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„Wir müssen den Ring um Assad weiter schließen“ (Staatsminister Link in SWR2)

23.07.2012 - Interview

Staatsminister Michael Link gab dem Südwestrundfunk am 23. 7. 2012 ein Interview zu den Beratungen des EU-Außenministerrat über Syrien. Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Marion Theis.

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SWR2: „Damaskus werdet ihr nie bekommen“. Das war der Titel einer syrischen regierungsnahen Zeitung heute vor genau einer Woche, an die Adresse der Opposition gerichtet. Inzwischen kämpft Präsident Assad um seine Machtzentren in der Hauptstadt Damaskus. Sind wir am Wendepunkt, wie Außenminister Westerwelle sagt?

Staatsminister Link: Ich glaube, dass das Wort vom Wendepunkt die Situation sehr gut beschreibt. Was Außenminister Westerwelle damit meint ist, dass Assad zwar weiter töten kann, siegen kann er aber in diesem Kampf nicht mehr, und es ist mehr als tragisch, wie Assad seine eigene Bevölkerung bekämpft.

Syrien besitzt das größte Chemiewaffenarsenal im Nahen Osten, unter anderem die Kampstoffe Sarin und Senfgas, Assad gilt als skrupellos und unberechenbar. Glauben Sie er könnte seine Gegner mit Giftgas angreifen?

Wir hoffen das nicht, aber wir sehen mit allergrößter Sorge, dass das Regime offensichtlich bereit ist weitere Schritte zur Eskalation zu machen in diesem Überlebenskampf. Und deshalb ist es umso wichtiger jetzt ganz klar und hart zu kommunizieren.

Was heißt das?

Das heißt zum Beispiel, dass wir natürlich auf der einen Seite weitermachen in den Vereinten Nationen mit dem Versuch, Russland und China zu überzeugen, tatsächlich zu handeln. Das ist, wie Sie wissen, schwierig. Deshalb arbeiten die Europäische Union (deshalb sind wir heute in Brüssel) und die Arabische Liga Hand in Hand, um den Ring in Syrien weiter dichter zu schließen, vor allem um den Ring um Assad weiter zu schließen.

Bisher konnten nicht die UNO, wie Sie schon gesagt haben, schon gar nicht Deutschland oder die EU etwas tun, um Assad und seine Leute zu stoppen. Was soll denn dann das Außenminister-Treffen in Brüssel heute bringen?

Zum Einen werden wir heute weiter Sanktionen beschließen, also wie gesagt, den Ring weiter schließen, das ist deshalb wichtig, weil es immer noch letzte Schlupflöcher gibt, die wir ja dringend schließen müssen. Auf der anderen Seite wollen wir gemeinsam heute überlegen, wie wir zum Beispiel die Opposition stärker unterstützen könnten. Wir gehen davon aus, dass bald, vielleicht auch schon Teile des Landes, unter der Kontrolle der Opposition sein werden, und dann sollten wir auch ganz konkret auch humanitär unterstützen.

Was bringen denn Sanktionen, wenn das Assad-Regime alles, was es nicht aus der EU kriegt, von Russland bekommt?

Link: Zunächst einmal auch da sind wir dabei den Ring zu schließen. Es ist nicht so, dass alles noch wirklich so reinkommen kann, wie es vielleicht das Assad-Regime gerne hätte. Deshalb ist es ja so wichtig, dass wir, wie ich gesagt habe, diesen Ring schließen. Und deshalb ist es eben auch wichtig, dass wir heute noch mal konkret diese Sanktionen verstärken.

Die Arabische Liga, bietet Assad freies Geleit an. Ist das die Lösung, oder muss der nicht eigentlich vor ein Gericht?

Die Auswege, die wir jetzt momentan brauchen, müssen vor allem eines bringen, dass das Töten so schnell wie möglich endet. Wie der Weg dann weitergehen kann, welches Szenario man dann hinterher wählt, das müssen wir gemeinsam überlegen. Die Arabische Liga ist auf jeden Fall ein sehr wichtiger und ein sehr hilfreicher Partner, denn sie hat - anderes als Russland und China – begonnen, wirklich frühzeitig sich in der Region zu engagieren und vor allem nicht wegzuschauen.

Sie sagen, das Töten muss ein Ende nehmen, aber alle Appelle und Vermittlungsversuche, die kamen uns Außenstehenden bisher eher hilflos oder auch sinnlos vor. Müssen wir nicht eher die kämpfenden Parteien in Syrien sich selbst überlassen und uns dafür an den Grenzen um die Tausenden von Flüchtlingen kümmern?

Sie wissen ja, dass auch da in der Öffentlichkeit sich ganz emotionale Sichten sich gegenseitig begegnen. Auf der einen Seite würde man am liebsten helfen, und zwar im Sinne, dass man das Assad-Regime so schnell wie möglich beendet. Nur, was heißt das konkret, eine militärische Lösung ist nicht einfach, es ist ein dichtbesiedeltes Land. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir tatsächlich, wie Sie sagen, humanitär helfen. Wir tun das bereits an den Grenzen, gemeinsam, die Europäische Union, wir müssen aber noch mehr tun, denn momentan tragen hauptsächlich der Libanon und die Türkei die alleinige Last.

Wie kann man denn sicherstellen, dass die Türkei nicht in den Konflikt hineingezogen wird. Die türkische Armee hat ja angeblich schon mehrere Boden-Luft-Raketen an der Grenze zu Syrien installiert und die Aufständischen haben mehrere Grenzübergänge unter ihrer Kontrolle gebracht. Wie soll das gehen?

Ich glaube, wir müssen da in der Türkei mit niemandem von oben herab reden, sondern die Türkei hat sich bisher wirklich sehr verantwortungsbewusst verhalten. Wenn Sie sich erinnern, zum Beispiel an den Fall, als auch das türkische Flugzeug von Syrien abgeschossen wurde. Also die Türkei bringt sich sehr verantwortungsbewusst ein und sie zeigt eben als Nachbarstaat hier wirklich eine ganz wichtige Rolle.

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