Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts
„Der Schlüssel für den Frieden liegt in der Region“
Außenminister Westerwelle reist heute nach Kairo. Er wird dort morgen am Außenministertreffen der Staaten der Arabischen Liga und der Europäischen Union teilnehmen und das Deutsche Wissenschaftshaus eröffnen.
Aus Anlass der Reise erschien in der ägyptischen Tageszeitung „Al-Ahram“ (12.11.2012) dieses Interview mit dem Außenminister. Themen sind u.a. der Syrienkonflikt, die Rolle der Arabischen Liga und aktuelle Überlegungen für eine Friedenslösung in Mali.
***
Unter ihrem Vorsitz hat der VN-Sicherheitsrat im September die aktive Führungsrolle der Arabischen Liga in der Region begrüßt und eine enge Zusammenarbeit beider Organisationen bei der Bewältigung der Konflikte im Nahen-Osten vereinbart. Welche Früchte hat diese neue Kooperation bis jetzt getragen?
Wir stehen in engem Kontakt mit der Arabischen Liga zu allen aktuellen Themen, allen voran die Lösung des Syrien-Konflikts. Die Arabische Liga hat in den letzten Monaten wiederholt unter Beweis gestellt, dass sie eine stärkere Verantwortung für die Lösung der Konflikte in der Region übernehmen kann. Die Arabische Liga hat großes Potential als Friedensstifter und Konfliktvermittler. Hier können Europa und die Arabische Liga eng zusammen arbeiten.
Welche Themen stehen beim EU-Arabische Liga Treffen in Kairo im Vordergrund? Erwarten Sie vom Treffen konkrete Beschlüsse zum Syrien-Konflikt und zur Wiederaufnahme des Nahost-Friedensprozesses?
Der Krieg in Syrien bringt täglich neues schreckliches Leid über die Menschen. Wir müssen alles in unserer Macht stehende tun, um eine Lösung für den Konflikt zu finden und das Blutvergießen zu stoppen. Hierüber werden wir gemeinsam mit unseren arabischen Partnern intensiv beraten. Auch der Stillstand im Nahostfriedensprozess wird uns beschäftigen. Vorrangiges Ziel muss es jetzt sein, ein Klima zu schaffen, das die Wiederaufnahme direkter Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern ermöglicht.
Angesichts der Zersplitterung der syrischen Opposition fordern Sie eine geeinte politische Plattform aller Syrer, um den Weg in einen politischen Prozess zu ermöglichen. Gibt es unter den westlichen und arabischen Freunden Syriens eine einheitliche Auffassung wie diese geeinte Opposition aussehen sollte?
Wir wünschen uns eine inklusive und repräsentative Plattform von Vertretern des syrischen Volkes, die Syrien den Weg in eine demokratische Zukunft ebnet, in der alle religiösen und ethnischen Gruppen des Landes in Frieden leben können. Nur wenn die Opposition geschlossen auftritt und handelt, wird das syrische Volk erkennen können, dass es eine glaubwürdige Alternative zum Regime von Bashar Al-Assad gibt.
Welche Chance hat die ägyptische Initiative, eine regionale Kontaktgruppe zur Lösung des Konflikts in Syrien unter Einbeziehung des Irans zu gründen?
Der Schlüssel für den Frieden liegt in der Region. Ich begrüße, dass sich Ägypten aktiv in die Lösungsbemühungen einbringen möchte.
Sie waren in Westafrika und haben vier Tage lang Gespräche in Nigeria, Senegal und Mali geführt. Deutschland macht sich stark für ein entschiedenes Vorgehen gegen Extremistengruppen in Nord-Mali, von militärischer Unterstützung unter Beteiligung Deutschland ist sogar die Rede. Geht es Deutschland dabei nur um die Stabilität Malis oder auch um andere Interessen?
Unser Ziel ist es, eine dauerhafte Stabilisierung in ganz Mali durch einen politischen Prozess zu erreichen. Dieser muss auch die berechtigten Anliegen der Menschen im Norden des Landes aufgreifen und lösen. Diese politische Stabilisierung muss flankiert werden mit einer Stärkung der malischen Sicherheitskräfte und mit regionalen afrikanischen Bemühungen, die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Eines ist dabei ganz klar: Die Lösung in Mali braucht ein afrikanisches Gesicht. Die Europäische Union steht jedoch bereit, die malischen Streitkräfte mit einer Ausbildungsmission zu unterstützen. Nach meinen Gesprächen in Mali vor wenigen Tagen denke ich, dass es Mali gelingen kann, diese schwere Krise zu überwinden. Deutschland war das erste Land, das Mali nach der Unabhängigkeit anerkannt hat. Wir arbeiten seit vielen Jahren auch im Norden in der Entwicklungspolitik zusammen. Wir wollen verhindern, dass Mali ein Rückzugsgebiet für Terroristen wird.
In der Berliner Erklärung vom August 2011 hat Deutschland seine Unterstützung Ägyptens bekräftigt. Sind Sie zufrieden mit der bisherigen Umsetzung der deutschen Unterstützung, insbesondere auf dem Gebiet der wirtschaftlichen und sozialen Stabilisierung Ägyptens? Gibt es bisherige Ergebnisse des vereinbarten strategischen Dialogs zwischen beiden Ländern?
Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass die neue Freiheit für die Menschen in Ägypten Früchte trägt. Unsere Transformationspartnerschaft mit Ägypten und den übrigen Ländern des arabischen Frühlings setzt deshalb auch auf die Schaffung wirtschaftlicher Chancen, auf die Verbesserung der Berufsbildung und den Aufbau von Arbeitsplätzen für die junge Generation. In den Jahren 2012 und 2013 stellen wir dafür 100 Millionen Euro bereit. Die Projekte sind angelaufen und zeigen erste Erfolge. Über ein von Deutschland unterstütztes Arbeitsvermittlungsprojekt haben zum Beispiel schon mehr als 8.000 Menschen in Ägypten einen neuen Arbeitsplatz gefunden.
Präsident Mursi hat Ägyptens Anspruch auf eine führende Rolle in der Region bekräftigt. Erwarten Sie, dass Ägypten bald in der Lage sein wird, diese Rolle zu übernehmen?
Ägypten hat in seiner Geschichte auf eindrucksvolle Weise gezeigt, dass es wichtige Impulse für Fortschritt, Frieden und Stabilität in der Region geben kann. Ich bin zuversichtlich, dass das neue Ägypten an diese Tradition anknüpfen kann.