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Erklärung des Rates zur Erarbeitung eines Waffenhandelsabkommens

20.06.2007 - Rede

Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
der illegale Handel mit Waffen und die verantwortungslose Exportkontrollpolitik einiger Staaten befeuern weltweit Konflikte, untergraben die Beachtung von Menschenrechten und fördern Kriminalität und Terrorismus. Sie hindern ganze Regionen an nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung.

Vor diesem Hintergrund entstand vor einigen Jahren die Idee, globale Prinzipien für den Waffenhandel in einem Abkommen verbindlich festzuschreiben – die Idee des Waffenhandelsabkommens ATT war geboren. Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich von Anfang an für ein solches Abkommen eingesetzt, und auch die derzeitige Ratspräsidentschaft misst diesem Prozess große Bedeutung bei. Auf seiner Sitzung am 18. Juni hat der Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen erneut die Wichtigkeit eines Waffenhandelsabkommens betont.

Es hat mich sehr gefreut, dass der Berichterstatter für den EU-Verhaltenskodex für Waffenausfuhren des Europäischen Parlaments, Herr Romeva i Rueda, der Einladung der Präsidentschaft zum informellen Seminar für die Mitglieder der Ratsarbeitsgruppe COARM Anfang Januar nach Berlin gefolgt ist. Er hat dort ausführlich die Ansichten des Europäischen Parlaments zu einem globalen Waffenhandelsabkommen dargestellt. Die Präsidentschaft teilt Herrn Romevas Auffassung, dass ein solches Abkommen von außerordentlicher Bedeutung ist, um den weltweiten Waffenhandel rechtsverbindlichen, verantwortungsbewussten Regeln zu unterwerfen.

Ein wichtiger Schritt war die Annahme der Resolution 61/89 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 6. Dezember 2006. Der Generalsekretär wird darin aufgefordert, die Positionen der VN-Mitgliedstaaten zu eruieren und spätestens 2008 eine Expertengruppe einzurichten. Deren Aufgabe wird es sein, Machbarkeit, Umfang und Elemente eines solchen Vertrages auszuloten. Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten waren im Vorfeld der Generalversammlung an der Ausarbeitung der Resolution beteiligt und haben bei Drittstaaten für deren Annahme geworben.

Der Aufforderung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen sind bislang ungefähr 80 Staaten gefolgt, darunter sämtliche EU-Mitgliedstaaten. Die Ratspräsidentschaft hat in einer eigenen EU-Stellungnahme an den Generalsekretär den EU-Verhaltenskodex als positives Beispiel für internationale Kooperation auf dem Gebiet der Rüstungsexportkontrolle herausgestellt und für ein Waffenhandelsabkommen geworben. Gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedsstaaten wirbt die Präsidentschaft auch weiterhin für das Einreichen nationaler Papiere. Eine große Anzahl positiver Stellungnahmen ist von herausgehobener Bedeutung, um die große Unterstützung, die das Projekt weltweit genießt, zu demonstrieren.

Entscheidend für den Erfolg eines solchen Abkommens wird sein, die Beteiligung nicht nur aller großen Exporteure von Rüstungsgütern sicherzustellen, sondern auch deren Importeure einzubinden. Die Vereinten Nationen sind demnach der richtige Ort für diese Verhandlungen.

Lassen Sie mich exemplarisch auf zwei Themenfelder hinweisen, denen die Expertengruppe besondere Aufmerksamkeit widmen muss, damit ein solches Abkommen wirksam sein kann:

  1. Der Geltungsbereich des Abkommens muss detailliert aufgeschlüsselt werden; dazu wird es einer eigenen Kontrollliste bedürfen. Diese darf sich nicht auf die Kategorien des VN-Waffenregisters beschränken, sondern muss beispielsweise auch auf Kleine und Leichte Waffen, Munition und ManPADS Anwendung finden. Auch Herstellungsausrüstung und Technologie sollte in geeigneter Form berücksichtigt werden.
  2. Das Abkommen muss zudem ausführliche Kriterien beinhalten, die bei Exportentscheidungen zu berücksichtigen sind. Zu diesen Kriterien gehören unter anderem: die Beachtung von Waffenembargos, die Achtung der Menschenrechte im Bestimmungsland, die Wahrung regionaler Stabilität, die Verhinderung interner oder regionaler Konflikte, die Förderung nachhaltiger Entwicklung und die Verhinderung einer unerwünschten Umleitung der Güter.

Mit diesen Fragen haben sich bereits zahlreiche Regionalorganisationen weltweit befasst. Der Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren ist das am weitesten entwickelte internationale Instrument für Rüstungsexportkontrolle. Die EU kann daher insbesondere für diese Fragen auf ihre Erfahrungen mit dem Verhaltenskodex verweisen. Dabei muss sie jedoch den Eindruck vermeiden, es gehe darum, den EU-Verhaltenskodex anderen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen aufzuzwingen. Schließlich gibt es derzeit bemerkenswerte Unterstützung für dieses Projekt in allen Teilen der Welt. Der Europäischen Union, zu der einige bedeutende Exportnationen gehören, kommt allerdings eine besondere Verantwortung in diesem Prozess zu.

Lassen Sie mich auch die Rolle der Zivilgesellschaft besonders würdigen: Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaftler und Medien haben einen erheblichen Anteil daran, dass zögernde Regierungen sich von der Notwendigkeit eines Waffenhandelsabkommens überzeugen ließen. Sie haben von Anfang an wertvolle Anstöße und Beiträge geliefert und ich darf sie ermuntern, sich auch weiter aktiv in diesen Prozess einzubringen.

Die Präsidentschaft nimmt mit Freude zur Kenntnis, dass sich das Europäische Parlament verschiedentlich für den Abschluss eines globalen Waffenhandelsabkommens ausgesprochen hat und seine interparlamentarischen Kontakte dafür nutzt. Den jüngsten Resolutionsentwurf habe ich mit großem Interesse gelesen und begrüße ausdrücklich die engagierten Vorschläge. Ich hoffe sehr, dass wir den intensiven Dialog mit dem Europäischen Parlament auch in dieser wichtigen Frage weiter fortführen und vertiefen können.

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