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Interview: Außenminister Guido Westerwelle in der Welt am Sonntag. Themen: Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt, EU, Nahost, Reform der Bundeswehr

05.09.2010 - Interview

„Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt's einen, der die Sache regelt. Und das bin ich“ - so haben Sie einst die Hierarchie in der FDP beschrieben. Gilt das Kapitänsprinzip auch im Außenamt, Herr Westerwelle?

Zur Politik gehört Führung, egal ob man Parteichef oder Minister ist. Wahr ist aber auch, dass man besondere Verantwortung trägt und zu seinen Entscheidungen stehen muss.

Beginnen wir mit der Führung. Ab Montag haben Sie 200 deutsche Botschafter aus aller Welt in Berlin zu Gast. Welche politischen Direktiven werden Sie denen mitgeben?

Zwei Leitlinien sind mir besonders wichtig. Erstens: Das weltweite Engagement unserer Diplomaten soll immer auch unter der Überschrift Frieden, Abrüstung und Nichtverbreitung von Atomwaffen stehen.

Ist das eine kluge Priorität? Die großen Spieler bei der Abrüstung sind andere - Nationen mit Atomwaffen.

Nukleare Nichtverbreitung ist eine Menschheitsaufgabe wie der Klimaschutz. Wir müssen verhindern, dass sich immer mehr Staaten nuklear bewaffnen, weil sich dadurch das Risiko erhöht, dass Nuklearwaffen in die Hände von Terroristen geraten. Dieses Ziel erreicht man natürlich immer nur im Bündnis mit anderen. Aber Deutschland hat seinen Beitrag zur erfolgreichen Nichtverbreitungskonferenz in New York ebenso geleistet wie zur jüngsten Sanktionsrunde gegen Iran.

Wie lautet Ihre zweite Leitlinie?

Ausgestaltung der künftigen Rolle Europas. Viele sehen in der Union zuerst eine Wohlstandsversicherung. Das ist sie auch. Aber vor allem ist sie eine Friedens- und Freiheitsunion, die nicht scheitern darf. Das ist der wahre Grund, warum wir uns so massiv um den Schutz des Euro gekümmert haben, auch wenn das innenpolitisch wenig populär war. Genau so wichtig ist es, dass wir uns jetzt um die Konsequenzen aus der Währungskrise kümmern. Die EU darf keinen Schaden nehmen, aber auch keine Transferunion werden. Dafür setze ich mich ein, und deshalb ist es übrigens auch so wichtig, die kleineren und mittleren EU-Länder zu besuchen...

...worüber auch geschmunzelt wird.

Das zeugt von Unwissenheit über die neue Statik der EU nach dem Lissabon-Vertrag. Eigene Anliegen kann man in Europa nur mit den Stimmen auch dieser Länder durchsetzen. Auch deshalb liegt ein respektvoller Umgang auf Augenhöhe mit allen Mitgliedstaaten in unserem eigenen Interesse.

Wie bewerten Sie den Auftakt der Nahost-Gespräche?

Die Gespräche finden unter sehr schwierigen Umständen statt, deshalb ist schon allein ihr Beginn ein Erfolg. Leider gibt es viele, die das Gelingen dieses Prozesses mit Gewalt verhindern wollen. Zum Verlauf bin ich deshalb nur vorsichtig optimistisch. Wir müssen die moderaten Kräfte stärken. Denn nur durch Verhandlungen kann überhaupt Vertrauen und Einsicht wachsen.

[…]

Bei der [Reform der] Bundeswehr geht es ja nicht nur um die Wehrpflicht. Was sagt der Außenminister zu Befürchtungen der Nato, dass Deutschland seine Bündnisverpflichtungen künftig nicht mehr erfüllen kann?

Ich werde bei der Diskussion über die Bundeswehrreform darauf achten, dass wir unsere internationalen Verpflichtungen in vollem Umfang erfüllen können. An unserer Bündnisfähigkeit darf kein Zweifel entstehen. Die Bundeswehr muss auch in Zukunft den sicherheitspolitischen Herausforderungen gerecht werden, vor denen unser Land steht. Das ist allerdings nicht allein eine Frage der Größe, sondern auch von effizienten, modernen Strukturen. Das wird der Verteidigungsminister genauso sehen.

Müssen die Europäer nicht mittelfristig dahin kommen, sich die militärischen Fähigkeiten aufzuteilen?

Allein aus Kostengründen müssen entsprechende Überlegungen angestellt werden. Weniger Ausgaben bei gleichbleibender Sicherheit erfordern ein arbeitsteiliges Vorgehen in der EU. Mit meinen Kollegen aus Polen und Frankreich habe ich bereits über konkrete Projekte einer stärkeren Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik gesprochen.

[…]

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