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Werner Hoyer: „Der EU-Haushalt ist so für Deutschland nicht akzeptabel“ (Interview)

01.07.2011 - Interview

Staatsminister Werner Hoyer im Interview mit dem Handelsblatt vom 01.07.2011 zum Entwurf des neuen EU-Haushaltsrahmens.

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Die EU-Kommission hat jetzt ihren Haushaltsentwurf für die sieben Jahre ab 2014 vorgelegt. Wie bewerten Sie ihn?

In diesem Haushaltsentwurf sind durchaus positive Elemente erkennbar. So ist zum Beispiel mehr Geld für Zukunftsaufgaben wie Forschung und europäische Außenpolitik vorgesehen, was der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen ist.

Also begrüßen Sie den Haushalt?

Nein. Völlig inakzeptabel ist, dass ein riesiger Batzen Geld außerhalb des Haushalts versteckt werden soll. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso rechnet sich so den Haushalt nach unten schön. Über 60 Milliarden Euro werden in einem europäischen Entwicklungsfonds, einem Solidaritätsfonds und einem Reserveagrarfonds versteckt. So werden diese Summen vollkommen der parlamentarischen Haushaltskontrolle entzogen.

Die Europäische Union will zudem jetzt mit eigenen Steuern ihre Einnahmen erhöhen. Ist das im Sinne der Bundesregierung?

Das wird so auf keinen Fall kommen. Wir brauchen in der gegenwärtigen Situation keine Diskussion über EU-Steuern oder EU-Eigenmittel. Die Diskussion um die Euro-Stabilisierung und die dafür aufzuwendenden Mittel ist schon schwierig genug. Oder, um es ironisch zu formulieren: Eine neue EU-Steuer wird die Freude über Europa bestimmt noch erhöhen.

Deutschland ist schon bisher nicht nur der größte Profiteur Europas, sondern auch der größte Nettozahler der EU. Wo sehen Sie ein Entgegenkommen, damit Berlin nicht immer mehr Geld nach Brüssel überweisen muss?

Dass bei der EU-Strukturpolitik nun weiter den Anliegen der ostdeutschen Bundesländer Rechnung getragen wird, nützt in dieser Diskussion. Aber die große Streitfrage wird sein, ob es uns gelingt, auch in der nächsten Haushaltsperiode einen Korrekturmechanismus durchzusetzen.

Was meinen Sie damit?

Dass Länder mit vergleichbar starken Volkswirtschaften nicht vollkommen unterschiedlich zur Finanzierung der Europäischen Union herangezogen werden. Die Briten bekommen ja einen vor Jahrzehnten vereinbarten Rabatt. Aber auch andere EU-Länder müssen fair behandelt werden.

Also ist der Korrekturmechanismus für Berlin das Wichtigste?

Das muss eines unserer Hauptanliegen sein. Sonst wird sich die deutsche Nettozahler-Position erheblich verschlechtern. Und das wird Deutschland nicht hinnehmen.


Fragen: Mathias Brüggmann. Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Handelsblatts

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