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Rede von Außenminister Guido Westerwelle anlässlich der konstituierenden Sitzung des Internationalen Ausschusses des Internationalen Suchdienstes am 16. Januar 2013 in Berlin

16.01.2013 - Rede

---es gilt das gesprochene Wort---

Exzellenzen,
Frau Beerli,
Herr Dr. Hollmann,
Frau Prof. Boehling,
verehrte Gäste,

Der 1. Januar 2013 markiert für den Internationalen Suchdienst eine Zäsur. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz scheidet aus seiner Leitungsfunktion aus. Das Bundesarchiv wird institutioneller Partner. Der ISD bekommt ein neues zusätzliches Aufgabenfeld. Er wird Stück für Stück in ein Zentrum für Dokumentation, Information und Forschung umgewandelt.

Für uns Deutsche ist dies zuallererst ein Vertrauensbeweis. Im Umgang mit seiner NS-Vergangenheit erhält Deutschland mehr Verantwortung.

Diesem Vertrauen werden wir gerecht. Wir sind uns der Bedeutung und Einzigartigkeit dieser Sammlung bewusst. 30 Millionen Dokumente zeugen von Verfolgung, Zwangsarbeit und Emigration in der Zeit des Nationalsozialismus und der unmittelbaren Nachkriegszeit, ein Dokumentenbestand von 26 Kilometern Länge. 50 Millionen Karten geben Hinweis zum Schicksal von fast 18 Millionen Menschen.

Hinter jedem Datensatz steckt eine menschliche Geschichte. Zum Beispiel die von George Jaunzemis. In den Kriegswirren wurde er von seinen leiblichen Eltern getrennt. Er wuchs in Neuseeland auf, ohne zu wissen, wer er eigentlich war. Er litt unter der Ungewissheit über seine Herkunft, bis er sich 2009 an den ISD wandte. Mit dessen Hilfe fand er heraus, dass er 1941 als Peter Thomas in Magdeburg geboren wurde. Zwei Jahre später traf er seine noch lebenden Verwandten in Deutschland. Nach sechs Jahrzehnten konnte ihm der ISD endlich helfen, die eigene Identität zu finden. Es ist auch heute noch von großer Bedeutung, dass der ISD hilft, die Schicksale von Opfern des NS-Regimes aufzuklären.

Deutschland hat sich im Zwei-plus-Vier-Vertrag verpflichtet, die Fortführung der Arbeiten des ISD zu gewährleisten. Deutschland wird sich auch in Zukunft engagieren. Monatlich 1000 Anfragen unterstreichen die Relevanz des ISD, heute wie gestern. Deutschland ist sich seiner geschichtlichen und moralischen Verantwortung bewusst, auch in der Zukunft.

Die Arbeit des ISD hat für Deutschland einen hohen Stellenwert. Trotz jährlich erheblicher Einsparungen in vielen Bereichen des Bundeshaushalts bleibt das Budget des ISD in den kommenden Jahren auf konstant hohem Niveau.

Wenn der ISD heute als eine weltweit anerkannte Einrichtung gilt, so ist dies vor allem dem jahrzehntelangen unermüdlichen Einsatz und der Unterstützung des IKRK zu verdanken, aber auch der politischen Begleitung durch die uns freundschaftlich verbundenen Mitgliedsländer im Internationalen Ausschuss. Hierfür möchte ich Ihnen den aufrichtigen Dank der Bundesrepublik Deutschland aussprechen.

In Zeiten, in denen immer weniger Zeitzeugen von Holocaust und den Schrecken des NS-Regimes persönlich berichten können, steigt die Bedeutung des Archivs in Bad Arolsen. Das ganz konkrete Material an Dokumenten und Gegenständen ist unser Schutz gegen das Vergessen.

Das Bundesarchiv wird zukünftig mit dem Internationalen Suchdienst als institutionellem Partner zusammenarbeiten. Ich wünsche dem Bundesarchiv bei dieser essentiell wichtigen Beratung und Unterstützung eine gute Hand. Genauso wünsche ich der neuen Leiterin des Internationalen Suchdienstes, Frau Prof. Rebecca Boehling, viel Glück für ihre neue verantwortliche und wichtige Aufgabe.

Seien Sie versichert, dass die Bundesregierung den Internationalen Suchdienst auch künftig nach Kräften unterstützen wird. Deutschland übernimmt Verantwortung für das Archiv. Es legt es nicht zu den Akten.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für die konstituierende Sitzung.

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