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Die Entwicklung der GASP
Von 1970 an koordinierten sich die EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ); diese Koordination bestand im Wesentlichen aus einem reinen Informationsaustausch in außenpolitischen Fragen. Die EPZ wurde ab 1986 mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) auf eine völkerrechtliche Grundlage gestellt; die Sicherheits- und Verteidigungspolitik blieb noch ausgeklammert.
Der Vertrag von Maastricht
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, oder kurz „GASP“, wie wir sie heute kennen, wurde mit dem Vertrag von Maastricht 1992 (in Kraft getreten 1993) in das europäische Vertragswerk aufgenommen. Der Vertrag von Maastricht stellte einen Meilenstein in der Geschichte der Europäischen Union dar. Die EU-Mitgliedstaaten waren sich einig, , dass sich die Union nicht nur auf einen integrierten Wirtschafts- und Währungsraum und einen gemeinsamen Binnenmarkt „stützen“ kann. Hinzukommen sollte eine gemeinsame Handlungsfähigkeit auch in außen- und sicherheitspolitischen Fragen. So wurden zusätzlich zur „Wirtschaftsgemeinschaft“ („erste Säule“) Bestimmungen zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik („zweite Säule“) sowie zur Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres („dritte Säule“) in das Vertragswerk aufgenommen. „GASP-Instrumente“ waren zu diesem Zeitpunkt die Formulierung von „gemeinsamen Standpunkten“ sowie „gemeinsame Aktionen“.
Der Vertrag von Amsterdam
Insbesondere in den Jugoslawienkriegen in den neunziger Jahren trat die außenpolitisch noch immer geringe Handlungsfähigkeit der EU offen zutage. Deswegen wurde im Vertrag von Amsterdam, der 1999 in Kraft trat, der „zweiten Säule“ eine sicherheits- und verteidigungspolitische Dimension hinzugefügt. So wurden unter anderem die so genannten „Petersberg-Aufgaben“ der Westeuropäischen Union (WEU), einem bis Juni 2011 bestehendem, westeuropäischen Verteidigungsbündnis, in den EU-Vertrag aufgenommen (1. humanitäre Aufgaben, 2. Rettungseinsätze, 3. friedenserhaltende Aufgaben sowie 4. Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen.)
Das heißt, die EU schuf sich zunächst mangels eigener Krisenmanagement-Instrumente die Möglichkeit, die WEU mit diesen Aufgaben zu beauftragen. Der Amsterdamer Vertrag führte zudem als neues GASP-Instrument die „gemeinsame Strategie“ ein. Außerdem wurde die Stelle des Hohen Vertreters für die GASP – in Personalunion Generalsekretär des Rates – geschaffen Er wurde bei seiner Arbeit durch eine neu geschaffene Strategie- und Frühwarneinheit (Policy Unit) im Ratssekretariat unterstützt. Aufgabe des Hohen Vertreters war die Vertretung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU und die Unterstützung der jeweiligen Ratspräsidentschaft der EU in ihren Kontakten zu Drittstaaten.
Der Vertrag von Nizza und die Europäische Sicherheitsstrategie
In den kommenden Jahren wurden die sicherheits- und verteidigungspolitischen Instrumente der EU kontinuierlich aufgebaut. Mit dem Vertrag von Nizza im Jahr 2000 (in Kraft getreten 2001) wurden die im Vertragswerk enthaltenen sicherheits- und verteidigungspolitischen Bestimmungen in eine eigenständige Politik, die so genannte „Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (ESVP) umgewandelt: Damit schuf die EU die institutionellen Voraussetzungen, um die „Petersberg-Aufgaben“ eigenständig durchführen und ziviles und militärisches Krisenmanagement betreiben zu können. Die hierfür erforderlichen Instrumente wurden geschaffen, unter anderem das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK), der Militärausschuss der EU (EUMC) und der Militärstab der EU (EUMS) und die Politisch-Militärische Gruppe (PMG), aber auch der Ausschuss für die zivilen Aspekte des Krisenmanagements (CIVCOM).
Erhebliche Neuerungen durch den Vertrag von Lissabon
Der Vertrag von Lissabon (in Kraft seit 1. Dezember 2009) hat erhebliche Neuerungen in den GASP-Strukturen mit sich gebracht, die ganz wesentlich auch die Rolle des Hohen Vertreters betreffen: Mit dem Vertrag von Lissabon wurde der Hohe Vertreter von den Strukturen des Ratssekretariates getrennt. Für ihn wurde ein eigener Unterbau, der Europäische Auswärtige Dienst (EAD, beziehungsweise European External Action Service – EEAS), geschaffen, der eine neue, eigenständige Einrichtung der Europäischen Union darstellt. Gleichzeitig wurden durch den „Doppelhut“ des Hohen Vertreters für die GASP, der gleichzeitig Kommissar für Außenhandeln und Vizepräsident der Kommission ist, die GASP und das Außenhandeln der Kommission unter einer koordinierenden Person zusammengefasst, um eine maximale Kohärenz des EU-Außenhandelns zu erreichen. Die Position des Hohen Vertreters für die GASP wurde damit erheblich gestärkt.
Die Globale Strategie
Über zehn Jahre nach der Verabschiedung der Europäischen Sicherheitsstrategie haben sich die außen- und sicherheitspolitischen Parameter für die EU verändert: Die EU hat mittlerweile 27, also fast doppelt so viele Mitglieder; der Vertrag von Lissabon hob den EAD aus der Taufe, zahlreiche regionale Strategien unterfüttern das EU-Außenhandeln; neue Bedrohungen sind entstanden. Die Europäische Sicherheitsstrategie war institutionell überholt.
Der Europäische Rat beauftragte daher die Hohe Vertreterin mit der Erarbeitung einer neuen Sicherheitsstrategie, die den Fokus auf die fünf folgenden Ziele legte: Frieden und Sicherheit, Wohlstand einschließlich Umsetzung der Agenda 2030 der VN, Stärkung der Widerstandskraft europäischer Demokratien sowie aktives Eintreten für eine regelbasierte Ordnung.
Die Umsetzung dieser EU-Interessen soll mittels eines pragmatischen Ansatzes erfolgen, auf Basis der Prinzipen Zusammenhalt der EU, Interaktion mit anderen Akteuren, Verantwortungsbewusstsein (insbesondere mit Blick auf die Wahrung von Menschenrechten) sowie Offenheit für neue Partnerschaften.
Die Global Gateway-Strategie
Die Global-Gateway-Strategie 2021 bildet den Rahmen für die Auslandsinvestitionen der EU in einem sich wandelnden internationalen Kontext. Um eine nachhaltige Option für globale Infrastrukturinvestitionen zu schaffen, hat die EU im Jahr 2021 eine Global Gateway-Strategie konzipiert. Diese Initiative soll zur Schließung der weltweiten Investitionslücke beitragen und eine wertebasierte, hochwertige und transparente Infrastrukturpartnerschaft darstellen, mit der der globale Infrastrukturentwicklungsbedarf gedeckt werden soll. Die Strategie steht mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und ihren Zielen für nachhaltige Entwicklung sowie mit dem Pariser Klimaabkommen in Einklang.
Im Dezember 2022 hat die Europäische Kommission gemeinsam mit den Außenministerinnen und Außenministern aller EU-Mitgliedstaaten über das erste Jahr der Umsetzung der Strategie Bilanz gezogen und die Prioritäten für die Zusammenarbeit im Jahr 2023 festgelegt. Die Strategie soll intelligente, saubere und sichere Verbindungen für Digitalisierung, Energie und Verkehr fördern sowie die Gesundheits-, Bildungs- und Forschungssysteme weltweit stärken. Ziel ist es, bis 2027 Investitionen in Höhe von 300 Milliarden Euro zu mobilisieren.
Der Strategische Kompass der EU
Am 21. März 2022 hat der Rat den „Strategische Kompass“ als neues, sicherheitspolitisches Grundlagendokument angenommen. Der ehrgeizige Aktionsplan zielt auf die Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU bis 2030 ab. Unter Rückgriff auf den breiten Instrumentenkasten der EU im Bereich Sicherheit und Verteidigung soll er dazu beitragen, die Handlungsfähigkeit Europas zu steigern. Der SK soll unterhalb der Ebene der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU (2016) Ausrichtung und Ambitionsniveau europäischer Sicherheitspolitik durch konkrete Vorgaben definieren. Darüber hinaus soll der SK dazu beitragen, fehlende Schnittstellen der GSVP zu Themenfeldern wie Resilienz, hybride Bedrohungen, Cybersicherheit und Neue Technologien herauszubilden.