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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 27.08.2025

28.08.2025 - Artikel

Reisen des Außenministers nach Estland und Dänemark, nach Toulon sowie nach Kopenhagen

Giese (AA)

Eine Reiseankündigung für den Außenminister: Außenminister Wadephul wird am Donnerstag nach Estland und Dänemark reisen.

In Estland wird er mit seinem estnischen Amtskollegen Margus Tsahkna und dem estnischen Präsidenten Alar Karis zusammentreffen. Außerdem wird der Außenminister als Ehrengast eine Rede auf der Konferenz der estnischen Botschafterinnen und Botschafter halten.

Am Nachmittag wird der Außenminister dann weiter zu Gesprächen nach Kopenhagen mit seinem dänischen Amtskollegen Lars Løkke Rasmussen und der dänischen Europaministerin Marie Bjerre reisen.

Am Freitag, dann im Anschluss, wird der Außenminister am deutsch-französischen Ministerrat in Toulon teilnehmen.

Am Freitag und Samstag wird der Außenminister dann im Anschluss in Kopenhagen am informellen Treffen der Außenministerinnen und Minister der EU teilnehmen.

Verhängung von EU-Sanktionen gegen Thomas Röper

Zusatzfrage

Die Frage richtet sich im Zweifel unter anderem an das Auswärtige Amt. Thomas Röper, der von der EU im Mai 2025 sanktioniert wurde ‑ im EU-Sanktionspaket ist von „Kriegskorrespondent“ die Rede ‑, wurde jetzt sein Spendenkonto von der Bank gekündigt, mit dem er sich sozusagen gegen diese Eingriffe durch die EU-Sanktionierung wehren wollte. Da würde mich interessieren, wie vor dem Hintergrund, dass sowohl die Privatkonten als jetzt auch das Spendenkonto zur Finanzierung des Rechtsweges qua EU-Sanktionierung eingefroren wurden, die Bundesregierung sicherstellen will, dass einem deutschen Staatsbürger das Grundrecht auf Rechtsbeistand nicht verwehrt wird, wenn sowohl die privaten als auch die Spendenkonten eingefroren sind. Auf welcher Grundlage soll er diesen Rechtsweg dann finanzieren können?

Vorsitzende Wefers

Es scheint sich ja mehr um eine juristische Frage als um eine Sanktionsfrage zu handeln, aber vielleicht kann jemand darauf antworten. Sagen Sie nur, wer antwortet.

Zuruf

Federführend ist das AA bei dieser Sanktionsnummer.

Vorsitzende Wefers

Wer da antworten möchte, kann die Regierung auch selbst entscheiden.

Giese (AA)

Ich würde sagen, federführend zuständig für das, was Sie als „Sanktionsnummer“ bezeichnen, ist die Europäische Union. Das sind ja EU-Sanktionen. Die haben bestimmte Gründe. Die kann man in der Begründung der Sanktionierung der Personen nachlesen. Dagegen gibt es einen Rechtsweg, den kann man auch beschreiten. Für die Aufwendungen, die dafür notwendig sind, können auch Ausnahmen von diesen Kontensperrungen ermöglicht werden.

Zusatzfrage

Aber diese Ausnahmen werden ja offensichtlich nicht gemacht.

[…]

Verhängung von EU-Sanktionen gegen den Chefredakteur von „Red Media

Zusatzfrage

[…]

Dann habe ich noch eine generelle Verständnisfrage. Wir hatten ja auch schon öfter den Fall des deutschen Staatsbürgers und Chefredakteurs von „Red Media“ besprochen, der ebenfalls von der EU ‑ mutmaßlich auf Initiative der Bundesregierung ‑ sanktioniert wurde, und zwar mit Verweis auf seine Berichterstattung über propalästinensische Proteste an deutschen bzw. Berliner Universitäten. Die Bundesregierung hat ihn mutmaßlich wider besseres Wissen als türkischen Staatsbürger dargestellt. Jetzt ist er aber nachweislich und ausschließlich deutscher Staatsbürger. Da es ja massive Auswirkungen hat, auch in der Umsetzung von EU-Sanktionen, ob es sich um einen EU-Staatsbürger handelt, der dann auch noch in einem EU-Land lebt, oder um einen türkischen Staatsbürger, würde mich interessieren, wie es dazu kam, dass die Bundesregierung diese falsche Angabe über die Staatsbürgerschaft von Hüseyin Doğru so an die EU weitergeleitet hat.

Giese (AA)

Da bin ich jetzt schon der Nächste in der Reihe, der fast alle Prämissen Ihrer Frage zurückweisen muss. Mutmaßlich falsche Angaben macht die Bundesregierung sowieso niemals. Im Übrigen gilt das, was ich zu dem vorherigen Fall gesagt habe. Da gibt es natürlich Rechtsmittel. Es gibt sowohl Rechtsmittel gegen die Sanktionierung selbst als auch gegen verschiedene Auswirkungen davon. Auch da gibt es humanitäre Ausnahmen, um dieses Rechtsmittel zu bestreiten. Soweit ich weiß, gibt es da auch eine rechtliche Vertretung für den Herrn. Insofern sollte das alles klargehen. Im Übrigen haben wir darüber hier schon sehr, sehr ausführlich gesprochen.

Medienbericht über die Blockierung des Zugangs zur Webseite der Tageszeitung „junge Welt“ in der Ukraine

Frage

Kiewer Behörden haben den Zugang zur Website der deutschen Tageszeitung „junge Welt“ seit Anfang der Woche gesperrt, und bereits am 12. August hatten ukrainische Behörden die „junge Welt“ als unerwünscht eingestuft und in ihr Register der blockierten Internetseiten aufgenommen. Da würde mich interessieren: Ist dieser Vorgang dem Auswärtigen Amt bekannt und wie bewerten Sie die Sperrung einer deutschen Tageszeitung durch ukrainische Behörden?

Giese (AA)

Mir ist dieser Vorgang nicht bekannt. Ich müsste mich darüber informieren, ob das überhaupt stimmt.

Zusatz

Aber das ist ja schon ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit. Deswegen, wenn Sie da etwas nachliefern könnten, wäre ich Ihnen dankbar.

Giese (AA)

Ich lasse mich informieren, ob das den Tatsachen entspricht.

Gespräche über das iranische Nuklearprogramm

Frage

Ich habe eine Frage zum Iran. Da gab es gestern Gespräche im E3-Format. Können Sie uns sagen, ob es dabei irgendwelche Fortschritte gab und wie es weitergeht?

Giese (AA)

Ja, genau. Gestern haben sich in Genf die Politischen Direktoren mit dem stellvertretenden Außenminister des Iran getroffen. Dabei wurden die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens besprochen. Die Gespräche sind ohne abschließendes Ergebnis zu Ende gegangen. Die E3 streben weiter eine diplomatische Lösung für das iranische Nuklearprogramm an. Wir bleiben weiter offen für den Dialog mit der iranischen Seite. Dabei ist klar: Iran hat immer noch die Wahl, sich für eine Rückkehr zur Diplomatie und eine Einhaltung seiner Verpflichtungen unter anderem im Einklang mit dem Nichtverbreitungsvertrag zu entscheiden. Klar ist aber auch: Die Auslösung des Snapback-Mechanismus durch die E3 bleibt eine Option. Das haben wir auch immer sehr, sehr offen kommuniziert.

Zusatzfrage

Gibt es weitere Termine, die vereinbart sind?

Giese (AA)

Wenn ich dazu etwas anzukündigen habe, würde ich das machen.

Frage

Herr Giese, ich schließe aus Ihren Äußerungen, dass die Aktivierung dieses Snapback-Mechanismus für Sie noch nicht auf der Tagesordnung steht.

Giese (AA)

Es gilt das, was ich gerade gesagt habe. Dass das für die E3 eine Option ist, haben wir immer gesagt, und das bleibt auch so. Wenn es da nächste Schritte geben sollte, dann würden wir das selbstverständlich kommunizieren.

Gerichtsentscheidungen hinsichtlich der Aufnahme afghanischer Geflüchteter in Deutschland

[…]

Frage

Meine Frage richtet sich an das BMI und an das AA. Herr Minister Wadephul hatte versprochen, dass man den Abgeschobenen schnell helfen werde. Ich stehe jetzt in Kontakt mit zwei betroffenen afghanischen Familien, von denen zumindest Teile abgeschoben wurden. Die haben seit zwölf Tagen überhaupt gar nichts von der Bundesregierung gehört. Darf ich fragen, wie denn diese Hilfe aussieht, die da gewährt werden soll?

Bowinkelmann (BMI)

Auch das haben wir schon am Montag besprochen. Ich kann das aber gerne noch einmal ausführen. Der Dienstleister der Bundesregierung steht in Kontakt mit allen betroffenen Familien, sowohl in Pakistan als auch in Afghanistan. Das ist der Stand, den wir von dem Dienstleister erhalten hatten. Ich bin mir nicht sicher, ob das heißt, dass jede Person auch jederzeit mit diesem Dienstleister sprechen muss. Manchmal ist es ja auch ausreichend, wenn eine Person stellvertretend für eine größere Anzahl mit dem Dienstleister in Verbindung steht. Den Informationen zufolge, die ich habe, gibt es diese Kontakte. Ich kann also nicht bestätigen, dass es so ist. Wenn Sie uns diesen Fall vorlegen, dann könnte man das natürlich auch überprüfen. Aber das ist vielleicht nicht unbedingt etwas für diese Pressekonferenz.

Zusatzfrage

Ich weiß, dass es diesen Dienstleister gibt, der, glaube ich, von der GIZ kommt und die Unterkünfte organisiert hat. Das stimmt. Aber es ging um Kontakte zur GIZ, zur Taskforce, zur Bundesregierung, die sich darum kümmern, was mit diesen Leuten weiter geschieht. Das meine ich, also nicht die logistische Unterbringung ‑ es stimmt, was Sie sagen ‑, sondern wie es dabei weitergeht.

Giese (AA)

Vielleicht ist das ein Missverständnis. Die Taskforce, die es gibt, ist eine Taskforce, die wir insbesondere vis-à-vis der pakistanischen Behörden haben, um gegenüber den pakistanischen Behörden immer nachzuhalten, dass diese Personen zurück nach Afghanistan kommen bzw. nicht abgeschoben werden. Ich glaube, das hatte ich am Montag so gesagt. Es gibt jetzt keine Taskforce, die unbedingt immer mit diesen Personen kommunizieren muss. Denn es geht ja darum, mit den Behörden in Pakistan in Kontakt zu stehen, um die behördlichen Entscheidungen beeinflussen zu können. Vielleicht ist das das Missverständnis gewesen.

Frage

Herr Bowinkelmann, Sie sagten gerade, dass Sie sich im Austausch mit den pakistanischen Behörden befinden. Ist dabei auch geplant, etwas zu formalisieren, also eine Art Abkommen mit den pakistanischen Behörden zu schließen? Vielleicht ist das auch eine Frage an das AA. Ich meine das in dem Sinne, sicherzustellen, dass Betroffene nicht abgeschoben werden, um eine Art Rechtssicherheit zu schaffen. Vielleicht ist da ein Abkommen geplant.

Giese (AA)

Ich würde ganz grundsätzlich darum bitten, dass Sie Verständnis dafür haben, dass wir uns zu den Inhalten der Gespräche mit der pakistanischen Regierung nicht unbedingt äußern können. Aber natürlich ist das Ziel klar: Das Ziel ist, dass die Personen nicht abgeschoben werden.

Frage

Haben Sie denn tatsächlich Kontakt? Wissen Sie konkret, wo all die Menschen sind? Viele waren in „safe houses“. Andere sind offenbar in Islamabad in der Stadt unterwegs. Ist zu allen Menschen Kontakt bezüglich des aktuellen Aufenthaltsorts hergestellt worden?

Giese (AA)

Wie ich es gerade schon gesagt habe, haben wir zu allen Leuten in irgendeiner Art und Weise Kontakt. Wie gesagt, oftmals sind das ja größere Familien. Aber es besteht über unseren Dienstleister Kontakt zu allen Familien. Alle sind irgendwie erreichbar. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass wir jederzeit tracken können, wo sich Leute aufhalten. Es geht ja um mehr als 2000 Personen. Das ist schon eine sehr große Zahl. Deswegen ist klar, dass wir nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit sicher sein können, wo sich alle befinden. Aber es gibt diese Verbindung, und es gibt die Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Unsere Kolleginnen und Kollegen, die sich darum kümmern und unser Dienstleister sind auch jederzeit ansprechbar.

Frage

Ich frage noch einmal etwas zu dem Thema das Auswärtige Amt. Es gibt diesen Beschluss vom Verwaltungsgericht Berlin aus der vergangenen Woche, in dem Ihnen ein Zwangsgeld angedroht wird, wenn die Visaerteilung nicht erfolgt. Wird das Auswärtige Amt in dem Fall, um den es geht, jetzt diese Visa bis zum 10. September erteilen oder das Zwangsgeld in Kauf nehmen, oder haben Sie dagegen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Berlin eingelegt?

Giese (AA)

Ganz grundsätzlich bitte ich um Verständnis dafür, dass ich mich zu einzelnen Verfahren nicht äußern werde. Aber ich glaube, es ist auch bekannt, dass es im Rahmen der Gesamtheit der Verfahren in der nächsten Zeit zu Einreisen nach Deutschland kommen wird; so viel vielleicht dazu.

[…]

Frage

Ich habe eine Frage ans AA. Der Bundesaußenminister hat vergangene Woche bei einer Reise in Jakarta ausdrücklich gefordert, dass in Deutschland eine Willkommenskultur etabliert werden müsse. Inwiefern tragen diese Vorgänge dazu bei, ein Bild der Willkommenskultur in die Welt auszusenden?

Giese (AA)

Mir fällt es ein bisschen schwer, die Äußerungen des Außenministers, die er in Jakarta gemacht hat, unbedingt mit diesem Fall zu verbinden. Ich glaube, was der Außenminister in jedem Fall meinte und was grundsätzlich für Deutschland gilt, ist, dass es erforderlich ist, dass wir eine größere Anzahl von Fachkräften nach Deutschland holen. Ich bin jetzt schon fast ein bisschen außerhalb der Zuständigkeiten des Auswärtigen Amts unterwegs. Aber natürlich gibt es einen großen Bedarf an Fachkräften in Deutschland. Dazu ist das auch erforderlich. Dazu gibt es einen weltweiten Wettbewerb. Selbstverständlich befindet sich auch Deutschland in diesem Wettbewerb. Wir müssen dafür attraktiv sein, dass Menschen nach Deutschland kommen wollen, um hier mit anzupacken. Dazu gehört es auch, eine Willkommenskultur in Deutschland zu haben.

Zusatzfrage

Sehen Sie da keinen Widerspruch? Das sind zwar zwei verschiedene Dinge, richtig; aber das Image oder das Bild, das ausgesendet wird, ist dann doch ein anderes als das einer Willkommenskultur, oder?

Giese (AA)

Ich sehe da nicht nur keinen Widerspruch, sondern ich sehe da auch keinen Zusammenhang; sorry.

Beziehungen zwischen den USA und lateinamerikanischen Ländern

Frage

An das Auswärtige Amt: Die US-amerikanische Regierung mischt sich wieder in Lateinamerika ein. Neben den großen Problemen mit der mexikanischen Regierung hat Donald Trump Kriegsschiffe vor die Küste Venezuelas beordert. Die venezolanische Regierung ordnete die Bevölkerung an, sich registrieren zu lassen, um sich gegebenenfalls gegen einen Angriff verteidigen zu können. Gegen Brasilien führt die US-Regierung Handelskriege. Der Druck politischer Einmischungsversuche wird größer, je näher der Jahrestag (des Ausscheidens) des ehemaligen Präsidenten rückt, der ein Verbündeter von Donald Trump ist. Wie ordnet der Bundesaußenminister diese Anspannungen in Lateinamerika ein, die zu einer Destabilisierung der gesamten Region führen können?

Giese (AA)

In einer ganz allgemeinen Art und Weise gesagt: Wir wünschen uns, dass diese Spannungen nicht weiter zunehmen, sondern abnehmen. Mehr kann ich Ihnen dazu jetzt nicht sagen.

Zusatzfrage

Wie kann die Bundesregierung mit den örtlichen Partnern einen Beitrag dazu leisten, dass diese Eskalation nicht dieses Ausmaß annimmt? Gibt es eine Möglichkeit?

Giese (AA)

Ich glaube, da geht es um politische Fragen, die zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und den lateinamerikanischen Ländern, die Sie gerade genannt haben, bestehen. Ich glaube, in diesem Zusammenhang sollte das geklärt werden.

Frage

Es gab in dem Zusammenhang sowohl von der mexikanischen Präsidentin als auch von dem kolumbianischen Präsidenten relativ explizite Kritik an dem Vorgehen der USA. Das sind ja beides relativ enge Partner Deutschlands. Steht man denn im Austausch? Stützt die Bundesregierung, diese Kritik der mexikanischen und kolumbianischen Partner am Vorgehen der USA in der Karibik?

Giese (AA)

Natürlich stehen wir mit den Ländern, die das betrifft, ständig im Austausch. Wir haben da nämlich Botschaften, die haben Botschaften hier, und natürlich reden wir über Themen. Aber, wie ich gerade schon gesagt habe, betrifft das das bilaterale Verhältnis der USA zu den betroffenen Ländern. Das ist derzeit kein Thema für Deutschland.

Zusatzfrage

Wir hatten die eigenartige Situation, dass Deutschland fast erstmals einen konkreten selbsternannten Präsidenten anerkannt hat und nicht einen Staat. Ich spreche von der Causa Guaidó. Es liegt jetzt schon ein paar Jahre zurück. Dazu würde mich ein Update interessieren. Wie verhält sich die Bundesregierung aktuell zur Regierung von Maduro? Es wurde jetzt auch ein neuer Botschafter entsandt. Das ist gar nicht so lange her. Erkennt man mittlerweile wieder die Maduro-Regierung als politischen Partner an? Können Sie uns kurz auf den aktuellen Stand bringen, was das diplomatische Verhältnis der Bundesregierung im Verhältnis zu Venezuela angeht?

Giese (AA)

Es bleibt dabei, wie es immer ist: In Bezug auf alle Länder gilt, dass die Bundesregierung Länder anerkennt, und selbstverständlich erkennt die Bundesregierung den Staat Venezuela als Land an.

Frage

Auch noch zu Venezuela und den Anspannungen in Lateinamerika: Es fällt mir sehr schwer, nachzuvollziehen, dass das Auswärtige Amt sagt, das seien bilaterale Probleme. Die können aber zur Destabilisierung der gesamten Region führen. Brasilien ist zum Beispiel der wichtigste Handelspartner Deutschlands in Südamerika. Warum nehmen Sie es als bilaterale Sache hin, obwohl es einen ganz komplexen Zusammenhang, komplexe Auswirkungen mit sich führt? Das verstehe ich nicht.

Giese (AA)

Deswegen hatte ich zweiteilig geantwortet. Zum einen machen uns Spannungen überall auf der Welt natürlich Sorgen. Wir wünschen uns, dass diese Spannung abnehmen. Aber um dann dieser Hoffnung auch Taten folgen zu lassen, muss es eine Klärung im bilateralen Verhältnis zwischen den USA und den betroffenen Ländern geben, und darauf drängen die Länder dann selbst. Es gibt auch regionale Organisationen. Es gibt die Vereinten Nationen, die dabei auch helfen könnten. Sobald solche Wege beschritten werden, ist die Bundesregierung selbstverständlich jederzeit bereit zu unterstützen. Aber derzeit ist das ein bilaterales Thema, und das sollte dann auch bilateral geklärt werden.

Frage

Anfang des Monats hat die US-Justizministerin das Kopfgeld, das die USA auf den venezolanischen Präsidenten ausgesetzt haben, auf 50 Millionen US-Dollar verdoppelt. Mich würde ganz grundsätzlich interessieren: Wenn eine öffentliche und offizielle US-amerikanische Stelle ein Kopfgeld auf den Präsidenten eines souveränen Staates ausruft, trifft das auf die Unterstützung der Bundesregierung, oder lehnt sie so ein Vorgehen eher ab? Können Sie uns kurz mitnehmen, wie sich die Bundesregierung dazu verhält?

Giese (AA)

Da bin ich jetzt schon wieder gewillt, das Wort „bilateral“ zum nächsten Mal zu benutzen. Aber das ist eine souveräne Entscheidung der USA, und die kann ich hier nicht kommentieren.

Zusatzfrage

Das heißt, die Aussetzung eines Kopfgeldes auf einen Präsidenten eines souveränen Landes fällt für die Bundesregierung unter rein bilaterales Agieren? Das heißt ganz grundsätzlich, wenn ein anderes Land das tut, in dem die Hauptstadt nicht „Washington“ heißt, wird das von der Bundesregierung in derselben Weise als bilateral abgetan und nicht kommentiert? Es sind ja vielleicht noch andere Staaten interessiert, solche Kopfgelder auszusetzen.

Giese (AA)

Ich bleibe bei dem, was ich gerade gesagt habe.

Beschuss des Nasser-Krankenhauses in Gaza

Frage

Nach dem gezielten Beschuss des Nasser-Krankenhauses in Gaza am Montag, bei dem fünf Journalisten, drei Rettungssanitäter und mehre als ein Dutzend weitere Zivilisten getötet wurden, hat das Auswärtige Amt explizit Aufklärung gefordert. Jetzt hat die IDF am 27. August erklärt, die erste Untersuchung sei abgeschlossen. Ziel des Vorgehens sei eine Kamera im Bereich des Nasser-Krankenhauses gewesen, die angeblich zur Beobachtung der Aktivitäten der israelischen Streitkräfte gedient habe; das Vorgehen der IDF sei daher gerechtfertigt. Dazu würde mich interessieren: Rechtfertigt die Ausschaltung einer Kamera im Bereich eines Krankenhauses aus der Sicht des Auswärtigen Amtes dieses Vorgehen der IDF, und ist jetzt mit dieser Darstellung des israelischen Generalstabs der Forderung des Auswärtigen Amtes nach Aufklärung Genüge getan?

Giese (AA)

Wir haben diesen Bericht zur Kenntnis genommen. Ich habe ihn nicht als abschließenden Bericht verstanden, sondern das ist, glaube ich, eine erste Äußerung dazu. Das ist nach unserem Verständnis nicht ausreichend. Die Arbeit ist nicht abgeschlossen. Es ist wichtig, dass es dazu eine umfassende Untersuchung gibt und dass die Verantwortlichen tatsächlich herausgefunden werden. Die israelische Seite hat ja auch selbst eingeräumt, dass dieser Fall ein Unglück ist. Wir fordern weiterhin, dass herausgefunden wird, wie es dazu kommen konnte, dass ein Krankenhaus beschossen worden ist. Die ganzen Umstände dieses Vorfalls werfen sehr, sehr ernsthafte Fragen auf, die geklärt werden müssen.

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass sich der Bundeskanzler gestern sehr ausführlich zu diesem Vorfall geäußert hat.

Zusatzfrage

Jetzt sind wir laut UN-Angaben seit Oktober 2023 bei über 240 durch die IDF getöteten Journalisten. Sie haben jetzt noch einmal auf die Aussage verwiesen, dass das angeblich ein Missgeschick war. Mich würde interessieren: Inwieweit vertraut die Bundesregierung dieser Darlegung der israelischen Seite, dass es sich bei über 240 getöteten Journalisten permanent um Missgeschicke der israelischen Seite handelt?

Giese (AA)

Wir haben gesagt, dass diese Fälle aufgeklärt werden müssen. Dieser Fall ist ein Fall in einer ganzen Reihe von Vorfällen, die aufgeklärt werden müssen, die nicht ausreichend aufgeklärt sind. Das ist eine absolut unerträglich hohe Zahl von getöteten Journalistinnen und Journalisten und darüber hinaus natürlich noch von vielen anderen Leuten. Wie gesagt, auch dazu hat sich gestern der Bundeskanzler geäußert, dem sich das Auswärtige Amt natürlich vollkommen anschließt.

Als Hinweis: In der vergangenen Woche hat sich die Bundesregierung einem ausführlichen Statement der Media Freedom Coalition angeschlossen, auf das ich Sie verweisen will. Das will ich jetzt nicht im kompletten Wortlaut vortragen, aber eine der Kernaussagen ist, dass Journalisten niemals legitime Ziele von militärischen Aktionen sein dürfen.

Meyer (BReg)

Ich würde gerne ergänzen ‑ nicht nur mit Blick auf die Worte des Bundeskanzlers, sondern auch denen von Staatssekretär Kornelius hier am Montag ‑, dass die Bundesregierung von der israelischen Regierung fordert, den Zugang zu Medienschaffenden in Gaza jederzeit zu gewähren und Journalistinnen und Journalisten in ihrer Arbeit auch zu schützen.

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