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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 27.06.2025
Streichung der Finanzierung privater Seenothilfe durch das Auswärtige Amt
Frage
Zur Streichung der Mittel für die zivile Seenotrettung im Mittelmeer hat sich ja Herr Wadephul schon geäußert und gesagt, er sei eigentlich immer dagegen gewesen. Können Sie dieses Argument, davon würden Schlepperbanden profitieren, untermauern? Lässt sich das irgendwie quantifizieren? Profitieren Schleuserbanden in ihrem Tun von zivilen Organisationen, die versuchen, Menschen im Mittelmeer zu retten? Oder ist das nur eine Behauptung?
Wagner (AA)
Es ging darum, ob das Auswärtige Amt, also der Staat, aus öffentlichen Mitteln eine private Seenotrettung finanziert. Das Auswärtige Amt, diese Regierung haben eben entschieden, dass wir das in Zukunft nicht weiter tun werden. Das sagt nichts darüber aus, dass Seenotrettung, die eine Pflicht ist, nicht weiter stattfindet. Es geht nur um die Frage, ob dies aus staatlicher Förderung passieren soll.
Zusatzfrage
Das Argument ist aber durchaus genannt worden. Einerseits wurde gesagt, das ist privat, die können das auch privat organisieren, das ist nicht per se eine staatliche Aufgabe. Aber andererseits wurde gesagt, die Schleuserbanden würden generell davon profitieren.
Wagner (AA)
Der Minister hat sich gestern, wenn ich richtig zugehört habe, dazu eingelassen. Er hat gesagt: Es ist aus seiner Sicht keine Aufgabe des Auswärtigen Amtes.
Frage
Dass staatliche Zuschüsse zur Seenotrettung Schleuser fördern, ist eine Behauptung, die die Union und auch Herr Wadephul schon vor ein paar Jahren aufgestellt hatten. Sie wurde zweifelsfrei widerlegt, ich glaube auch hier vom Auswärtigen Amt in dieser Bundespressekonferenz. Waren Sie das nicht selbst, Herr Wagner? Ich glaube, Sie sind schon ein Jahr dabei.
Wagner (AA)
Da müssten Sie mir das entsprechende Zitat heraussuchen.
Zusatzfrage
Entspricht es immer noch der Kenntnis im Auswärtigen Amt, dass die staatlichen Zuschüsse für Seenotrettung keineswegs Schleuser fördern, so wie der Minister das behauptet?
Wagner (AA)
Der Minister hat sich gestern dazu eingelassen, und ich habe gesagt, welches Argument er gebracht hat. Der Gesamtkomplex ist doch klar: Die Bundesregierung setzt sich weiter dafür ein, dass wir ein auf europäischer Ebene ein gemeinsames, einheitliches Asylsystem bekommen, das effektiv ist und funktioniert. Das tun wir in Brüssel. Jetzt ist eben die Frage gewesen, ob wir diese Förderung aus Mitteln des Auswärtigen Amtes fortführen, und diese Frage ist mit Nein entschieden worden.
Zusatzfrage
Wer soll die Menschen alternativ retten?
Wagner (AA)
Seenotrettung ist eine Verpflichtung. Es ist auch weiter so, dass Menschen im Mittelmeer gerettet werden. Leider wird diese Route weiterhin benutzt. Es sagt ja überhaupt nichts darüber aus, dass zivile Seenotretter dort eine wichtige Arbeit tun. Die Frage ist nur: Müssen sie aus staatlichen Kassen des Auswärtigen Amtes gefördert werden?
Frage
Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass in den vergangenen zehn Jahren etwa 175 000 Menschen durch private Seenotrettungsorganisationen das Leben faktisch gerettet wurde. Es ist auch eine Tatsache, dass der Bundestag im Jahr 2022 die Unterstützung aus öffentlichen Mitteln bis zum Jahr 2026 beschlossen hatte. Diesen Beschluss canceln sie jetzt teilweise. Warum das? Warum sagen Sie nicht zumindest: „Wir respektieren, was das Parlament beschlossen hat, und halten uns daran“?
Wagner (AA)
Es ist auch Fakt, dass ein Großteil der Menschen – ich glaube, sogar die überwiegende Mehrheit – durch die italienische Küstenwache gerettet wird. Wir können die Zahlen gern noch einmal nachliefern, aber es ist so.
Ich bleibe bei dem, was ich eben gesagt habe: Es ist entschieden worden, dass wir das nicht mehr aus Mitteln des Auswärtigen Amtes tun. In der Tat hat der Minister gestern ja betont, dass sich viel zu viele Menschen auf diesen sehr gefährlichen Weg machen und man sich anschauen muss, was man gegen die Fluchtursachen in den Ländern tun kann, aus denen diese Menschen kommen. Dem will der Minister sich ja auch widmen, wie er gestern unterstrichen hat.
Zusatzfrage
Ich glaube, die italienische Küstenwache teilt die Zahlen mit, die ihnen von den privaten Organisationen gemeldet wurden. Nach meinem Kenntnisstand erfolgt die Rettung selbst durch die privaten Seenotretter.
Aber noch einmal: Warum akzeptiert die Bundesregierung nicht das, was der Gesetzgeber, das Parlament beschlossen hat? Das kann ich nicht nachvollziehen.
Wagner (AA)
Das ist ein Maßgabebeschluss des Bundestages, der Verpflichtungsermächtigungen enthält, aber nicht bindend für die Bundesregierung ist. Insofern ist jetzt entschieden worden, dass diese Förderung nicht weiter gemacht wird.
Frage
Herr Wagner, wenn Sie betonen, dass es jetzt aus dem Etat des Auswärtigen Amts keine Mittel mehr dafür geben wird, wäre es dann grundsätzlich denkbar, dass ein anderer Etat herangezogen wird, zum Beispiel der Etat des Entwicklungsministeriums?
Wagner (AA)
Da müssten Sie die Kollegin des Entwicklungsministeriums fragen.
Koufen (BMZ)
Denkbar ist natürlich immer viel. Aber Sie haben wahrscheinlich mitbekommen, dass wir Anfang der Woche einen Haushaltsbeschluss hatten und die konkrete Verteilung der Mittel jetzt Gegenstand von Beratungen ist. Ich kann Ihnen, ehrlich gesagt, überhaupt nichts dazu sagen. Ich weiß nicht, ob das theoretisch in unsere Zuständigkeit fallen würde.
[…]
Militärische Auseinandersetzung zwischen Israel, den USA undIran
Frage
In Bezug auf Iran, USA und Israel: Hat das AA mittlerweile die Völkerrechtswidrigkeit der Angriffe der USA und Israelis feststellen können? Sie meinten ja Montag und Mittwoch, das dauere noch bei Ihnen.
Wagner (AA)
Nein, das konnten wir noch nicht.
Zusatzfrage
Wie lange müssen wir darauf noch warten? Immerhin weiß die ganze Welt, was los ist.
Wagner (AA)
Ich habe nicht wahrgenommen, dass es dazu von unseren Partnern bisher Einordnungen gab.
Zusatz
Ja, weil sie Partner der völkerrechtswidrigen Angriffe sind; das ist ja der Punkt! Aber Sie sind ja zur Einhaltung des Völkerrechts verpflichtet, ich glaube, auch qua Amtseid.
Wagner (AA)
Ich mache mir die Einschätzung in Ihrer Frage nicht zu eigen. Das mag Ihre Kommentierung der Sache sein. Ich glaube, die Israelis haben ja sehr klar gesagt, auf was sie sich berufen, und es liegt an der israelischen Regierung und es liegt an der amerikanischen Regierung, darzulegen, ob es diese Grundlage gibt. Ich habe von dieser Stelle aus keine Einschätzung dazu abzugeben.
Zusatz
Sie sind aber nicht der Sprecher der Israelis oder der Amerikaner, sondern ein deutscher Sprecher, und Sie sind zur Einhaltung des Völkerrechts verpflichtet. Dementsprechend warten ja alle darauf, dass Sie das, was jeder weiß, auch bestätigen und nicht das Völkerrecht verwässern.
Wagner (AA)
Ich verstehe Ihre Frage nicht. Die deutsche Regierung hält sich an Recht und Gesetz und auch an das Völkerrecht.
Zusatz
Ja, aber wenn die Partner Israel und USA völkerrechtswidrige Angriffe fliegen, dann sagen Sie nichts dazu. Wenn andere, die nicht Partner der Bundesregierung sind, dasselbe tun oder Gleiches tun, dann verurteilen Sie das.
Wagner (AA)
Die israelische Regierung beruft sich auf ein kollektives Selbstverteidigungsrecht ‑ ‑ ‑
Zuruf
Sie sind aber nicht der Sprecher der Israelis!
Vorsitzender Feldhoff
Entschuldigung, Herr Kollege!
Wagner (AA)
Sie müssen mich schon ausreden lassen, wenn Sie mir eine Frage stellen! – Die Israelis berufen sich auf ein kollektives Selbstverteidigungsrecht. Das gibt es im Völkerrecht auch, und das Völkerrecht hat sehr eng umgrenzt, unter welchen Gegebenheiten es eine Ausnahme vom Gewaltverbot gibt. Es ist an der israelischen Regierung, gegenüber dem Sicherheitsrat darzulegen, ob diese Grundlage gegeben ist. Es ist nicht am Sprecher des Auswärtigen Amtes, dies hier einzuschätzen. Sie fragen mich, ob ich hier dazu eine völkerrechtliche Einschätzung darzubieten habe, und ich habe Ihre Frage klar beantwortet: Nein, das habe ich nicht.
Aussagen des israelischen Finanzministers zur Zahl der in Gaza lebenden Menschen
Zusatzfrage
Herr Wagner, hat die Bundesregierung die neuerlichen Aussagen des israelischen Finanzministers wahrgenommen? Laut ihm gibt es gibt es nur noch 1,8 Millionen Menschen in Gaza. Laut den Zahlen der Bundesregierung der letzten Jahre waren zwischen 2,2 Millionen und 2,4 Millionen Menschen in Gaza. Das ist eine riesige Differenz. Ist es auch Ihr Kenntnisstand, dass es dort nur noch 1,8 Millionen Menschen gibt? Wie erklären Sie sich diese Differenz?
Wagner (AA)
Nein, das ist nicht mein Kenntnisstand. Sie müssten die israelische Regierung fragen, wie sie zu dieser Differenz kommt, bzw. den Finanzminister fragen, den Sie gerade zitiert haben.
Zusatzfrage
Aber fragen Sie vielleicht einmal ‑ Sie sprechen ja ständig mit den Israelis ‑, wie es sein kann, dass da 400 000 oder sogar 500 000 Menschen im Vergleich zu der Zeit vor dem Krieg fehlen? Die sind ja nicht alle herausgekommen. Die Zahl der Menschen, die über die Grenze herausgekommen sind, liegt ja im fünfstelligen Bereich. Dann müsste man ja jetzt Angst haben, dass die Zahl der Toten in die Hunderttausende geht.
Wagner (AA)
Normalerweise ist es oft so, dass wir Einlassungen dieser entsprechenden Person, die Sie nennen, verurteilen müssen, weil sie alles andere als hilfreich sind. Insofern ist das, glaube ich, jetzt nicht unsere Bezugsgrundlage, wenn wir die Lage in Gaza beurteilen. Wenn Sie fragen, ob wir gewahr sind, dass sehr viele Menschen in Gaza in diesem Konflikt gestorben sind: Ja, das ist in der Tat so. Aber nach der Zahlendifferenz, die ein Minister der israelischen Regierung aufmacht, müssten Sie schon ihn selbst fragen.
Es gibt ja Zahlen, die die UN benutzen, gestützt auf Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums in Gaza. Das ist sicherlich ein besserer Indikator dafür, wie die Lage aussieht. Aber die genauen Zahlen kennen wir nicht, weil wir eben auch nicht vor Ort sind und das nicht selbst einschätzen können.
Zusatzfrage
Das Auswärtige Amt hält die, wie Sie sagen, Hamas-Gesundheitsdaten für glaubwürdiger als die des israelischen Finanzministers?
Wagner (AA)
Nein, das habe ich nicht gesagt. Das haben Sie jetzt zusammengeschnitten. Ich habe gesagt: Die Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza sind eben Angaben der Hamas. Das ist ein Indikator, aber sicherlich keine gesicherte Datenbasis, um Aussagen darüber zu treffen, wie viele Menschen dort ums Leben gekommen sind. Es gibt halt einfach schlichtweg keine andere, das ist das Problem. Aber das wissen Sie genauso gut wie ich.