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Die deutsch-polnische Zusammenarbeit

19.04.2023 - Artikel

Der deutsch-polnische Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991 ist Grundlage und Rahmen für den intensiven politischen Dialog und die zwischengesellschaftlichen Kontakte zwischen Deutschland und Polen.

Helmut Kohl und der polnische Ministerpräsident Bielecki bei der Unterzeichnung des Nachbarschaftsvertrags 1991
Helmut Kohl und der polnische Ministerpräsident Bielecki bei der Unterzeichnung des Nachbarschaftsvertrags 1991© picture-alliance / dpa

In 38 Artikeln benennt der Nachbarschaftsvertrag politische, wirtschaftliche und kulturelle Ziele für die Zusammenarbeit im Bewusstsein „ihrer gemeinsamen Verantwortung für den Aufbau eines neuen, durch Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vereinten und freien Europa“. Zusammen mit dem deutsch-polnischen Grenzvertrag von 1990 bildet dieser das Fundament für Aussöhnung, gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Freundschaft zwischen Polen und Deutschland nach dem Ende der Teilung Europas.

Eine neue Phase erreichten die bilateralen Beziehungen mit dem polnischen Beitritt zur NATO im Jahre 1999, zur Europäischen Union im Jahre 2004 und zum Schengenraum im Jahre 2007. Die vollständige Öffnung des deutschen Arbeitsmarkts im Jahre 2011 hat dies weiter verstärkt.

Aktuell leben und arbeiten in Deutschland etwa zwei Millionen Polinnen und Polen sowie Personen polnischer Abstammung bzw. mit zusätzlicher polnischer Staatsangehörigkeit. Deutschland ist seit über zwei Jahrzehnten der mit Abstand wichtigste Handelspartner Polens. Reger Austausch und unzählige Besuche auf höchster politischer Ebene sind Ausdruck der freundschaftlichen Partnerschaft und guten Zusammenarbeit beider Länder. Hierzu zählen auch Regierungskonsultationen unter Beteiligung der Regierungschefinnen und -chefs sowie Fachministerinnen und -minister beider Seiten, zuletzt im Jahre 2018.

Umgang mit der Vergangenheit

Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Vergangenheit ist Grundlage der deutsch-polnischen Beziehungen. Dazu gehört die deutsche Anerkennung der Schuld an den Leiden der polnischen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg. Ein Symbol hierfür war Willy Brandts Kniefall vor dem Denkmal für die Helden des Warschauer Ghettos 1970. Undenkbar wäre die Versöhnung ohne die Bereitschaft zu vergeben, wie sie bereits 1965 durch den Hirtenbrief der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder zum Ausdruck gebracht wurde, und ohne die Bereitschaft zum Verzicht auf eigene Forderungen, wie sie etwa in der Ost-Denkschrift der Evangelischen Kirche Deutschlands im selben Jahr gezeigt wurde.

Die Erinnerung an die Geschichte spielt heute eine ungebrochen wichtige Rolle. So reiste der damalige Bundesaußenminister Maas am 1. August 2019 anlässlich des 75. Jahrestages des Ausbruchs des Warschauer Aufstandes in die polnische Hauptstadt.

Kranzniederlegung in Wola: Außenminister a.D. Heiko Maas und der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz
Kranzniederlegung in Wola: Außenminister a.D. Heiko Maas und der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz© Xander Heinl/Photothek.de

Ferner nahmen Bundespräsident Steinmeier und die damalige Bundeskanzlerin Merkel an Gedenkfeierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges am 1. September 2019 in Polen teil. Gemeinsam mit dem polnischen Ministerpräsidenten Morawiecki besuchte die Bundeskanzlerin zudem am 6. Dezember 2019 die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau anlässlich des 10. Jahrestages der Stiftung Auschwitz-Birkenau. Der Bundespräsident reiste anlässlich des 75. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers am 27. Januar 2020 dorthin, die Bundeskanzlerin und der polnische Ministerpräsident besuchten am 27./28. Januar 2020 in Berlin gemeinsam ein Gedenkkonzert.

Darüber hinaus beschloss der Deutsche Bundestag am 30. Oktober 2020, dass an prominenter Stelle in Berlin ein Ort entstehen soll, der den polnischen Opfern des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Besatzung Polens gewidmet ist und der Begegnung und Auseinandersetzung mit der deutsch-polnischen Geschichte dienen soll. Ein Konzept für einen „Ort des Erinnerns und der Begegnung mit Polen“ wurde unter Federführung des Auswärtigen Amtes in Zusammenarbeit mit polnischen und deutschen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, darunter dem Deutschen Polen-Institut, erarbeitet und am 15. September 2021 vorgestellt.

Zum „Ort des Erinnerns und der Begegnung mit Polen“ finden Sie hier weiterführende Informationen.

Jugend und Zivilgesellschaft - Geheimnis des Zusammenwachsens

Angelegt im deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag entstanden zahlreiche deutsch-polnische Institutionen, die bis heute den zivilgesellschaftlichen Austausch fördern und zusammen mit den über 500 Städtepartnerschaften eine wichtige Säule der deutsch-polnischen Freundschaft darstellen.

Das 1991 gegründete Deutsch-Polnische Jugendwerk (DPJW) hat bislang rund 3 Millionen Jugendliche bei der Durchführung bilateraler Programme unterstützt. Die aktuelle Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag erneut zu einer Stärkung der Arbeit des Jugendwerks bekannt.

Mehr auf der Webseite des DPJW.

Eine weitere Schlüsselinstitution zur Förderung der deutsch-polnischen Beziehungen ist die von den Regierungen beider Länder 1991 eingesetzte Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit (SDPZ). In nunmehr über 30 Jahren hat sie rund 16.000 gemeinsame Projekte finanziert und damit die Fundamente der gegenseitigen Verständigung gestärkt.

Mehr auf der Webseite der SDPZ.

Zum intensiven Hochschul-, Wissenschafts- und Forschungsaustausch tragen zahlreiche Institutionen bei wie der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Alexander von Humboldt-Stiftung oder die auf ein bilaterales Regierungsabkommen begründete Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung (DPWS). 2020 förderte der DAAD insgesamt 2.198 Studierende, Graduierte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und andere Hochschulangehörige beider Länder, davon 1.964 Neuförderungen. Hierunter waren 433 Geförderte aus Polen und 1.765 aus Deutschland. Seit 1953 hat die Alexander von Humboldt-Stiftung über 1.300 Humboldt-Forschungsstipendien und Humboldt-Forschungspreise an Personen aus Polen für Aufenthalte in Deutschland und Feodor Lynen-Forschungsstipendien an Personen aus Deutschland für Aufenthalte in Polen vergeben.

Mehr auf der Webseite des DAAD, der Alexander von Humboldt Stiftung und der DPWS.

Regierungskommission: Überwindung von Grenzen

32. Sitzung der Deutsch-Polnischen Regierungskommission in Warschau, die Ko-Vorsitzenden nach der Unterzeichnung des Ergebnisprotokolls
32. Sitzung der Deutsch-Polnischen Regierungskommission in Warschau, die Ko-Vorsitzenden nach der Unterzeichnung des Ergebnisprotokolls© AMitura MSWiA

Die deutsch-polnische Regierungskommission für grenzüberschreitende und interregionale Zusammenarbeit ist ein wichtiger Akteur in der Ausgestaltung der Beziehungen mit Polen. Sie trat im April 1991 erstmals in Görlitz zusammen und tagt einmal im Jahr abwechselnd in Deutschland und Polen. Den Ko-Vorsitz auf deutscher Seite führt die Beauftragte für die Beziehungen zu den Mitgliedstaaten der EU, grenzüberschreitende und regionale Zusammenarbeit, EU- Außenbeziehungen, Frau Botschafterin Catalina Cullas, auf polnischer Seite Herr Direktor Dr. Mariusz Boguszewski, Leiter der Abteilung für Internationale Angelegenheiten im Ministerium für Innere Angelegenheiten und Verwaltung der Republik Polen.

Die Kommission hat drei Aufgabenbereiche: a) Förderung der Zusammenarbeit regionaler, kommunaler und sonstiger Institutionen, Vereinigungen und Einrichtungen; b) Ergreifen von Initiativen durch Empfehlungen; c) Informationsvermittlung. Vier Ausschüsse unterstützen die Arbeit der Regierungskommission in folgenden Feldern: grenznahe Zusammenarbeit, Raumordnungsfragen, interregionale Zusammenarbeit sowie Bildungszusammenarbeit. Die letzte Sitzung der Regierungskommission fand am 17./18. November 2022 in Warschau statt. Die nächste Sitzung ist für 2023 turnusgemäß in Deutschland vorgesehen. Auch in erweiterten Formaten arbeiten Deutschland und Polen eng zusammen. So finden beispielsweise im Rahmen des Weimarer Dreiecks, das im August 1991 von den Außenministern Deutschlands, Polens und Frankreichs begründet wurde, regelmäßig Beratungen zu außen- und europapolitischen Themen zwischen den drei Ländern statt.

Grenzen trennen – die Oder verbindet

Die Vielfalt der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen zeigt sich unter anderem in über 500 Städtepartnerschaften, drei Doppelstädten (Guben/Gubin, Görlitz/Zgorzelec und Frankfurt (Oder)/Słubice) und vier Euroregionen (Pro Europa Viadrina, Euroregion Spree-Neiße-Bober, Euroregion Pomerania, Euroregion Neiße (trilateral mit Tschechien)). Entlang der Oder haben sich die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und den westpolnischen Wojewodschaften Großpolen, Westpommern, Niederschlesien und Lebuser Land als informelles Netzwerk in der „Oder-Partnerschaft“ Zusammengeschlossen.

Weiterführende Informationen:

Erklärung der Deutsch-Polnischen Regierungskommission vom 18.11.2022

Ausschuss für grenznahe Zusammenarbeit

Ausschuss für interregionale Zusammenarbeit

Ausschuss für Bildungszusammenarbeit

Ausschuss für Raumordnungsfragen

Zusammenarbeit im Weimarer Dreieck: Impulsgeber Europas

Deutschland und Polen: bilaterale Beziehungen

Weitere Informationen

Dietmar Nietan
Dietmar Nietan© photothek

Der Polen-Koordinator Dietmar Nietan fördert gemeinsam mit seinen beiden polnischen Amtskollegen die deutsch-polnische Kooperation auf Regierungsebene, setzt sich ein für die weitere Annäherung der Zivilgesellschaften beider Länder und für die Zusammenarbeit im grenznahen Raum.

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