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Praktikum in Helsinki: Die Finnen und ich (Ann Kristin, KSA '10)
Esplanade-Park in Helsinki, © picture alliance /Lehtikuva
Im neunmonatigen Auslandspraktikum können die Anwärter im gehobenen Dienst erstmals erleben, was es bedeutet, im Dienst der Bundesrepublik ins Ausland zu gehen. Ann Kristin berichtet über ihre ersten Eindrücke aus dem Auslandspraktikum.
„Nördlicher ging es nicht mehr, oder?“ „Du weißt schon, dass es da kalt ist?“ „Da gibt’s unglaublich viele Mücken!“ „Da wohnt der Weihnachtsmann!“ Diese und ähnliche Kommentare äußerten Freunde und Verwandte als erste Reaktion auf meine Postenwahl für das neunmonatiges Auslandspraktikum – Helsinki.
Während meine Mutter loszog, um lange Unterhosen in rauen Mengen zu erstehen, und meine Schwester anmerkte, dass sie mich zwar überall besuchen würde, aber eigentlich lieber in New York oder der Karibik, begann ich damit, meinen Umzug zu organisieren. Schnell lernte ich, dass es nicht damit getan ist, seinen Koffer zu packen und sich ins Flugzeug zu setzen. Zunächst musste ein gefühlter 5 Meter hoher Stapel Formulare ausgefüllt und alle möglichen Dinge beantragt, mitgeteilt oder unterschrieben werden. Nachdem diese Hürde genommen war und ich mindestens 5 Kilo Über-Handgepäck ins Flugzeug geschmuggelt hatte, ging es los. Bis bald Berlin, hallo Helsinki!
Am Flughafen wurden mein Gepäck und ich vom Kanzler der Vertretung in Empfang genommen. Auf dem Weg zur Botschaft hatte ich die Gelegenheit, einen ersten Blick auf meine neue Heimat zu werfen, und sah: Schnee. Sehr viel Schnee, um genau zu sein. Da ich in diesem Moment noch nicht ahnte, dass sich an dieser Aussicht bis Mitte April nicht viel ändern würde, lehnte ich mich entspannt zurück, bis wir das Botschaftsgelände auf der Insel Kuusisaari erreichten. Die folgenden Wochen vergingen wie im Flug: Viele neue Kollegen, meine erste Arbeitsstation in der Verwaltung, Abendessen, Empfänge, Eingewöhnung. Nach und nach erkundete ich, dick eingepackt in Wintermantel, Schal, Mütze und ja, den langen Unterhosen meiner Mutter, die Stadt und die Umgebung.
Neben vielen Kunst- und Designmuseen mit interessanten Ausstellungen (Helsinki ist die Welthauptstadt des Designs 2012) hat Helsinki zu meiner Begeisterung viele Konzerte meiner Lieblingssänger und Bands zu bieten. Auch die Nichtexistenz langer weißer Strände, die ich regelmäßig neidvoll auf Bildern meiner Kollegen in den wärmeren Gefilden auf Facebook betrachtete, ließ sich in der nach Holz duftenden, gemütlichen finnischen Sauna wesentlich leichter ertragen. Auch bei meinem ersten Langlaufskiversuch kam ich ordentlich ins Schwitzen. Außerdem bietet Finnland im Winter ein paar ganz besondere Abenteuer wie zum Beispiel das Eislochbaden, Eishockeyspiele in der Hartwall-Arena (momentan finden hier die Weltmeisterschaften statt) oder Skispringen in Lahti. Ausflüge nach Tallinn, St. Petersburg, Moskau und Stockholm sind von hier mit Bahn oder Fähre ebenfalls unkompliziert zu bewerkstelligen.
Die Arbeit an der Botschaft ist sehr abwechslungsreich. Nach Verwaltung und RK bin ich nun im Kultur- und Pressereferat eingesetzt und darf viele spannende Veranstaltungen begleiten. Da die Vertretung relativ klein ist, hat man die Möglichkeit, flexibel zwischen den Referaten zu rotieren und sich dort nützlich zu machen, wo gerade Hilfe benötigt wird.
Inzwischen hat der Frühling auch in Helsinki Einzug gehalten (heute: 14 °C!), sodass ich auf meiner riesigen Terrasse die Natur und ein gutes Buch genießen kann. Meist ist dies momentan mein Finnischlehrbuch, durch das ich mich neben meinem Sprachkurs mit mäßigem Erfolg durcharbeite. Praktischerweise wird es auch fast gar nicht mehr richtig dunkel, sodass man bei Bedarf bis spät abends ohne Beleuchtung draußen ausharren kann.
Die Finnen selbst sind ein sehr sympathisches und entspanntes Volk mit einer Affinität zu interessanten Haarfarben, ganz eigenen Festivitäten, Karaoke, einem Lakritzschnaps namens Salmiaki, der Natur und Nummern ziehen (an der Käsetheke, in der Apotheke, im Reisebüro, überall). Auch wenn ich nicht alle diese Vorlieben teile, fühle ich mich hier sehr wohl und genieße das Gefühl, dass jeder hier er oder sie selbst bleiben darf.