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Grußwort von Außenminister Frank-Walter Steinmeier zur Abschlussveranstaltung zum deutsch-chinesischen Schüler- und Jugendaustauschjahr, Universität Hamburg
Sehr geehrte Frau Vizeministerpräsidentin Liu,
sehr geehrter Herr Prof. Dr. Lenzen,
liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Austauschjahrs,
Der politische Austausch und unser wirtschaftlicher Austausch, all das wäre nicht vollständig ohne den kulturellen Austausch und die tatsächlichen Begegnung von Schülern und Jugendlichen, welche wir heute feiern.
Ich freue mich sehr, hier bei Ihnen in der Universität Hamburg sein zu dürfen. Und mit Ihnen gemeinsam auf das deutsch-chinesische Austauschjahr zu blicken, auf Ihre Eindrücke in diesem letzten Jahr! Einige dieser Eindrücke haben wir gerade schon in einem kurzen Film gesehen.
Vor all diesen Erfahrungen stand bei Ihnen sicher eine Frage, die sie vielleicht auch von Freunden und Verwandten gehört haben:
„Warum ausgerechnet China? Oder umgekehrt: warum eigentlich Deutschland?“
Diese Frage wurde auch dem siebzehnjährigen Joel immer wieder gestellt, nachdem er sich entschieden hatte, ein Schuljahr in China zu verbringen. Von Ravensburg nach Hangzhou, mit immerhin fast 9 Millionen Einwohnern! Ungläubiges Staunen, schieres Unverständnis und auch Bewunderung für eine mutige Entscheidung dort hinzugehen waren die Folge. Joel, jedenfalls, ließ sich nicht beirren. Ein paar Monate später erlebte er China - herzlich aufgenommen von einer chinesischen Gastfamilie! Er lernte mit 50 Mitschülern fünf Tage die Woche von morgens bis abends und war erstaunt darüber, dass das Wort „Streber“ in China durchaus als Kompliment gemeint ist – wenn ich an meine Studentenzeit zurückdenke, muss ich sagen, dass ich mich an so eine Aussage nicht erinnern kann!
Leben in China bedeutete auch – das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen – alle in Deutschland gelernten Verkehrsregeln zu vergessen, sich hoffnungslos zu verirren und dann doch – mit der Unterstützung von hilfsbereiten Chinesen und - nach Verständigung mit Händen und Füßen -doch noch ans Ziel zu kommen.
Während Joel ein Jahr in China lebte, ging die siebzehnjährige Haonan in Deutschland zur Schule, mittlerweile ist sie wieder zurück in ihrem Heimatland. In fünf Monaten besuchte sie vierzehn Städte und entdeckte dabei, dass das Wort „reisen“ im Deutschen eine andere Bedeutung als im Chinesischen hat. Während Deutsche sich mitunter eher mehrere Stunden in Museen herumtreiben, bedeutet es im Chinesischen eher „Sehenswürdigkeiten besuchen und viele Fotos machen“.
Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer am deutsch-chinesischen Schüler- und Jugendaustausch,
vielleicht haben Sie ganz andere Eindrücke und Erfahrungen gesammelt als Haonan und Joel. Aber ich vermute, dass Sie während Ihres Aufenthalts in einem anderen Land eines ganz ähnlich empfunden haben: Sie haben die Welt mit anderen Augen kennengelernt, Sie haben die Perspektive gewechselt. Aus Ihren Begegnungen, aus den Begegnungen dieser jungen Menschen können Beziehungen entstehen und aus den Beziehungen Freundschaften werden. Freundschaften, die auf Einsicht, Verständnis und Respekt beruhen.
Das ist der genau der Punkt, an dem unsere Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik einsetzt. „Austausch. Freundschaft. Zukunft.“ Das sind die Koordinaten des Deutsch-Chinesischen Schüler- und Jugendaustauschjahres.
Ich möchte mich daher bei den Partnern bedanken, die diesen Austausch und Dialog in über hundert Veranstaltungen und Programmen möglich gemacht haben: Mein Dank gilt den Vertretern aus Bund und Ländern, den Kulturmittlern, den privaten Stiftungen und den Vertretern der Zivilgesellschaft.
Mein besonderer Dank gilt unseren chinesischen Partnern und vor allem Ihnen, liebe Frau Liu, die Sie die Idee zu diesem gemeinsamen Schüler- und Jugendaustauschjahr hatten. Mein größter Dank, jedoch, gilt Ihnen, den über 4000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Sie haben den Mut gehabt, Bekanntes, zumindest für gewissen Zeitraum, hinter sich zu lassen und Neues zu wagen! Neugier und Respekt: beides brauchen wir in den Deutsch-Chinesischen Beziehungen.
Vielen Dank.