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Menschenrechtsbeauftragte Kofler zur Verurteilung einer vietnamesischen Bloggerin
Zur Verurteilung der bekannten vietnamesischen Bloggerin und Menschenrechtsaktivistin Nguyen Ngoc Nhu Quynh („Mother Mushroom“) sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, heute (30.06.):
Ich bin schockiert über die Verurteilung der Bloggerin und Aktivistin Nguyen Ngoc Nhu Quynh zu 10 Jahren Haft. Das offensichtlich politisch gesteuerte Urteil widerspricht menschenrechtlichen Prinzipien und verstößt gegen internationale Verpflichtungen im Bereich bürgerliche und politische Rechte, die Vietnam selbst unterzeichnet hat. Die lange Haftstrafe lässt zudem eine Abwägung mit dem in der vietnamesischen Verfassung geschützten Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit und jede Verhältnismäßigkeit vermissen.
Frau Quynh hat sich gegen soziale Missstände und Korruption eingesetzt. Sie hat mit ihrer journalistischen Arbeit auf die hohe Zahl ungeklärter Todesfälle in Haft und Polizeigewahrsam aufmerksam gemacht. Und sie hat sich in Zentralvietnam unermüdlich für die von einer Umweltkatastrophe betroffenen Fischer und deren Familien engagiert.
Dass die Behörden dieses Engagement für Bürgerrechte, Umwelt- und Verbraucherschutz wie auch bei anderen Bloggern mit Repressalien, Festnahmen und Haftstrafen ahnden ist ein alarmierendes Signal – gerade mit Blick auf die von der Regierung proklamierten Reformanstrengungen im Bereich Verwaltung, Umwelt und Verbraucherschutz. Denn ohne bürgerschaftliches Engagement und mehr Transparenz wird sich das Ziel einer nachhaltigen Modernisierung des Landes nicht erreichen lassen.
Das Urteil stimmt mich traurig mit Blick auf das Schicksal von Frau Quynh und ihrer beiden minderjährigen Kinder. Es stimmt auch traurig, dass die vietnamesische Regierung das Potential engagierter Bürger nicht für die Weiterentwicklung des Landes nutzt. Ich hoffe auf einen Freispruch in der Berufungsinstanz.
Hintergrund:
Frau Quynh ist eine der bekanntesten Bloggerinnen Vietnams und schreibt unter dem Pseudonym „Mother Mushroom“. Sie erhielt 2015 den Menschenrechtspreis der schwedischen NGO Civil Rights Defenders. Nach ihrer Inhaftierung verlieh ihr Melania Trump im März 2017 den International Women of Courage Award in den USA.
In ihren Beiträgen konzentriert sich Quynh auf soziale Missstände, staatliche Misswirtschaft, Umweltverschmutzung und Haftbedingungen. Zuletzt war Quynh besonders aktiv im Kampf für die Rechte von Fischern in Zentralvietnam, die von einer durch Industrieabfälle ausgelösten Umweltkatastrophe betroffen sind. Frau Quynh prangerte unter anderem die Untätigkeit der Behörden gegenüber finanzstarken Umweltsündern an. Auch setzte sie sich für inhaftierte Aktivisten und deren Familien ein.
Vor allem mit Blick auf ihr Umweltengagement waren Quynh und ihre Familie ab Herbst 2016 verstärkt Zielscheibe von Repressalien etwa durch öffentliche Bloßstellung in ihrem Heimatort geworden. Am 10. Oktober 2016 war Quynhs Haus von Dutzenden Polizisten durchsucht und sie selbst festgenommen worden.
Die EU, Deutschland, die USA und weitere Staaten haben sich in den vergangenen Monaten intensiv für Quynh eingesetzt – unter anderem in Stellungnahmen, offiziellen Gesprächen und im Rahmen des EU-Vietnam-Menschenrechtsdialogs. Der Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe hat eine parlamentarische Patenschaft für Quynh übernommen.