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Menschenrechtsbeauftragte Kofler anlässlich anstehender Verfahrensschritte der türkischen Justiz betreffend Osman Kavala sowie Eren Keskin und ihre Mitangeklagten

14.12.2020 - Pressemitteilung

Am 15. Dezember berät der türkische Verfassungsgerichtshof über die Beschwerde des türkischen Unternehmers und Stiftungsgründers Osman Kavala gegen seine andauernde Untersuchungshaft. Am 18. Dezember findet die erste Gerichtsverhandlung im Zusammenhang mit dem neuen Ermittlungsverfahren gegen Kavala statt. Weiterhin ist für den 24. Dezember der nächste Verhandlungstag im sogenannten Özgür-Gündem-Hauptverfahren gegen die renommierte Menschenrechtsanwältin Eren Keskin und ihre drei Mitangeklagten angesetzt.

Anlässlich anstehender Verfahrensschritte der türkischen Justiz betreffend Osman Kavala sowie Eren Keskin und ihre Mitangeklagten erklärte die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Bärbel Kofler, heute (14.12.):

Die Befassung des türkischen Verfassungsgerichts mit der Beschwerde von Osman Kavala ist ein lange überfälliger Schritt. Ich erinnere daran, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits vor über einem Jahr seine anhaltende Inhaftierung als unbegründet angesehen hat. Den starken Verdacht, dass Kavalas weitere Untersuchungshaft im neuen Ermittlungsverfahren einen fortgesetzten Verstoß gegen das rechtskräftige EGMR-Urteil vom 10. Dezember 2019 darstellt, konnte die Türkei bisher nicht ausräumen. Ich rufe daher die türkische Justiz dazu auf, die Rechtsprechung des EGMR umfassend zur würdigen und umzusetzen.

Ich wiederhole zudem meinen Appell an die türkische Justiz, Eren Keskin und ihren Mitangeklagten faire, rechtstaatliche Verfahren zu gewähren – so, wie es den internationalen Verpflichtungen der Türkei entspricht.

Hintergrund

Der Leiter der türkischen Kulturstiftung Anadolu Kültür, Osman Kavala, ist seit dem 18.10.2017 inhaftiert. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wertete die lange Untersuchungshaft von Osman Kavala am 10.12.2019 als einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und forderte seine umgehende Freilassung. Diese Entscheidung erlangte am 11.05.2020 Rechtskraft, als der Antrag der Türkei, die Große Kammer des EGMR mit der Frage erneut zu befassen, nicht angenommen wurde. Osman Kavala war am 18.02.2020 von einem Istanbuler Gericht freigesprochen worden, wurde aber umgehend auf Grundlage anderer Vorwürfe wieder festgenommen. Die am 09.10.2020 angenommene Anklageschrift enthält keine neuen Beweise.
Die Menschenrechtsanwältin Eren Keskin, Gründungsmitglied und langjährige Vorsitzende des Menschenrechtsvereins in der Türkei (IHD) war von 2013 bis 2016 Chefredakteurin der inzwischen verbotenen Zeitung „Özgür Gündem“. Sie hatte dieses Amt in symbolischer Weise und aus Solidarität mit der in Bedrängnis geratenen linkskurdischen Zeitung übernommen. Vorwürfe im Özgür-Gündem-Hauptverfahren sind die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung mit einem Strafmaß von bis zu 15 Jahren sowie Terrorpropaganda und Störung der Einheit und territorialen Integrität der Türkei. Weiterhin mitangeklagt sind Zana Bilir Kaya, İnan Kızılkaya und Kemal Sancılı; Filiz Koçali, Aslı Erdoğan, Necmiye Alpay und Bilge Aykut wurden bereits freigesprochen.

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