelson Mandela“
Staatsministerin Michelle Münterfering zu ihrer Reise nach Südafrika am 27. und 28. Mai 2018
Stationen der Reise von Staatsministerin Müntefering in Johannesburg und Pretoria

Michelle Müntefering vor Mandela-street art, mit Bheki Dube/Johannesburg

Unmittelbar nach Ankunft informierte sich Staatsministerin Müntefering über die aktuelle politische Lage in Südafrika. Botschafter Martin Schäfer hatte dazu unter anderem den bekannten Politikwissenschaftler und Analysten Dr. Ivor Sarakinsky/PhD von der „Wits School of Governance/Johannesburg“ eingeladen.

Bheki Dube zeigte Staatsministerin Müntefering „sein Maboneng“, in dem er aufgewachsen ist.
Was früher ein Problemviertel war, gilt heute als „South Africa‘s answer to Williamsburg/Brooklyn“: Eine bunte Mischung aus Wohn-, Arbeits- und Ausgehviertel, dessen Bewohnerinnen und Bewohner in Eigeninitiative Maboneng in eine lebendige, lebenswerte Nachbarschaft verwandeln. Auch der Stadtführer selbst gehört dazu: Er hat ein kleines Hostel aufgebaut, das bei jungen Leuten sehr beliebt ist.

Staatsministerin Müntefering wird von Soweto-Stadtführerin - und Bewohnerin - Ntziki Mdlankomo durch Soweto geführt. Vor einem Plakat der „ANC Women’s League“ im “Mandela House”, 8115 Orlando West Soweto (www.mandelahouse.org) erzählt die fließend deutschsprechende Ntsiki die Geschichte Sowetos und der Anti-Apartheidsbewegung, und warum sie nie aus Soweto wegziehen wollte. Zum Mandela-Haus: „It was the opposite of grand, but it was my first true home of my own and I was mightily proud …. (Nelson Mandela; The Long Walk to Freedom).

Hector Pieterson (* 19. August 1963 in Soweto; † 16. Juni 1976, ebenda) war ein südafrikanischer Schüler, der im Alter von zwölf Jahren bei einer Demonstration im Rahmen des Soweto-Aufstandes erschossen wurde. Er wurde zur Symbolfigur eines Aufstandes der schwarzen Bevölkerung gegen das Apartheidsregime und das grausame Vorgehen der damaligen südafrikanischen Sicherheitskräfte.

Hier spielt die Musik! In der MIAGI-Musikschule werden Kinder und Jugendliche aus den townships von Johannesburg musikalisch ausgebildet. Das Auswärtige Amt unterstützt MIAGI in diesem Jahr finanziell für eine Deutschlandtournee, bei der die jungen Musiktalente unter anderem in der Elb-Philharmonie in Hamburg sowie Anfang August in Berlin (Gendarmenmarkt) anlässlich der Feierlichkeiten zu “100 Jahre Nelson Mandela„ auftreten werden.


Kulturwissenschaft, gaming-Industrie, Festivalorganisatoren, Finanzplattformen und Künstler trafen im Goethe-Institut, um mit Staatsministerin Müntefering zu diskutieren. Drei Deutsche Schulen, Abkommen zur Kultur- und Filmzusammenarbeit, das Goethe-Regionalinstitut in Johannesburg, DAAD- und Alexander-von- Humboldt-Stipendien u.v.m. belegen die überaus lebendige Kulturzusammenarbeit zwischen Deutschland und Südafrika.

Intensives Gespräch mit Prof. Mbembe zur kulturellen Zusammenarbeit und Kolonialismusdebatte. “Wollen wir wirklich in einer Welt leben, in der jeder und alles wieder nach Hause zurück muss?„ (Prof. Achille Mbembe am 18.05.2018 auf der Hamburger Kolonialismuskonferenz, zitiert in der “Süddeutschen Zeitung„ 23.5.2018). “Die zentrale Frage lautet für mich: Was heißt teilen im 21. Jahrhundert?„ (Staatsministerin Müntefering, Interview im “Tagesspiegel„ 29.5.2019)

Trauerfeier für den ehemaligen südafrikanischen Botschafter in Deutschland, S.E. Sonwabo Edwin “Eddi„ Funde in Pretoria (Außenministerium der Republik Südafrika). In Anwesenheit der südafrikanischen Außenministerin Lindiwe Sisalu, der Familie und zahlreichen prominenten Trauergästen übermittelt Staatsministerin Müntefering Beileid der Bunderegierung und würdigt die Verdienste von Botschafter Eddi Funde um die deutsch-südafrikanischen Beziehungen.

Mittagessen mit think tankern, Menschenrechtsaktivisten, Religionsvertretern, Finanzexperten und Botschafterinnen in der Residenz des Deutschen Botschafters, in Pretoria: Reger Austausch zum Thema, wie der soziale und wirtschaftliche Wandel in Südafrika seit Amtsantritt von Präsident Ramaphosa gelingen kann. Unter den Gästen war u.a. der Vize-Gouverneur der südafrikanischen Zentralbank Daniel Mminele, der seine Schul- und Universitätsbildung in Nordrhein-Westfalen erworben hat und fließend deutsch spricht.

Staatsministerin Müntefering im Gespräch mit der früheren südafrikanischen Außenministerin und jetzigen Ministerin für Entwicklung im Präsidialamt, Dlamini-Zuma. Breiter Meinungsaustausch und Vorbereitung der nächsten “Deutsch-südafrikanischen Binationalen Kommission„ im Herbst 2018.

“I am Science!„: Junge Mädchen und MINT-Fächer: Mädchen im Alter von 13 bis 16 Jahren führen naturwissenschaftliche Experimente durch und testen die MINT-Tauglichkeit der deutschen Staatsministerin. Zum Abschluss fragen sich die Mädchen nach der Instagram-Adresse der deutschen Besucherin, die dann - sehr analog -mit Kreide auf die Tafel geschrieben wird.
“Let freedom reign„ – das berühmte Zitat aus Nelson Mandelas Inaugurationsrede vom 11. Mai 1994 sollte in den Folgejahren zum Programm der jungen südafrikanischen Demokratie werden. Für mich war es wichtig, in das Land des afrikanischen Freiheitskampfes zu fahren, um zu sehen, wo die mutigen Männer und Frauen der Anti-Apartheidsbewegung ihre Wurzeln haben; in das Land, das heute eine lebendige Demokratie mit starken demokratischen Institutionen ist und in dem nach der Wahl von Cyrill Ramaphosa eine neue Aufbruchsstimmung herrscht; wo es aber gleichwohl große Herausforderungen zu bewältigen gilt, darunter eine hohe Arbeitslosigkeit, Ungleichheit, Migration und den Zugang zu Bildung. Ich bin durch die Vilakazi Street in Soweto/Johannesburg gegangen – die Straße, in der Nelson Mandela und Desmond Tutu gewohnt haben. Anschließend besuchte ich das Hector Pieterson Museum, in dem die Geschichte der Apartheid dokumentiert ist. Das tragische Schicksal des zwölfjährigen, südafrikanischen Jungen Hector Pieterson, der bei einer Anti-Apartheid Demonstration 1976 von den damaligen Sicherheitskräften erschossen wurde, steht symbolisch für den Aufstand der schwarzen Bevölkerung gegen das Apartheidregime.
Am 18. Juli 2018 wäre Nelson Mandela 100 Jahre geworden. Deutschland und Südafrika werden aus diesem Anlass eine Reihe von gemeinsamen Projekten auf den Weg bringen: Es wird eine Nelson Mandela Briefmarke geben, ein Konzert in Berlin und viele Veranstaltungen der Botschaft Pretoria .
Mein Besuch in Südafrika bot auch Gelegenheit, Professor Achille Mbembe zu treffen, der gerade an der renommierten südafrikanischen Universität Witwatersrand einen Lehrauftrag hat. Wir haben uns intensiv über die aktuellen Themen der europäischen Kolonialismusdebatte ausgetauscht und waren beide der Meinung: Die vom Auswärtigen Amt konzipierte Hamburger Konferenz zum Kolonialen Erbe am 18. Mai war ein sehr guter Auftakt, um gemeinsam neue Wege einzuschlagen. Es ist wichtig, dass wir uns jenseits der ausgetreten Pfade bewegen und für eine Kultur des Teilens werben. Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit und der kulturellen Koproduktion, getragen von europäischen und afrikanischen Partnern. Nur so werden wir der zentralen Frage auf den Grund gehen können, was teilen im 21. Jahrhundert bedeutet und welche Chancen sich daraus für beide Seiten ergeben.
Hintergrund
Nur drei Monate nach der Übernahme des Präsidentenamtes durch Cyril Ramaphosa und rund ein Jahr vor den Nationalwahlen 2019 besuchte Staatsministerin Müntefering am 27./28. Mai 2018 Südafrika. Das klare Bekenntnis des neuen südafrikanischen Präsidenten zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und sozialer Marktwirtschaft; ferner seine Pläne, gegen Rassismus, Korruption und Misswirtschaft vorzugehen, beeindrucken viele Beobachter. Gleichwohl steht Südafrika vor großen Herausforderungen: Eine Arbeitslosenquote von rd. 27% und bis zu 50% Jugendarbeitslosigkeit, massive soziale Ungleichheit, geringes Wirtschaftswachstum und die Folgen der unter dem früheren Präsidenten Amtsvorgänger Zuma grassierenden Korruption (“state capture„) erfordern enorme Anstrengungen aller politischen Kräfte Südafrikas.
Ziel der Reise der Staatsministerin war es, die Unterstützung Deutschlands für den angestrebten Wandel in Südafrika zu bekräftigen und die ersten Vorbereitungen zur “Deutsch-südafrikanischen Binationalen Kommission„ im Herbst 2018 in die Wege zu leiten. Auch wirtschaftlich sind die beiden G-20-Partner Deutschland und Südafrika aufs Engste miteinander verbunden: Mit einem rd. 17 Mrd. € umfassenden bilateralen Handelsvolumen ist Deutschland der zweitwichtigster Handelspartner Südafrikas und stellt mit rd. 600 Unternehmen im Land über 100.000 Arbeitsplätze. Südafrika kandidiert, wie Deutschland, für einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nation 2019/2020; die Wahlen der nicht-ständigen Mitglieder finden am 8. Juni 2018 in der Generalversammlung in New York statt. Südafrika versteht sich in vielen internationalen Foren als Stimme Afrikas und ist wichtiger außenpolitischer Akteur in der Region. Mit dem neuen Präsidenten Ramaphosa verbinden viele politische Beobachter die Hoffnung auf ein international wieder stärker engagiertes Südafrika.