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Rede von Staatsminister Niels Annen im Deutschen Bundestag zur ersten Lesung der Verlängerung des KFOR-Mandats

07.06.2018 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Herr Präsident,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,

erst kürzlich hat der Reiseführer „Lonely Planet“ die Republik Kosovo als eines der Top-Reiseziele für das Jahr 2018 ausgewählt. Wer hätte das noch vor einigen Jahren für möglich gehalten?

Heute, fast 20 Jahre nach dem Ende des blutigen Krieges, wächst im westlichen Balkan wieder Demokratie, die Wirtschaft gewinnt an Stabilität und die Region wächst langsam zusammen. Zu Recht schaut die Welt inzwischen mit gesteigertem Interesse auf diese Region – davon zeugt nicht zuletzt die zunehmende Beliebtheit als Reiseziel.

Gleichwohl muss aber auch klar sein: Der Krieg ist immer noch nicht vollständig überwunden.

Wir haben ein vitales Interesse daran, den westlichen Balkan fest in Europa zu verankern. Das gilt für Serbien und Montenegro ebenso wie für Albanien und ejR Mazedonien.

Auch Kosovo hat sich in den vergangenen Jahren allmählich konsolidiert und wichtige Fortschritte gemacht: Wahlen laufen inzwischen geordnet ab, die Kosovo Police nimmt umfassende Polizeiaufgaben wahr, die kosovo-serbischen Gerichte und Staats-anwälte sind vollständig in die kosovarische Justiz integriert.

Dass all dies innerhalb von weniger als 20 Jahren gelungen ist, ist das Ergebnis der Bemühungen der Vereinten Nationen, der EU, der NATO und Partnern wie den USA. Und es ist auch das Verdienst unserer Soldatinnen und Soldaten, die im Rahmen von KFOR seit 1999 ihren Dienst leisten. Dafür gebühren ihnen unser Dank und unsere Anerkennung!

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die staatlichen Strukturen in Kosovo funktionieren noch nicht so, wie wir es uns wünschen. In der zweitjüngsten Nation der Welt gibt es nach wie vor erhebliche Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit, vor allem bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. Und die anhaltend hohe Arbeits-losigkeit, besonders unter Jugendlichen, ist eine große Bewährungsprobe.

Vor allem das Verhältnis zwischen Serbien und Kosovo bleibt schwierig. Die kosovarisch-serbischen Beziehungen haben sich dank des von der EU vermittelten Normalisierungsdialogs in den vergangenen Jahren deutlich verbessert.

Aber bis wir mit einer dauerhaften Entspannung des kosovarisch-serbischen Verhältnisses rechnen können, bleibt auch das Zusammenleben von Kosovo-Serben und Kosovo-Albanern spannungsgeladen. Daher ist die internationale Truppenpräsenz der KFOR nach wie vor erforderlich.

Insgesamt gesehen ist die Lage in Kosovo ruhig und stabil. Sie kann jedoch schnell eskalieren. Dies betrifft vor allem den Norden Kosovos. Wir haben dies in diesem Jahr bereits zweimal erlebt.

Ein Eingreifen der KFOR-Kräfte war dank des Bestrebens beider Länder auf Deeskalation nicht erforderlich.

Gleichwohl war und ist es wichtig, KFOR als stabilisierende Rückversicherung im Hintergrund zu wissen. Denn wir können nicht ausschließen, dass sich die Sicherheitslage durch einen unerwarteten Zwischenfall kurzfristig verschlechtert. Denn der Normalisierungsdialog fordert von beiden Seiten schmerzhafte Kompromisse.

Daher muss es bis auf weiteres auch möglich bleiben, dass KFOR ergänzend zu den kosovarischen Polizeikräften und zu der EU-Rechtsstaatsmission EULEX eingebunden wird.

In den kommenden zwölf Monaten wird die Präsenz deutscher Truppen in Kosovo weiter abnehmen. In den vergangenen Monaten waren durchschnittlich 440 deutsche Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Die Mandatsobergrenze von 800 Soldaten soll weiter beibehalten werden, um bei einer Verschlechterung der Sicherheitslage notfalls schnell und flexibel reagieren zu können.

KFOR ist der älteste noch andauernde Auslandseinsatz der Bundeswehr und zweifelsohne eine Erfolgsgeschichte. Auch wenn die Hoffnung besteht, dass sich in den nächsten Jahren die Sicherheitslage in der Region dauerhaft zum Besseren wendet: Der Einsatz bleibt derzeit ein wichtiges Element unseres Engagements für Frieden und Sicherheit auf dem westlichen Balkan.

Deshalb bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Namen der Bundesregierung um Ihre Zustimmung zur Verlängerung des Mandats.

Ich danke Ihnen.

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