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Rede des Bundesaußenministers Westerwelle zur Eröffnung des „Wissenschaftstunnels“ der Max-Planck-Gesellschaft, 8.3. 2010, Buenos Aires

05.03.2010 - Rede

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Herren Minister,

lieber Herr Dr. Jäckle

meine Damen und Herren,

es ist mir eine besondere Ehre, heute mit Ihnen diese Ausstellung zu eröffnen.

Wer sein Geld nicht als Wissenschaftler verdient, betritt mit dem Tunnel eine unbekannte und faszinierende Welt. Für viele Besucher ist es vermutlich das erste Mal, dass sie einen Blick auf die kleinsten Bauteile unseres Planeten und auf das Universum als Ganzes werfen können.

Es geht um viel mehr als um beeindruckende Einsichten. Der menschliche Fortschritt steht und fällt mit der Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik. Die Menschheit hat mit Hilfe der Wissenschaft seit Jahrhunderten Krankheiten besiegt, neue Anbaumethoden entwickelt, Kommunikation und Transport revolutioniert. Der Mensch hat die Weltmeere überquert und den Mond betreten. All das wäre ohne den Ideenreichtum von Erfindern und die technische und wirtschaftliche Umsetzung von Entwicklern und Unternehmern unmöglich gewesen.

Niemand kann verlässlich voraussagen, was die Zukunft bringen wird. Sicher ist nur, dass das Bild, das wir uns heute von unserem Leben, von der Welt und dem Universum machen, in wenigen Jahrzehnten ein ganz anderes sein wird. Wir werden mehr darüber wissen, wie Geist und Körper funktionieren und wir werden hoffentlich einige der Krankheiten heilen können, vor denen wir heute noch kapitulieren müssen.

Die Geheimnisse, die wir heute entschlüsseln wollen, liegen meist jenseits der menschlichen Wahrnehmung. Erst Elektronen-Mikroskope und Weltraum-Teleskope ermöglichen den Blick an die Grenzen von Raum und Zeit.

Die Forschung offenbart uns die Einzelteile unserer Welt. Es ist unsere Aufgabe, diese Einzelteile zu dem Bild zusammen zu setzen, das wir uns von unserer Welt und unserem Leben machen wollen. Hier treffen Naturwissenschaft und Philosophie aufeinander. Hier beginnt auch die Gestaltungsaufgabe der Politik. Es hängt von der Weitsicht unserer politischen Entscheidungen ab, ob wir bei der Zukunft dabei sind oder nur zuschauen.

Auch heutzutage schotten sich einige Länder von der Außenwelt ab. Sie nehmen sich damit alle Chancen, die der Austausch mit anderen bietet. Das hat verheerenden Folgen für die Menschen, die von ihren Herrschern als Geiseln genommen werden. Sie scheitern nicht, weil sie von Natur aus weniger klug wären als andere. Sie scheitern, weil man ihnen die Freiheit nimmt. Freiheit ist die Grundlage jeder Entwicklung und eines Lebens in Würde.

Im 21. Jahrhundert zeigt sich deutlicher denn je, wie sehr Entwicklung von Offenheit und internationaler Kooperation abhängt. Erfindungen und Ideen entstehen in allen Teilen der Welt. Das Internet macht Forschungsergebnisse sofort weltweit abrufbar. Wissen kann sich so schneller verbreiten und vermehren als je zuvor. Die nahezu unbegrenzte Verfügbarkeit des Wissens meistert man nicht mit der Angst, den Anschluss zu verlieren oder in der Informationsflut die entscheidende Idee zu übersehen. Man meistert sie, wenn man die Wissensexplosion als Ansporn versteht, als Aufgabe für unser Land, im weltweiten Wettbewerb der Ideen zu bestehen. Nur wenn wir heute die Weichen richtig stellen, werden wir mit dem atemberaubenden Tempo der wissenschaftlichen Innovation mithalten.

Zukunftsgerichtete Politik setzt auf Technologie. Das ist eine traditionelle Stärke Deutschlands. „Made in Germany“ steht seit Jahrzehnten für leistungsfähige Maschinen, hervorragende Autos und vieles mehr. Energie- und Umwelttechnologie aus Deutschland genießen weltweit einen hervorragenden Ruf. Die Hightech-Strategie der Bundesregierung baut die vorhandenen Stärken weiter aus und setzt Innovationsanreize.

Damit auch die Produkte von morgen aus Deutschland kommen, bilden deutsche Universitäten hervorragende Ingenieure aus. Deutsche Unternehmen investieren jährlich mehr als 40 Milliarden Euro in die Entwicklung neuer Produkte und neuer Produktionsverfahren.

Die Regierung, der ich angehöre, versteht Forschung und Innovation als Motor einer Gesellschaft, die im globalen Wettbewerb bestehen will. Wir wollen die Produktivkräfte der Wirtschaft voll ausschöpfen. Wir wollen Weg von der Idee zur Marktreife verkürzen. Deswegen investiert die Bundesregierung jedes Jahr 12 Milliarden Euro in Forschung und Wissenschaft. Das ist ein Viertel mehr als in der Vergangenheit. Bis 2015 wollen wir 3% unseres Bruttoinlandsproduktes in Forschung und Entwicklung investieren. Wir investieren in die Erforschung umweltfreundlicher Alternativen zum Verbrennungsmotor. Wir schließen die Lücken beim Internetzugang und investieren 1 Milliarde Euro, damit Menschen, die ohne Beschäftigung sind, sich für Zukunftsbranchen fortbilden können. Die Nachfrage nach Innovationen wächst in vielen Bereichen. Sie wächst in der Gesundheit, nach effizienter Nutzung von Erdwärme, Wind und Sonnenlicht, nach Mobilität und nach mehr Sicherheit. Schlüsseltechnologien wie Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik oder Biotechnologie sind wichtige Innovationstreiber.

Der Wissenschaftstunnel ist die Leistungsschau der Spitzenforschung aus Deutschland. Die Exponate stammen zum einen aus Max-Planck-Instituten, das ist die führende Institution für Grundlagenforschung in Deutschland. Exponate stammen auch aus Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen. Sie sind das Produkt der Neugier, mit der jede Forschung beginnt.

Deutschland braucht diese Neugier ebenso wie Argentinien. Wir wollen heute nicht nur Begeisterung erzeugen. Wissenschaft und internationaler Austausch von Wissenschaftlern ist kein Selbstzweck. Es geht darum, Menschen in der Wissenschaft, in der Forschung Berufsperspektiven zu geben. Wer ins Ausland geht, wer auch die Belastungen auf sich nimmt, die das Leben in einem fremden Land mit sich bringen kann, soll beruflich von seiner Tatkraft profitieren können. Die Studien- oder Forschungsleistung im Ausland soll letztendlich dazu führen, dass er in beiden Ländern arbeiten kann.

Um dies zu erreichen, haben wir heute beschlossen, ein deutsch-argentinisches Hochschulzentrum auf den Weg zu bringen. Um konkrete Forschungsprojekte herum soll ein Raum der Zusammenarbeit entstehen, in dem Ausbildung und Forschung ineinander greifen. Diese Zusammenarbeit werden wir schrittweise über die nächsten Jahre entwickeln. Ziel ist das ein Abschlussdiplom sowohl in Deutschland, als auch in Argentinien anerkannt wird. Ich freue mich besonders, dass deutsche Unternehmen in Argentinien die Initiative ergriffen haben. Die Wissenschaftsvereinigung der deutschen Wirtschaft in Buenos Aires ist bei diesem Projekt gleichberechtigter Partner der deutschen und der argentinischen Regierung.

Die Initiative ist Ausdruck der langjährigen Verbundenheit deutscher Unternehmen mit Argentinien. Die deutsche Wirtschaft investiert in die Zukunft Argentiniens.

Sie haben immer wieder deutlich gemacht, wie wichtig Wissenschaft, Technologie und Innovation für die Zukunft Ihres Landes sind. Ihre Wissenschafts- und Technologiepolitik der letzten Jahre ist beispielhaft.

Ich freue mich sehr, dass wir die Wissenschaftszusammenarbeit auch in Zukunft fortsetzen werden. Wenn Sie Ende des Jahres den Wissenschaftspool hier in Buenos Aires einweihen, wird die Max-Planck-Gesellschaft wieder dabei sein.

Ich danke Wissenschaftsminister, Dr. Barañao, der die Ausstellung ermöglicht hat. Ich danke der Firma Siemens und der Firma BASF, die als Hauptsponsoren besondere Verantwortung übernommen haben. Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin, für Ihr konsequentes und konstantes Engagement.

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