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Rede von Außenminister Guido Westerwelle zur Eröffnung des trilateralen Wirtschaftstages mit Sudan und Südsudan

29.01.2013 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort –

Lieber Kollege Ali Karti,
Frau Botschafterin Abdalla Osman,
lieber Herr Dr. Liebing,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

es ist mir eine Freude, Sie heute bei dieser trilateralen Konferenz im Weltsaal des Auswärtigen Amtes zum Wirtschaftstag mit Sudan und Südsudan begrüßen zu dürfen.

Ich danke dem Afrikaverein und der deutsch-arabischen Handelskammer Ghorfa für ihr Engagement bei der Durchführung dieser Veranstaltung. Ich freue mich, dass Wirtschaftsvertreter aus Sudan, Südsudan und Deutschland der Einladung zu dieser Konferenz so zahlreich gefolgt sind.

Zeitgleich zu dieser Konferenz verhandeln Sudan und Südsudan in Addis Abeba die noch offenen Fragen für ein künftiges friedliches Miteinander. Und Frieden und Ausgleich hat immer auch viel mit wirtschaftlicher Entwicklung, wirtschaftlicher Vernetzung und sozialer Teilhabe zu tun. Die Umsetzung der bereits getroffenen Vereinbarungen ist für beide Länder entscheidend für ein gedeihliches Zusammenleben.

Ein weiter Weg wurde bereits zurückgelegt. Im Juli 2011 hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unter deutschem Vorsitz den Weg für die Aufnahme des unabhängigen Staates Südsudan in die Völkergemeinschaft geebnet.

Wir alle erinnern uns an diesen nicht nur für Sudan und Südsudan, sondern auch für Afrika und die Welt historischen Moment.

Beide Seiten haben sich verpflichtet, Feindseligkeiten einzustellen und in wichtigen und drängenden Fragen wie der Ölförderung zusammen zu arbeiten. Insbesondere soll der grenzüberschreitende Verkehr und Handel wieder aufgenommen und intensiviert werden. Beide Seiten sind damit befasst, eine demilitarisierte Zone entlang der Grenze einzurichten und haben UNISFA, die Mission der Vereinten Nationen für Abyei, zur Überwachung der getroffenen Vereinbarungen aufgefordert.

Deutschland wird den Friedensprozess, die Tätigkeit der UNISFA-Mission und die Entwicklung in Sudan und Südsudan sowie Abyei weiter unterstützen und fördern.

Diese Unterstützung des Friedens, des Ausgleichs und der wirtschaftlichen Entwicklung – sie findet im Geist der Resolutionen der Vereinten Nationen statt. Sie setzt fort, was im Juli 2011 im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschlossen wurde.

Wir werden natürlich weiter darauf drängen, dass auch die Probleme in Darfur, Südkordofan, Blue Nile und Jonglei aber auch in anderen Orten und Regionen baldmöglichst gelöst werden.

Die Bundesregierung engagiert sich für den Friedensprozess zwischen Sudan und Südsudan, weil es uns um die Menschen dort geht. Das große Potential der Region kann aber nur dann zum Vorteil der Menschen ausgeschöpft werden, wenn die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind:

Gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und die umfassende Verwirklichung der Menschen- und Bürgerrechte sind unabdingbare Voraussetzungen für eine gute Zukunft in beiden Staaten.

Dazu zählt auch, dass Organisationen der Zivilgesellschaft und die Medien frei und ungehindert ihrer Arbeit nachgehen können. Darüber sprechen wir nachdrücklich und offen mit unseren Partnern.

Die wirtschaftliche Entwicklung einer Region ist zugleich auch ein Beitrag der Stabilisierung. Nur eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung entzieht dem Ungeist von Extremismus und Gewalt die Grundlage. Armut und Not sind häufig der Nährboden für Extremismus, Intoleranz, Ideologien, die vielfach dann auch in Terrorismus umschlagen können.

Vorausschauende Stabilisierungspolitik sieht deswegen den politischen Ansatz aber zugleich auch den wirtschaftlichen Ansatz als zentral an. Nur durch wirtschaftliche Entwicklung, durch soziale Chancen für die Menschen, gerade für die, die in Not sind, wird extremistischen Ideologien und auch der Anfälligkeit für Terrorismus der Nährboden entzogen.

Wir gehen mit dieser Konferenz hier in Berlin neue Wege. Mit großem Interesse blickt die internationale Gemeinschaft auf diese Veranstaltung. Dieses Treffen ist eine Gelegenheit, den Nutzen partnerschaftlicher Zusammenarbeit für eine gute wirtschaftliche Entwicklung in Sudan und Südsudan zu verdeutlichen.

Ohne Entwicklung gibt es keine Sicherheit. Und ohne Sicherheit gibt es keine Entwicklung. Die wirtschaftliche und soziale Perspektive jedes einzelnen Menschen entscheidet in der Gesamtheit über die gute Zukunft eines Landes. Diese Wirtschaftskonferenz ist ein Beitrag zur friedlichen Entwicklung von Sudan und Südsudan.

Der Weg zu Frieden, Versöhnung und Kooperation führt manchmal über schwere Kompromisse und Zugeständnisse. Aber Kooperation ist allemal erfolgversprechender, als Rivalität und Misstrauen. Das hat uns unsere europäische Geschichte gelehrt. Und ich glaube nach meinen Besuchen in Khartum in Dschuba, dass diese Lektion unserer europäischen Geschichte auch bei Ihnen in den beiden Hauptstädten sehr genau verstanden wird.

Die feste Überzeugung, dass das Ergebnis der Kooperation dem der Konfrontation in jedem Falle überlegen ist, ist Grundgedanke dieser Konferenz.

Sudan und Südsudan müssen über die Grenze, die im Juli 2011 geschaffen wurde, wieder zusammenfinden. Handel und Verkehr, Investitionen und Austausch müssen gefördert werden, damit Entwicklung und Frieden möglich werden.

Wir wissen, dass es auch zwischen uns und zwischen Ihnen unterschiedliche, zum Teil kontroverse Auffassungen und Ansichten gibt. Der Weg, diese Kontroversen zu lösen, führt aber über den Dialog und führt über den Austausch und das Gespräch. Das demonstrieren Sie, indem die Repräsentanten beider Länder hier im Auswärtigen Amt nebeneinander sitzen. Es ist zugleich auch ein Zeichen an die Menschen, ein Zeichen der Ermutigung, das Ausgleich möglich ist.

Natürlich hat es im vergangenen Jahr in Khartum Ereignisse gegeben, – Herr Minister wir haben darüber gesprochen – die uns Deutsche tief ins Herz getroffen haben. Umso wichtiger ist es, dass Sie selbst uns verstanden und unverzüglich reagiert haben.

Freiheit und Frieden – das gehört zusammen. Freiheit hat eine Tochter, sie heißt Toleranz. Und sie hat einen Sohn, der heißt Respekt. Toleranz und Respekt, das ist es, worum es zwischen Menschen geht, aber natürlich auch zwischen Nationen, Völkern und auch Religionen.

Lassen Sie uns gemeinsam dafür arbeiten, dass diese Grenze, die im Juli 2011 geschaffen wurde, fortan die Menschen im Sudan und Südsudan nicht länger voneinander trennt, sondern verbindet.

Das wünsche ich Ihnen und uns allen.

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