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Signal für regelbasierten Freihandel in Zeiten der Krise: Vietnamesische Nationalversammlung macht Weg für Freihandelsabkommen mit EU frei

Unterzeichnungszeremonie des Europe-Vietnam Free Trade Agreement (EVFTA) im Juni 2019

Unterzeichnungszeremonie des Europe-Vietnam Free Trade Agreement (EVFTA) im Juni 2019, © ANN

08.06.2020 - Artikel

Die vietnamesische Nationalversammlung hat dem Freihandelsabkommen mit der EU zugestimmt und setzt damit ein wichtiges Zeichen: gerade für die wirtschaftliche Erholung von den Folgen der Covid-19-Pandemie brauchen wir ein offenes, regelbasiertes Handelssystem.

Wirtschaftliches Potenzial zwischen EU und Vietnam heben

Mit einem Warenhandelsvolumen von gut 50 Milliarden Euro war Vietnam zuletzt der zweitwichtigste EU-Handelspartner in Südostasien, die EU ist ihrerseits global der viertwichtigste Handelspartner Vietnams. Zwischen 2014 und 2018 wuchs der gegenseitige Warenhandel bereits durchschnittlich um 15% jährlich. Um das volle Potenzial der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen zu heben, haben sich die EU und Vietnam auf ein umfangreiches Freihandelsabkommen (EU-Vietnam Free Trade Agreement/EVFTA) geeinigt, dem nach dem Europaparlament nun auch der Rat der Europäischen Union zugestimmt hat. Nach der noch notwendigen Ratifizierung durch die vietnamesische Nationalversammlung könnte das EVFTA im Frühsommer 2020 in Kraft treten.

Handelserleichterungen, Arbeitnehmerrechte, Nachhaltigkeit, fairer Wettbewerb

Mit dem Inkrafttreten des EVFTA würden die bisher bestehenden gegenseitigen Zölle auf Industrieprodukte vollständig wegfallen. Für einige Branchen, etwa die Automobilindustrie, sollen dabei Übergangsfristen von bis zu 10 Jahren gelten. Weitgehend abgeschafft werden auch die Zölle auf Agrarprodukte. Sogenannte nicht-tarifäre Handelshindernisse wie technische Vorgaben und Zulassungsbedingungen werden abgesenkt, indem sich beide Seiten zur Anerkennung gemeinsamer internationaler Standards verpflichten.

Gleichzeitig sieht das EVFTA strenge Regeln etwa für Arbeitnehmerrechte und Nachhaltigkeit vor. Mit dem EVFTA verpflichtet sich Vietnam, die Grundprinzipien der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), zu denen das Vereinigungsrecht oder das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit gehört, zu achten, sowie die Ratifikation aller grundlegenden ILO-Übereinkommen voranzutreiben. Auch die Umsetzung multilateraler Umweltabkommen wie des Pariser Klimaabkommens ist in dem Abkommen verbindlich vereinbart. Zivilgesellschaftliche Gruppen werden bei der Überwachung der Umsetzungsschritte auf beiden Seiten miteinbezogen.

Modell für regelgeleitete Globalisierung

Das Inkrafttreten des EVFTA wird nicht nur zu Wohlstandsgewinnen auf beiden Seiten führen, sondern auch die internationale Handelsordnung insgesamt stärken, indem der Geltungsbereich gemeinsamer Regeln und Standards auf eine weitere dynamische Volkswirtschaft erweitert wird.

Das EVFTA ist damit ein wesentlicher Beitrag der EU für Impulse zur wirtschaftlichen Erholung von den Folgen der Covid-19-Pandemie, aber auch zur Sicherung von Lieferketten gegen künftige Krisen. Zugleich macht das Abkommen deutlich: wirtschaftliche Öffnung, Wachstum und die Einhaltung von Sozial- und Nachhaltigkeitsstandards stehen nicht im Widerspruch, sondern können einander wirkungsvoll ergänzen

Beeindruckendes Wachstum

Mit seiner dynamischen Wirtschaftsentwicklung und seinen 95 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern ist Vietnam für die EU ein wichtiger Wirtschaftspartner in Südostasien. Seit Anfang der 80er Jahre hat Vietnam einen bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufschwung durchlaufen. Seitdem konnte das Land hohe Wachstumsraten von bis zu 9,5% (1995) erreichen. Aktuell liegt das vietnamesische Wirtschaftswachstum mit etwa 6,5% über der Wachstumsrate von China. Dadurch gelang es Vietnam auch, die Armutsrate seiner Bevölkerung von über 50% (1996) auf heute unter 10% zu senken. Mit einem Bruttonationaleinkommen von 2.400 US-Dollar pro Kopf zählt Vietnam seit 2018 zu den sogenannten „Ländern mit mittlerem Einkommen“ (middle income countries).

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