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Interview: Guido Westerwelle in der Bild zum deutschen Engagement in Afghanistan

07.04.2010 - Interview

Wann gehen wir raus aus Afghanistan, Herr Westerwelle?

Es wäre falsch, jetzt einen exakten Abzugstermin festzulegen. Dann wüssten die Terroristen, wie lange sie noch durchhalten müssten, bis wir weg sind. Und die große Mehrheit der friedliebenden Bevölkerung würde nur noch schwerlich mit uns zusammenarbeiten, weil sie wieder die Repressalien ihrer Unterdrücker fürchten müsste.

Mit welchem Zeitrahmen rechnen Sie noch?

Wir haben vor wenigen Wochen eine neue Afghanistan-Strategie mit einer klaren Abzugsperspektive beschlossen. Wir setzen stärker auf zivilen Aufbau und die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte. Wir wollen möglichst 2013 die Sicherheitsverantwortung an die Afghanen übergeben und 2011 erstmalig mit der Reduzierung des Bundeswehrkontingents beginnen.

Das Terrornetzwerk Al Kaida in Afghanistan gilt doch als nahezu zerstört ...

Wenn wir jetzt Hals über Kopf abziehen würden, wäre das Land in ganz kurzer Zeit wieder Rückzugsgebiet des Weltterrorismus. Dann würde die Anschlagsgefahr auch in Europa erheblich größer.

Ist das nicht Angstmacherei?

Wir sollten nicht vergessen: Es gab nicht nur den schrecklichen Anschlag vom 11. September 2001 in den USA. Es gab auch Anschläge in Madrid, in London. Und in Deutschland die Planungen der terroristischen Sauerlandgruppe. Die Täter wurden in Afghanistan ausgebildet. Wir haben allen Grund, den Frauen und Männern der Bundeswehr dankbar zu sein, die in Afghanistan unsere Freiheit verteidigt.

Müssen deutsche Soldaten in Afghanistan sterben, weil es Ausrüstungsmängel gibt?

Die Bundesregierung tut alles, damit die Ausrüstung in Afghanistan bestmöglich ist. Gleichzeitig versichere ich, wenn hier neue Fragen auftauchen, werden Bundesregierung und Bundeswehr dem unverzüglich nachgehen.

Afghanistans Präsident Karzai rückt von der NATO ab. Können wir ihm noch trauen?

Wir arbeiten mit der afghanischen Regierung gut zusammen. Wir erwarten aber, dass Präsident Karsai seine selbst gesteckten Ziele, wie die Korruptionsbekämpfung, einhält. Wir nehmen ihm beim eigenen Wort. Wir wollen nicht dauerhaft in Afghanistan bleiben.

Herrscht Krieg in Afghanistan oder wie nennen Sie den Konflikt?

In der Bundesregierung sind wir nach gründlicher Prüfung zu der Einordnung als bewaffneter Konflikt gekommen, die alle Risiken und Gefahren deutlich beschreibt. Im Völkerrecht ist „Krieg“ die Bezeichnung für eine militärische Auseinandersetzung zwischen Staaten, meistens mit einer Eroberungsabsicht. Das findet in Afghanistan nicht statt, denn wir sind dort auf Einladung der afghanischen Regierung, auf Bitten der Vereinten Nationen und auf Wunsch der ganz überwiegenden Mehrheit der afghanischen Bevölkerung.

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