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Grußwort von Staatssekretärin Emily Haber zur Jahreskonferenz des Deutsch-Russischen Forums „Faszination Fußball: noch einmal – zu Gast bei Freunden“

17.10.2012 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Sehr geehrter Herr Botschafter Grinin,
Sehr geehrter Herr Botschafter von Studnitz,
Sehr geehrte Abgeordnete des Bundestages und des Europäischen Parlaments,
Sehr geehrter Herr Präsident Tolstych,
Sehr geerhter Herr Präsident Niersbach,
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich, dass das Deutsch-Russische Forum heute wieder einmal im Auswärtigen Amt zu Gast ist - und dass Sie hier in diesem Jahr über das Thema Fußball sprechen wollen.

Dieses Thema wird sonst eher in den Fluren und nicht im Weltsaal des Auswärtigen Amtes diskutiert. Auf den ersten Blick scheint es auch wenig mit den deutsch-russischen Beziehungen zu tun zu haben. Aber wie so oft täuscht auch hier der erste Eindruck.

Auf den ersten Blick geht es dabei um die Faszination an einem Sport, der weltweit Begeisterung weckt und Stadien füllt. Sechs Jahre ist es jetzt her, dass zur Fußball-WM die Welt zu Gast bei uns in Deutschland gewesen ist.

Wir haben die schönen Bilder noch in unseren Köpfen: pünktlich zum Eröffnungsspiel einsetzendes Sommerwetter, eine begeisternd aufspielende junge deutsche Nationalmannschaft, eine phantastische Stimmung in und um die Spielorte, Spiele voller Dramatik und Emotionen.

Friedlich und fröhlich feierten Fans aus aller Welt ein internationales Fest wie es unser Land so noch nicht erlebt hatte.

Wir hatten mit der Fußball-WM unser eigenes „Sommermärchen“, das uns weltweit Sympathien eingebracht hat.

Diese WM war aber auch eine perfekte Integrationsveranstaltung: Menschen unterschiedlichster Herkunft haben gemeinsam in den Stadien, beim Public-Viewing in den Fan-Zonen oder vor dem Fernseher mit ihren Mannschaften gehofft, gebangt, gejubelt und gefeiert.

Ohne staatliche Unterstützung „außerhalb des Spielfeldes“ hätte dieses Fußballfest nicht durchgeführt werden können. Mit dem WM-Zuschlag hat die Bundesregierung eine Reihe von flankierenden Maßnahmen beschlossen. Dazu gehörte die Koordinierung der Zusammenarbeit aller betroffenen Ressorts. Sie mussten punktgenau Regierungsgarantien einlösen. Dazu gehörten zügige, serviceorientierte Visaerteilungen, Zoll und steuerrechtliche Vorkehrungen, arbeitsrechtliche Regelungen, Sicherheitsmaßnahmen.

Die Bundesregierung hatte zusammen mit dem Organisationskomitee und den vielen Partnern im Fußball, Kultur, Kunst, Wirtschaft und Tourismus ein Gastgeberkonzept entwickelt. Dieses rundete das „Gemeinschaftswerk WM“ ab.

Dessen Bausteine waren: Standortwerbung („Deutschland-Land der Ideen“), Service- und Freundlichkeitskampagnen, Umweltaktionen („Green Goal“) und Gesundheitsaktionen („No smoking, please“) und das Kunst- und Kulturprogramm.

Eine zentrale Aufgabe des Auswärtigen Amtes und seiner Auslandsvertretungen bestand darin, die Vorfreude auf die WM im Ausland zu wecken. Wir wollten zeigen: Deutschland ist ein weltoffenes, tolerantes, modernes und innovatives Land. Es ist bereit, das offizielle WM-Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ auch zu leben.

Untersuchungen ergaben, dass die WM 2006 maßgeblichen Anteil daran hatte, dass bisherige Deutschland-Stereotype im Ausland zugunsten eines neuen Deutschland-Bildes überwunden wurden. Plötzlich wurden ganz neue Attribute wie Herzlichkeit, Offenheit, Gastfreundschaft, Lebensfreude, Entspanntheit und Fairness mit Deutschland und den Deutschen verbunden.

Eine WM im eigenen Land ist Herausforderung und Chance zugleich für jedes Gastgeberland. Wir teilen unsere Erfahrungen gerne: Sie fanden Eingang in die Organisation und Durchführung der WM 2010 in Südafrika, in die EM in Polen und der Ukraine in diesem Jahr und natürlich auch in die FIFA-Frauen-Fußballweltmeisterschaft 2011 in Deutschland.

Wir sind bereit, unser Know-How auch mit Russland zu teilen; diese Konferenz ist dazu ein wichtiger Beitrag.

Was aber hat das Thema „Fußball“ darüber hinaus mit den deutsch-russischen Beziehungen zu tun? Eine ganze Menge:

Für ein gutes Verhältnis zwischen zwei Ländern sind Begegnungen zwischen Menschen das Wichtigste. Begegnungen, wie sie zum Beispiel das Deutsch-Russische Forum seit Jahren ermöglicht. Oder Begegnungen, wie sie der Sport und große Sportereignisse mit sich bringen. Sich im direkten Austausch gegenseitig kennen- und verstehen zu lernen, schafft Vertrauen.

Und Vertrauen ist das Fundament für stabile internationale Beziehungen. Wo Vertrauen ist, kann der Austausch im Geiste der Offenheit und des gegenseitigen Respekts geführt werden und kann auch kritische Aspekte einschließen. Schließlich verbindet uns eine ungeheuer lange gemeinsame Geschichte, ich verweise nur auf die Ausstellung „Russen und Deutsche“ im Neuen Museum auf der Museumsinsel.

Wir haben enge und vertrauensvolle Verbindungen zwischen Deutschland und Russland. Wir haben den Begriff der Modernisierungspartnerschaft geprägt, um diesen Beziehungen einen zeitgemäßen Rahmen zu geben.

Sie spiegeln sich auch in den jährlichen Regierungskonsultationen und dem Petersburger Dialog wider. Im Rahmen dieser Partnerschaft muss auch ein Wort zu den Entwicklungen erlaubt sein, die uns Sorge bereiten.

Eines der zentralen Themen der Modernisierungspartnerschaft ist das Thema Rechtsstaat – dies ist ein Schwerpunkt der deutsch-russischen Zusammenarbeit, der auch mit Blick auf die Fußball-WM 2018 in Russland von großer Bedeutung ist. Ich nenne hier nur Fragen von rechtsstaatlich handelnder Polizei, freier Berichterstattung der Presse oder Achtung der Grundrechte aller Fans und Besucher.

Getragen werden die deutsch-russischen Beziehungen nicht nur vom Dialog zwischen den Regierungen. Ganz wesentlich sind vielmehr aktive und engagierte Zivilgesellschaften. Sie füllen die Beziehungen durch kreative Ideen und Projekte mit Leben – so wie Sie dies tun.

Kreativität entsteht dort, wo der Staat dem Bürger die Freiheit zum eigenen Engagement lässt. Dies ist im Übrigen auch Voraussetzung für alle Innovation – Innovation, die wir angesichts der globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dringend brauchen. Damit ist eine starke und lebendige Zivilgesellschaft eine entscheidende Voraussetzung für erfolgreiches gesamtstaatliches Handeln.

Kreativität, Flexibilität, Kooperation, Fairness – das sind zentrale Werte im Zusammenspiel zwischen Zivilgesellschaft und Staat, in den Beziehungen zwischen Staaten und ihren Gesellschaften – und auch im Sport.

Eine Fußballweltmeisterschaft ist weit mehr als eine reine Sportveranstaltung. Sie bedarf jahrelanger gemeinschaftlicher Vorbereitung vieler Akteure aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur. Der Erfolg dieses Sportereignisses wird getragen von der Begeisterung der Menschen. Sie hinterlässt Spuren im Inland und im Ausland.

Sie kann die Identifikation der Menschen mit ihrem eigenen Land stärken. Sie kann Anstoß für Reformen und Veränderungen sein. Sie kann Offenheit und Interesse für andere Kulturen wachsen lassen.

Eine bessere Standortwerbung könnte es nicht geben, als ein Russland, das sich der internationalen Öffentlichkeit anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2018 als weltoffener, europäischer, moderner und demokratischer Staat präsentiert.

Und ich würde mir wünschen, dass die Ergebnisse dieser Konferenz den Entscheidungsträgern und Organisatoren als Anregung und Impuls dienen.

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