Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts
Rede von Außenminister Johann Wadephul im Bundestag zur Verlängerung des UNMISS-Mandats
März 2025. Dschuba, Südsudan.
Nach Jahren eines zerbrechlichen Friedens, steht das ostafrikanische Land erneut am Rand eines Bürgerkriegs. Die Übergangsregierung droht zu scheitern. Die Lager von Präsident und Vizepräsident stehen sich erneut bewaffnet gegenüber. Die Zahl der Gewalttaten gegen Zivilisten erreicht einen 5-Jahres-Höchststand. 300.000 Menschen sind auf der Flucht. Wir hören von Hunger, von sexualisierter Gewalt, von Brandbomben und Luftangriffen auf Zivilisten. Der Krisenstab der Bundesregierung beruft die deutschen Diplomatinnen und Diplomaten vorübergehend zurück.
Das war im März. Seitdem hat sich die Sicherheitslage, zumindest in Dschuba, zum Glück leicht verbessert. Die Kolleginnen und Kollegen des Auswärtigen Dienstes sind wieder vor Ort.
Sehr verheerte Damen und Herren, der Südsudan ist das jüngste Land der Welt. Seit seiner Staatsgründung hat er zwei Phasen des Bürgerkriegs durchlitten. Und in seinem Nachbarland, dem Sudan, spielt sich zurzeit die schlimmste Hunger- und Vertreibungskrise unserer Zeit ab. Von dort suchen mehr als eine Million Menschen Schutz im Südsudan. In einem Land, das selbst mit einer humanitären Krise und andauernden gewaltsamen Konflikten zu kämpfen hat.
Fakt ist also: Fast 15 Jahre nach der Unabhängigkeit bleibt Südsudan einer der ärmsten und auch einer der fragilsten Staaten der Welt – und dies trotz der dort vorhandenen Ressourcen.
Nicht nur aus ethischen, aus menschlichen Gründen, können wir unsere Augen vor dem Leid im Südsudan und in der Region nicht verschließen. Mit unserer Hilfe zeigen wir den Zivilistinnen und Zivilisten in ihrer oft verzweifelten Lage, dass die Weltgemeinschaft sie nicht vergisst. Ein Akt der Verantwortung, und der Barmherzigkeit.
Aber es gibt auch realpolitische Gründe, warum wir uns um Krisen wie im Südsudan kümmern müssen. Denn ich bin überzeugt: Krisen und Konflikte, die wir ignorieren, von denen wir uns einbilden, sie würden uns nicht betreffen, die kommen früher oder später zu uns. Was wir also tun, das tun wir auch im wohlverstandenen Eigeninteresse. Wir sehen jetzt schon Fluchtbewegungen aus dem Sudan, aus dem Südsudan in Richtung der Nachbarländer. Nach Ägypten. In den Tschad.
Instabilität, liebe Kolleginnen und Kollegen, nimmt keine Rücksicht auf Grenzen. Sie breitet sich aus. Und deswegen ist Deutschland im Südsudan einer der größten humanitären Geber. Mit über 30 Millionen Euro allein in diesem Jahr – und zusätzlich über 200 Millionen Euro in der regierungsfernen Entwicklungszusammenarbeit.
Und wir beteiligen uns mit Bundeswehrsoldaten an der Blauhelmtruppe im Land: UNMISS. Sie leisten einen unerlässlichen Beitrag. Sie schützen Tag für Tag Menschenleben. Sie dokumentieren Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Sie helfen in Gestalt des militärischen Stabspersonals der Bundeswehr, ein aktuelles Lagebild zu erstellen.
Und ganz konkret helfen sie dabei, dass humanitäre Mittel da ankommen, wo sie am meisten gebraucht werden. Denn häufig führen besonders schwierige Sicherheitslagen und Zugangsbeschränkungen durch die Konfliktparteien dazu, dass humanitären Helfern der Weg verstellt ist.
Und zur Wahrheit gehört: Ja, das Deutsche UNMISS-Kontingent an Soldaten und Polizisten ist vergleichsweise klein und liegt von der Größe her unter dem anderer Truppen- und Polizeisteller. Aber deutsche Soldaten und Polizisten sind an ganz zentralen Stellen in der Mission eingesetzt: In Stäben, als Militärbeobachter oder in der Polizeikomponente.
Mit der Position des Police Commissioners stellt Deutschland seit August dieses Jahres wieder den ranghöchsten Polizisten der Mission. Weltweit gibt es bei den Vereinten Nationen nur vier Personen auf dieser Führungsebene. Auch dadurch wird das deutsche Engagement von anderen internationalen Partnern stark wahrgenommen und wertgeschätzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung beantragt Die Fortsetzung des Einsatzes der Bundeswehr bei UNMISS: Weil die gegenwärtige Lage im Südsudan so ist, wie sie ist. Weil nur eine Stabilisierung vor Ort Fluchtursachen bekämpfen kann. Weil die Fortführung unseres Engagements im Südsudan nicht nur eine materielle Entscheidung, sondern vielmehr ein sichtbares, internationales Zeichen unserer Verantwortung für Frieden, Sicherheit und internationale Stabilität ist.
Und das auch in einem Kontext, in dem wir uns aktuell auf der Weltbühne darum bewerben, im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Verantwortung übernehmen zu dürfen.
Lassen Sie uns mit dieser Verlängerung ein klares Signal senden: Dafür, dass uns die Krisen, Konflikte und humanitären Notlagen in anderen Gegenden der Welt etwas angehen. Dafür, dass Deutschland sich weiter für die Menschen im Südsudan, aber auch für die Handlungsfähigkeit der Vereinten Nationen einsetzt.