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Auf zu neuen Ufern, oder: „Hier ist überall!“

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Christof A. hat seine zweijährige Ausbildung im mittleren Dienst erfolgreich abgeschlossen. Hier berichtet er von seinen ersten Erfahrungen auf dem neuen Posten: San Salvador, die Hauptstadt von El Salvador.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der zweijährigen Ausbildung im mittleren Dienst werden viele der Kolleginnen und Kollegen ins Ausland versetzt. Hier berichtet Christof A. von seinem ersten Posten in San Salvador.

Ruinen in Tazumal/El Salvador.
Ruinen in Tazumal/El Salvador.© AA/C. Assing
Rathaus von Santa Ana/El Salvador.
Rathaus von Santa Ana/El Salvador.© AA/C. Assing

Das schrille Quietschen der Reifen beim Aufsetzen auf der Tegeler Landebahn läutet die heiße Schlussphase der Ausbildung an der Akademie Auswärtiger Dienst ein. Klausuren, Sprachprüfungen sowie mündliche und schriftliche Laufbahnprüfungen bedeuten eine nervenaufreibende und intensive Zeit konzentrierten Studiums. Doch endlich, nach allen Mühen und aller Aufregung, und nicht zuletzt der feierlichen Vereidigung zum Beamten auf Probe, sitze ich wieder in einem Flugzeug, das behäbig auf eine Landebahn rollt, ehe es in den Himmel schießt um mich in eine neue Welt zu katapultieren. In die neue Welt! Schwülheiße Pazifikluft umarmt mich wie ein alter Bekannter bei meiner Ankunft in San Salvador, Hauptstadt des zentralamerikanischen Landes El Salvador, und weckt Erinnerungen an meine Zeit in Indonesien vor einigen Jahren, noch vor meiner Zeit beim Auswärtigen Amt.

Auswärtiges Amt? Hier bin ich richtig.

Straßenszene in El Salvador.
Straßenszene in El Salvador.© AA/C. Assing

Ich heiße Christof und komme aus Weimar. Nach dem Abitur 2004 bin ich nach Hamburg gezogen und habe von dort aus als Kameratechniker und Beleuchter bei Film und Fernsehen gearbeitet. Spannende Produktionen für Kino und TV haben mich ein knappes Jahrzehnt lang um die halbe Welt geführt und mit faszinierenden Menschen atemberaubende Orte entdecken lassen. Ich habe auf Gletschern und Meeren, in Wüsten und Wäldern gedreht, auf dem eigens für uns abgesperrten Eiffelturm, in den Katakomben des Tempelhofer Flughafens, in den heiligen Hallen der Babelsberger Filmstudios und und und. Bei Regen, Hitze, Schnee und Sturm. Momente und Begegnungen, die ich mein Leben nicht vergessen werde. Und doch war es schließlich für mich an der Zeit, dem unsteten Dasein als Freiberufler „Lebwohl“ zu sagen. Nach einem Jahr Timeout als Manager eines kleinen Strandhotels im Dschungel der indonesischen Insel Sulawesi bewarb ich mich für die Ausbildung im Mittleren Auswärtigen Dienst - und wurde prompt und gegen meine eigenen Zweifel tatsächlich angenommen! In den darauffolgenden Monaten der Ausbildung wurde mir mehr und mehr klar: Hier bin ich richtig! Doch was heißt im Auswärtigen Amt schon „hier“? Hier ist überall!

Die Sicherheitslage ist schwierig

Kathedrale von Santa Ana/El Salvador.
Kathedrale von Santa Ana/El Salvador.© AA/C. Assing

El Salvador ist mein „hier“ für die nächsten vier Jahre. Und erst einmal weckt der Name dieses kleinen Landes ambivalente Assoziationen, denn es steht in dem zweifelhaften Ruf, eines der gefährlichsten der Welt zu sein. Allemal eines der Schwerstbewaffneten. Drogenhandel, Schutzgelderpressung, Korruption und Mord sind an der Tagesordnung. Daher gehört El Salvador zu den Ländern, die wir im Auswärtigen Amt der „C-Kategorie“ zuordnen, also jene mit den schwersten Lebensbedingungen. Und auch wenn sich das Leben der Botschaftsangehörigen und Expats zumeist in den eher sicheren Gegenden im Westen der Stadt abspielt - absolute Sicherheit gibt es nie. An einem meiner ersten Sonntage im Land beschließe ich, in einem nahegelegenen Park spazieren zu gehen, noch vom Fieber jenes Infekts geschwächt, der mich hier breit grinsend willkommen geheißen hat. Schon nach wenigen Minuten werde ich Zeuge eines Raubüberfalls und kann mich glücklich schätzen, nicht selbst zum Opfer geworden zu sein. Nach meinem Auslandspraktikum im geradezu paradiesisch sicheren Oman werde ich mich hier an strikte Verhaltensregeln halten müssen. Auch diese Selbstdisziplin wird von nun an zu meinem Leben gehören.

Sich einlassen auf das Gastland

Und dennoch: Mit der richtigen Planung lässt sich Zentralamerika durchaus entdecken - und die schmale Landzunge zwischen Nord- und Südamerika hat einiges zu bieten! Vulkane, Seen, Mayaruinen, Regenwälder, Postkartentraumstrände in der Karibik und Surfparadiese am Pazifik, indigene Bergdörfer, den melancholischen Charme der kolonialen Epoche, aber auch ein pulsierendes Nachtleben in Metropolen wie Managua, Guatemala City und nicht zuletzt San Salvador. Während ich diese Zeilen schreibe, an einem Sonntagnachmittag, bietet sich mir wie zur Bestätigung ein alltägliches und doch faszinierendes Schauspiel. Zu den hektischen Rhythmen kubanischen Salsas aus meinem Radio kreist ein Geier über der Stadt und besieht sich das stickige Chaos aus Autos und Menschen von oben, sicher nicht ohne auf eine Gelegenheit zu hoffen. Ein Kolibri brummt zwischen den Blüten auf meiner Terrasse im Zickzack auf und ab. Das Hupkonzert 17 Stockwerke tiefer wird umso lauter, je mehr die tropische Sonne die Stadt aufheizt, die Abgase uralter Autobusse und die brütende Hitze des Tages San Salvador langsam aber erbarmungslos einköcheln, bis schließlich wilde Stürme über den Vulkan Boquerón heranpeitschen, zornig Blitze und Windhosen schleudernd wie der leibhaftige Mayagott Chaac. Mit vernehmlicher Erleichterung saugt das Land den kühlen Nachmittagsregen auf. Der ebenso plötzlich hinter den Bergen im Westen verschwindet wie er aufgetaucht ist.

Zusammenhalt und Engagement

Gerade in einem schwierigen Land und an einer kleinen Auslandsvertretung wie in El Salvador ist der Zusammenhalt unter den Kollegen besonders wichtig. Der Vorteil einer kleinen Botschaft ist aber auch noch ein anderer: Hier werden absolute Allrounder gebraucht! Von der Ausstellung von Reisepässen und der Betreuung deutscher Inhaftierter, der Bearbeitung von Visaanträgen über die Verwaltung und Buchhaltung bis hin zur Fahrerplanung, IT-Betreuung, Fernmeldestelle, rund-um-die Uhr-Bereitschaftsdienst und Repräsentierung der Botschaft bei gesellschaftlichen Anlässen fallen vielfältigste und abwechslungsreiche Aufgaben an. Langweilig wird mir die kommenden vier Jahre, die El Salvador mein „hier“ sein wird, also ganz sicher nicht!

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