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Menschenrechtsbeauftragter zur Lage der Nichtregierungsorganisationen in Russland

01.12.2014 - Pressemitteilung

Zum Vorgehen der russischen Regierung gegen Memorial und andere Organisationen der Zivilgesellschaft erklärte der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, Christoph Strässer, heute (01.12.):

Ich bin äußerst besorgt über das Vorgehen der russischen Behörden gegen Menschenrechtsorganisationen und unabhängige Medien. Immer mehr Nichtregierungsorganisationen, jetzt auch das Memorial-Internetportal memo.ru, werden vom Justizministerium als sogenannte 'ausländische Agenten' registriert, gegen Memorial Russland hängt eine Schließungsklage an.

Vor dem Hintergrund zunehmend restriktiver Gesetze zu Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit zeigt dieses Vorgehen aus unserer Sicht, dass Andersdenkende immer mehr unter Druck geraten und der Prozess politischer Willensbildung in Russland stetig eingeschränkt wird.

Ich appelliere an die russische Regierung, die Zivilgesellschaft, auch kritische Stimmen, als Partner in einer demokratischen Entwicklung zu betrachten und den Handlungsspielraum für die engagierte Zivilgesellschaft wieder zu erweitern. Russland ist Mitglied des Europarats und hat einschlägige UN-Menschenrechtskonventionen unterzeichnet. Daran muss es sich messen lassen.

Hintergrund

Ergänzungen zum russischen Gesetz für Nichtregierungsorganisationen (NROen), die seit 2013 in Kraft sind, betreffen diejenigen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die „politisch tätig“ sind und Gelder aus dem Ausland erhalten. Diese sind zu aufwändiger Berichterstattung und Rechenschaft verpflichtet und müssen zudem auch in allen Veröffentlichungen auf ihren –als diffamierend empfundenen- Status als „ausländischer Agent“ hinweisen. Bei Verstößen drohen empfindliche Strafen. Außerdem verbietet ein neues Gesetz vom 14.11.2014 politischen Parteien „Transaktionen“ mit sogenannte „ausländischen Agenten“. Nachdem kaum eine NRO der Aufforderung zur Registrierung als „ausländischer Agent“ Folge geleistet hatte, ermächtigt ein neues Gesetz vom Mai 2014 das Justizministerium, die NROen auch ohne ihre Zustimmung zu registrieren.

Im „Agenten“-Register befinden sich derzeit 17 zivilgesellschaftliche Organisationen und unabhängige Nachrichtenagenturen. Hiervon betroffen sind auch aus dem Memorial-Verband das Menschenrechtszentrum und das - auch mit deutschen Geldern - unterstützte Nachrichtenportal memo.ru, sowie die Wahlbeobachtungsorganisation „Golos“, obwohl sie vor Gericht nachweisen konnte, keine ausländischen Gelder erhalten zu haben. Dutzende anderer NROen kämpfen mit Verwaltungs- und Strafverfahren, infolge derer einige ihre Arbeit beendeten, z.B. das „Memorial Anti-Diskriminierungszentrum“. Unabhängig von den „Agenten“-Vorschriften läuft derzeit eine Schließungsklage des Justizministeriums gegen den Memorial-Dachverband wegen dessen Organisationsstruktur.

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