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„Was Rumänien in den vergangenen 25 Jahren erreicht hat, verdient Respekt und Anerkennung“

08.03.2015 - Interview

Interview von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, erschienen in rumänischer Sprache auf dem rumänischen Nachrichtenportal hotnews.ru am 08.03.2015.

Interview von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, erschienen in rumänischer Sprache auf dem rumänischen Nachrichtenportal hotnews.ro am 08.03.2015.

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Was ist der Zweck Ihres Besuchs in Rumänien kurz nach der Reise von Präsident Johannis nach Deutschland und welche Treffen stehen auf dem Programm?

Mein Besuch führt mich zu einem Partner, mit dem Deutschland historisch-kulturell wie politisch eng verbunden ist. Ein wichtiges Anliegen meiner Gespräche in Bukarest mit dem Staatspräsidenten, dem Premierminister und meinem Amtskollegen wird es sein, gemeinsam Ideen und Initiativen zu entwickeln, in welchen Bereichen Deutschland und Rumänien noch enger zusammenarbeiten können. Ich will auch die wachsende wirtschaftliche Vernetzung und die traditionell starken menschlichen Brücken zwischen unseren Ländern hervorheben: Zum einen wird das deutlich, wenn während meines Besuchs ein großes deutsches Logistikunternehmen einen wichtigen neuen Standort in Bukarest einweiht. Zum anderen freue ich mich auf den Aufenthalt in Hermannstadt. Dort habe ich – in meiner ersten Amtszeit – den Jahreswechsel 2006/2007 gefeiert und war dabei, als Rumänien der Europäischen Union beitrat. In Hermannstadt möchte ich die besondere Rolle würdigen, die die deutsche Minderheit mit ihrer fast 900-jährigen Geschichte als Brücke zwischen Deutschland und Rumänien auch heute unverändert einnimmt. Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien, dessen 25-jähriges Bestehen wir in einem Festakt würdigen, hat als Interessenvertretung der deutschen Minderheit einen wichtigen Beitrag für den demokratischen Transformationsprozess nach 1989 in Rumänien geleistet.

Mit der Wahl von Klaus Johannis als neuen rumänischen Präsidenten scheinen die deutsch-rumänischen Beziehungen einen neuen Schwung bekommen zu haben. Welche Rolle sehen Sie für Rumänien in Rahmen der deutschen Außenpolitik?

Mit Rumänien arbeiten wir im europäischen wie im internationalen Rahmen vertrauensvoll zusammen. Was Rumänien in den vergangenen 25 Jahren erreicht hat, verdient Respekt und Anerkennung. Als Partner in der Europäischen Union stehen wir heute gemeinsam vor der Aufgabe, im Inneren unsere europäischen Werte der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit glaubwürdig zu stärken und zu schützen. Nach außen teilen wir die Sorge über die veränderte Sicherheitslage in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Das ist nicht nur ein gemeinsames Thema in der EU, sondern prägt auch unsere Zusammenarbeit und Solidarität in der NATO. Deshalb begrüße ich die Ankündigung Rumäniens, sich noch stärker im NATO-Rahmen zu engagieren. Auch Deutschland bringt sich umfänglich in den Rückversicherungs- und Anpassungsmaßnahmen des Bündnisses ein. Wir sind bereit, uns an den im östlichen Bündnisgebiet zu schaffenden NATO-Auffangstäben und am Multinationalen Divisionshauptquartier in Rumänien zu beteiligen.

Deutschland investiert stark in der rumänischen Wirtschaft. Wie beurteilen Sie das Interesse deutscher Unternehmen an neuen Investitionen in Rumänien oder an Partnerschaften mit rumänischen Firmen?

Die langjährige und starke Präsenz deutscher Investoren in Rumänien zeigt, dass das Interesse groß ist. Rumänien hat als Standort unverändert großes Potenzial. Die deutschen Firmen finden hier motivierte und gut ausgebildete Arbeitskräfte vor, es gibt Standorten mit zum Teil langer industrieller Tradition. Allerdings: was Investitionen betrifft, dürfen wir nicht vergessen, dass es viel Konkurrenz in Europa gibt. Wenn Rumänien neue Investoren anziehen und anspruchsvollere Wirtschaftszweige ausbauen möchte, sollte es auch weiter an seiner Wettbewerbsfähigkeit arbeiten. Aus unseren Kontakten mit Unternehmern höre ich, dass der Ausbau der Infrastruktur, noch mehr Rechtssicherheit und faire öffentliche Ausschreibungen wie auch eine effiziente Verwaltung große Pluspunkte sein werden, um bei künftigen Investitionsentscheidungen einen Zuschlag für Rumänien zu bekommen.

Was die deutsche Minderheit in Rumänien angeht, gibt es da neue Unterstützungsprogramme der deutschen Regierung?

Die deutsche Minderheit in Rumänien ist eine wichtige historische, kulturelle und sprachliche Brücke zwischen unseren beiden Ländern und Gesellschaften. Dass auch heutzutage mehr als 70 deutschsprachige Studiengänge an rumänischen Universitäten bestehen, zeigt, wie tief die deutsche Sprache und Bildungstradition in Rumänien weiterhin verankert sind. Die Bundesregierung tauscht sich mit den Institutionen und Vertretern der deutschen Minderheit in Rumänien aus und unterstützt ihre Aktivitäten. So werden wir als Beitrag zur Pflege des landesweit anerkannten deutschsprachigen Schulwesens in Rumänien ein Programm fördern, das die Lehrer an Schulen der deutschen Minderheit in Rumänien unterstützt. Das alles und weitere Aktivitäten geschieht natürlich in enger Abstimmung mit der rumänischen Regierung. Bei der deutschen Minderheit in Rumänien scheint zu funktionieren, was man sich mit Blick auf die internen Konflikte innerhalb vieler anderer Gesellschaften wünschen mag.

Die Republik Moldau ist ein äußerst wichtiges Thema für Rumänien. Welche Haltung hat Deutschland in Bezug auf den langewährenden Transnistrien-Konflikt? Meinen Sie, dass Moldau realistischer Weise einen EU-Beitritt anstreben kann, solange Transnistrien dazugehört?

Mit der Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens hat Moldau sein Verhältnis zur Europäischen Union auf neue Füße gestellt. Das ist eine gute Grundlage für die moldauisch-europäischen Beziehungen – dabei geht es jetzt nicht um eine EU-Mitgliedschaft, sondern vielmehr um ein Angebot an Chişinău zur vertieften Zusammenarbeit mit der EU und zur Modernisierung Moldaus. Auf seinem Reformweg wollen wir Moldau nach Kräften unterstützen. Das gleiche gilt natürlich auch beim Umgang mit dem schwierigen Konflikt in Transnistrien. Deutschland setzt sich schon seit langem für den sogenannten 5+2-Friedensprozess ein und wird dieses Engagement auch in Zukunft fortsetzen.

Die Ukraine ist der Brennpunkt auf unserem Kontinent. Ist Deutschland zufrieden mit der Einhaltung des Minsker Maßnahmenpakets durch dessen Zeichner – oder sollten die Sanktionen gegen Russland jetzt verschärft werden?

Mit dem Maßnahmenpaket von Minsk vom 12. Februar ist es uns gelungen, ganz konkrete Schritte zur Umsetzung der Vereinbarungen vom September 2014 zu vereinbaren. Aber klar ist auch: Am Ende zählt nicht das, was auf dem Papier steht, sondern das, was in die Tat umgesetzt wird. Die Situation an der Frontlinie hat sich deutlich beruhigt, beide Seiten – die ukrainische Armee und die Separatisten – haben endlich mit dem Rückzug schwerer Waffen begonnen. All das ist noch lange nicht genug, aber immerhin sehen wir nun Bewegung in die richtige Richtung. Ich hoffe, dass es gelingt, darauf aufzubauen, um bei weiteren Punkten der Minsker Vereinbarung voranzukommen. Ohne Zweifel: Das ist ein steiniger Weg, bei dem wir auch neue Rückschläge nicht ausschließen können. Aber zu meinen, Sanktionen oder gar Waffenlieferungen wären im Ukraine-Konflikt ein Allheilmittel, ist ein Irrglaube.

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