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„Eine gigantische Aufgabe“

27.03.2020 - Interview

Frank Hartmann, Krisenbeauftragter des Auswärtigen Amts, im Interview mit der DPA zu den Hilfsmaßnahmen für gestrandete Urlauberinnen und Urlauber.

Zehntausende Deutsche sind aus den Hauptferienzielen nach Hause zurückgeholt worden. Aber fängt die wirkliche Herausforderung nicht erst jetzt an, wenn es um Individualreisende in kleineren Ländern in Afrika oder Asien geht?

Das ist eine gigantische Aufgabe. Wir haben angefangen mit Ländern, wo besonders viele Touristen sind: Marokko, Ägypten mit 35 000 Urlaubern, die Philippinen, als nächstes kommen Thailand und Südafrika. Dort ist die Aktion zwar sehr umfangreich, aber logistisch relativ einfach. Schwieriger wird es bei den Ländern, die nur kleine Gruppen von versprengten Abenteuerurlaubern haben. Wir können nicht nur zehn Leute irgendwo abholen, sondern versuchen regional Gruppen zu bilden. Zum Beispiel werden die Touristen von den pazifischen Inseln in Neuseeland zusammengezogen und dann ausgeflogen. Je versprengter die Touristen in einzelnen Ländern sind, desto schwieriger wird das.

Gibt es da eine Kooperation mit anderen Regierungen?

Ja. Mein französischer Kollege hat mir zum Beispiel angeboten, deutsche Touristen aus Haiti und Nepal mitzunehmen, und uns dafür gebeten, Franzosen aus Australien auszufliegen. Das machen wir bilateral, aber wir koordinieren das auch über Brüssel. Da gibt es eine Datenbank in der eingetragen wird, welcher Staat welche Bedürfnisse hat und wer Plätze in Flugzeugen anbieten kann. Das ist wie auf einer Börse, ein Geben und Nehmen. Uns ist die europäische Solidarität da sehr wichtig.

Gibt es Länder, aus denen deutsche Touristen gar nicht mehr wegkommen?

Im Grunde sind viele Länder erleichtert, wenn die Touristen abfliegen. Sie können sie auf Dauer dort nicht halten, sie wollen ja auch ihre Hotels schließen. Aber sie haben hohe Hürden dafür aufgebaut, wie manche Länder in Südamerika, die die Flughäfen komplett geschlossen haben. Das hat uns beispielsweise in Peru vor große Probleme gestellt, weil dort nur noch ein Militärflughafen mit geringen Abfertigungskapazitäten zur Verfügung stand.

Wie lange wird die Aktion noch dauern?

Ich bin sicher, dass wir zwei Wochen noch sehr intensiv damit beschäftigt sind und dann werden Einzelfälle bleiben, die schwer zu lösen sind.

Die weltweite Reisewarnung für touristische Reisen gilt zunächst bis Ende April. Muss sie danach verlängert werden?

Wie lange das dauert, kann niemand vorhersehen. Aber wir werden danach nicht unmittelbar zu der Normalsituation vor Corona zurückkehren. Ich denke, dass die Reisegewohnheiten grundlegend überdacht werden im Lichte der Krise. Die Zeit nach Corona wird eine ganz andere sein als vorher. Wir werden nicht gleich wieder einen internationalen Flugverkehr haben, wie wir ihn bisher kannten.

In einigen Ländern ist die Aktion schon abgeschlossen. Was ist mit den Touristen, die die Rückholflüge verpasst haben?

Wir gehen am Ende die Länder noch einmal durch. Wir schließen nicht aus, dass wir dann in den Hauptferienzielen wie Ägypten oder Marokko dann doch noch mal gestrandete Personen abholen. Wir können aber nicht garantieren, dass am Ende jeder, der irgendwo auf der Welt unterwegs ist, auch abgeholt wird. Das ist angesichts der Lage in einigen Ländern kaum leistbar, auch wenn wir uns um jeden Einzelnen bemühen.

In einigen Ländern gibt es eine Legendenbildung, dass das Virus von Europäern eingeschleppt worden sei. Sind Ihnen Anfeindungen gegen Deutsche bekannt?

Es gab einige Anfeindungen in manchen Ländern, in denen kursierte, dass das Virus von Europäern eingeschleppt worden sei. Es gab auch tätliche Angriffe. Das sind aber Einzelfälle. Die große Sorge, dass ein anti-europäischer Rassismus in der Krise entstehen könnte, die sehe ich nicht.

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