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Die Entwicklung der GASP

09.06.2015 - Artikel

Von 1970 an koordinierten sich die EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ); diese Koordination bestand im Wesentlichen aus einem reinen Informationsaustausch in außenpolitischen Fragen. Die EPZ wurde ab 1986 mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) auf eine völkerrechtliche Grundlage gestellt; die Sicherheits- und Verteidigungspolitik blieb noch ausgeklammert.

Der Vertrag von Maastricht

Die GASP, wie wir sie heute kennen, wurde mit dem Vertrag von Maastricht 1992 (in Kraft getreten 1993) begründet beziehungsweise in das europäische Vertragswerk aufgenommen. Der Vertrag von Maastricht stellte eine „neue Stufe“ bei der Verwirklichung der Europäischen Union dar. Es bestand zwischen den EU-Mitgliedstaaten Einigkeit, dass sich eine derartige (politische) Union nicht nur auf einen integrierten Wirtschafts- und Währungsraum und einen gemeinsamen Binnenmarkt „stützen“ kann. Hinzukommen sollte eine gemeinsame Handlungsfähigkeit auch in außen- und sicherheitspolitischen Fragen. So wurden zusätzlich zur „Wirtschaftsgemeinschaft“ („erste Säule“) Bestimmungen zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik („zweite Säule“) sowie zur Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres („dritte Säule“) in das Vertragswerk aufgenommen. „GASP-Instrumente“ waren zu diesem Zeitpunkt die Formulierung von „gemeinsamen Standpunkten“ sowie „gemeinsame Aktionen“.

Der Vertrag von Amsterdam

Insbesondere in den Jugoslawienkriegen in den neunziger Jahren trat die geringe Handlungsfähigkeit der EU offen zutage. Vor diesem Hintergrund wurde im Vertrag von Amsterdam, der 1999 in Kraft trat, der „zweiten Säule“ eine sicherheits- und verteidigungspolitische Dimension hinzugefügt. So wurden unter anderem die so genannten „Petersberg-Aufgaben“ der Westeuropäischen Union (WEU) in den EU-Vertrag aufgenommen (1. humanitäre Aufgaben, 2. Rettungseinsätze, 3. friedenserhaltende Aufgaben sowie 4. Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen.)

Das heißt, die EU schuf sich zunächst mangels eigener Krisenmanagement-Instrumente die Möglichkeit, die WEU mit diesen Aufgaben zu beauftragen. Der Amsterdamer Vertrag führte zudem als neues GASP-Instrument die „gemeinsame Strategie“ ein. Außerdem wurde die Stelle des Hohen Vertreters für die GASP – in Personalunion Generalsekretär des Rates – geschaffen, ein Amt, das von 1999 bis 2009 der Spanier Javier Solana innehatte. Er wurde bei seiner Arbeit durch eine neu geschaffene Strategie- und Frühwarneinheit (Policy Unit) im Ratssekretariat unterstützt. Aufgabe des Hohen Vertreters war die Vertretung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU und die Unterstützung der jeweiligen Ratspräsidentschaft der EU in ihren Kontakten zu Drittstaaten.

Der Vertrag von Nizza und die Europäische Sicherheitsstrategie

In den kommenden Jahren wurden die sicherheits- und verteidigungspolitischen Instrumente der EU aufgebaut. Ein wichtiger Schritt hierfür war ein Kurswechsel der britischen Politik, die auf dem französisch-britischen Gipfel in St. Malo 1998 ihre Vorbehalte gegen eine nicht in die NATO integrierte, europäische Krisenbewältigungskomponente aufgab. Mit dem Vertrag von Nizza im Jahr 2000 (in Kraft getreten 2001) wurden die im Vertragswerk enthaltenen sicherheits- und verteidigungspolitischen Bestimmungen in eine eigenständige Politik, die so genannte „Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (ESVP) umgewandelt: Damit schuf die EU die institutionellen Voraussetzungen, um die „Petersberg-Aufgaben“ eigenständig durchführen und ziviles und militärisches Krisenmanagement betreiben zu können. Die hierfür erforderlichen Instrumente wurden geschaffen, unter anderem das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK), der Militärausschuss der EU (EUMC) und der Militärstab der EU (EUMS) und die Politisch-Militärische Gruppe (PMG), aber auch der Ausschuss für die zivilen Aspekte des Krisenmanagements (CIVCOM).

Unter dem Eindruck der Terroranschläge des 11. September 2001 und der Differenzen innerhalb der EU im Rahmen der Irak-Krise erkannte die EU die Notwendigkeit einer gemeinsamen Strategie als Grundlage für die Ausrichtung der GASP. Im Dezember 2003 verabschiedeten daraufhin die Staats- und Regierungschefs der EU die Europäische Sicherheitsstrategie (ESS).

Erhebliche Neuerungen durch den Vertrag von Lissabon

Der Vertrag von Lissabon (in Kraft seit 1. Dezember 2009) hat erhebliche Neuerungen in den GASP-Strukturen mit sich gebracht, die ganz wesentlich auch die Rolle des Hohen Vertreters betreffen: Mit dem Vertrag von Lissabon wurde der Hohe Vertreter von den Strukturen des Ratssekretariates getrennt. Für ihn wurde ein eigener Unterbau, der Europäische Auswärtige Dienst (EAD, beziehungsweise European External Action Service – EEAS), geschaffen, der eine neue, eigenständige Einrichtung der Europäischen Union darstellt. Gleichzeitig wurden durch den „Doppelhut“ des Hohen Vertreters für die GASP, der gleichzeitig Kommissar für Außenhandeln und Vizepräsident der Kommission ist, die GASP und das Außenhandeln der Kommission unter einer koordinierenden Person zusammengefasst, um eine maximale Kohärenz des EU-Außenhandelns zu erreichen. Die Position des Hohen Vertreters für die GASP wurde damit erheblich gestärkt.

Die Globale Strategie

Über zehn Jahre nach der Verabschiedung der Europäischen Sicherheitsstrategie haben sich die außen- und sicherheitspolitischen Parameter für die EU verändert: Die EU hat mittlerweile 27, also fast doppelt so viele Mitglieder; der Vertrag von Lissabon hob den EAD aus der Taufe, zahlreiche regionale Strategien unterfüttern das EU-Außenhandeln; neue Bedrohungen sind entstanden. Die Europäische Sicherheitsstrategie war institutionell überholt.
Der Europäische Rat beauftragte daher die Hohe Vertreterin mit der Erarbeitung einer neuen Sicherheitsstrategie: Im Juni 2016 stellte die Hohe Vertreterin, Federica Mogherini, die EU Globale Strategie vor, die unter dem Titel „Gemeinsame Vision, gemeinsames Handeln: Ein stärkeres Europa“ steht
Die globale Strategie legt den Fokus auf die fünf folgenden Ziele: Frieden und Sicherheit, Wohlstand einschließlich Umsetzung der Agenda 2030 der VN, Stärkung der Widerstandskraft europäischer Demokratien sowie aktives Eintreten für eine regelbasierte Ordnung.

Die Umsetzung dieser EU-Interessen soll mittels eines pragmatischen Ansatzes erfolgen, auf Basis der Prinzipen Zusammenhalt der EU, Interaktion mit anderen Akteuren, Verantwortungsbewusstsein (insbesondere mit Blick auf die Wahrung von Menschenrechten) sowie Offenheit für neue Partnerschaften.

 

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