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Im Wortlaut: „Wir erwarten konstruktive Beiträge“

18.07.2019 - Interview

Außenminister Maas im Gespräch mit der russischen Nachrichtenagentur Interfax:

Zur Lage in der Ost-Ukraine…

In der Ost-Ukraine haben wir zu lange Stillstand erlebt. Jetzt hat es mit der Entflechtung bei Stanizja Luhanska ein positives Signal gegeben. Wir begrüßen, dass sich die Seiten auf Impuls der Ukraine darauf geeinigt haben. Dieser Erfolg zeigt: Fortschritt in der Ost-Ukraine ist möglich. Auch das Treffen der politischen Berater im Normandie-Format letzte Woche ist sehr produktiv verlaufen. Daran müssen wir jetzt anknüpfen. Ich werde mit Sergej Lawrow darüber sprechen, dass wir konstruktive Beiträge von Russland erwarten. Dazu gehört, dass die ukrainischen Seeleute freigelassen werden. Wichtig ist, dass bald wieder direkte Gespräche zur Lösung des Konflikts stattfinden. Das Leiden von Hunderttausenden von Zivilisten, die von den Folgen des anhaltenden bewaffneten Konflikts betroffen sind, muss endlich aufhören. Deswegen wollen wir sobald wie möglich Treffen im Normandie-Format auf politischer Ebene. Dazu stimmen wir uns natürlich eng mit unseren amerikanischen und europäischen Partnern ab.

Zu den deutsch-russischen Beziehungen…

In einigen Punkten sind wir grundlegend anderer Auffassung – zum Beispiel bei Russlands Rolle in Syrien. Durch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die Destabilisierung in der Ost-Ukraine ist viel Vertrauen im Verhältnis zu Russland verloren gegangen. Aber klar ist auch, dass wir zur Lösung internationaler Probleme den Dialog mit Moskau brauchen. Aus diesem Grunde haben wir zum Beispiel die Deutsch-Russische Hohe Arbeitsgruppe für Sicherheitspolitik wieder eingesetzt. Gleichzeitig müssen wir verhindern, dass sich politische Spannungen auf die Beziehungen zwischen unseren Gesellschaften übertragen. Deswegen sind die offenen Gespräche beim Petersburger Dialog wichtig. Und deswegen pflegen wir die deutsch-russischen Beziehungen mit so vielen Projekten: mit dem Themenjahr zur Hochschulkooperation und Wissenschaft, mit kommunalen Partnerschaften, Schüleraustauschen, der Unterstützung für die Überlebenden der Leningrader Blockade und vielen gemeinsamen Gedenkveranstaltungen. Daran halten wir fest.

Zur Atomvereinbarung mit Iran und INSTEX...

Wir geben uns nicht der Illusion hin, wir könnten die wirtschaftlichen Folgen des US-Ausstiegs aus der Wiener Nuklearvereinbarung kompensieren. Wir haben aber gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien stets deutlich gemacht, dass wir zum JCPoA stehen und unsere Verpflichtungen aus der Vereinbarung umsetzen wollen. INSTEX ist ein wichtiger Bestandteil der europäischen Bemühungen für den Erhalt des JCPoA ist. Darüber hinaus sind wir als europäische Teilnehmer nicht alleine im JCPoA. Alle verbleibenden Teilnehmer müssen sich für den Erhalt der Wiener Nuklearvereinbarung einsetzen. Das ist ein schwieriges Unterfangen und INSTEX kann dabei nur einer unter mehreren Beiträgen sein.

Zum drohenden Ende des INF-Vertrags…

Der Ball liegt im Feld Moskaus. Bis zum 2. August hat Russland noch Zeit, den vertragswidrigen Marschflugkörper überprüfbar abzurüsten. Aber wir müssen realistisch sein: Derzeit sieht es nicht danach aus. Der Wegfall des INF-Vertrags führt auch zu weniger Sicherheit für Russland. Wir stellen uns darauf ein, dass die Bedrohung durch den INF-verletzenden russischen Marschflugkörper erhalten bleibt. Darauf bereiten wir uns vor. Klar ist: Die NATO will kein neues Wettrüsten. Rüstungskontrolle bleibt ein wichtiger Baustein der europäischen Sicherheit und wir brauchen eine Rüstungskontrolle, die auch den zukünftigen Herausforderungen gerecht wird. Dialogplattformen wie der Strukturierte Dialog in der OSZE werden nach dem 2.8. noch wichtiger. Es ist auch in Russlands Interesse, hier konstruktive Beiträge zu leisten und Verträge einzuhalten.

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