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USA: „Das kam nicht aus heiterem Himmel“
Außenminister Maas im Interview mit der Saarbrücker Zeitung zu den Vorfällen in Washington.
Frage: Herr Minister, was haben Sie angesichts der Bilder aus Washington empfunden?
Heiko Maas: Wie wahrscheinlich jeder überzeugte Demokrat zugleich Wut und Scham. Aber auch wenn niemand behaupten wird, er habe diese Bilder vorhergesagt: was gestern im Kapitol passiert ist, kam nicht aus heiterem Himmel. Es ist das Ergebnis jahrelanger Hetze, eines schamlosen und zynischen Politikstils, der oft genug keine Unterscheidung mehr zwischen Lüge und Wahrheit kennt, sondern nur noch den eigenen Vorteil. Heute müssen sich einige fragen, ob sie sich daran mitschuldig gemacht haben.
Frage: War das ein Putschversuch angestachelt von Donald Trump?
Maas: Es war ein Mob voller Verachtung für die demokratischen Institutionen, der den Kongress mit Gewalt daran hindern wollte, dem Willen der Wählerinnen und Wähler Folge zu leisten- und der sich darin vom Präsidenten darin unterstützt und bestärkt sehen durfte. Was Donald Trump damit bezweckt hat, sei dahingestellt.
Frage: Wie gefährlich ist die Lage noch?
Maas: Der Kongress hat die Bestätigung der Wahlergebnisse noch in der Nacht abgeschlossen und gezeigt, dass sich die amerikanische Demokratie so leicht nicht aushebeln lässt. Aber der Hass, die politische Aufstachelung, die Gewaltbereitschaft, die wir letzte Nacht gesehen haben, bleiben eine Bedrohung für die amerikanische Politik und Gesellschaft, auch über die Amtszeit von Donald Trump hinaus. Demokratie lebt vom Respekt vor der Wahrheit und vor fairen Spielregeln. Diese Fundamente hat Trump ausgehöhlt, und es wird viel Zeit und Arbeit kosten, sie wieder zu stärken.
Frage: Was erwarten Sie nun von Trump?
Maas: Der Anstand hätte es schon vor Wochen geboten, den Wahlsieg von Joe Biden klipp und klar anzuerkennen, so wie es alle Wahlverlierer in den USA zu unseren Lebzeiten getan haben. Diese Hoffnung habe ich bei Donald Trump nicht mehr. Zumindest scheint es nun, dass er sich einer friedlichen Amtsübergabe nicht mehr widersetzt. Wie groß der Schaden für die amerikanische Demokratie auf Dauer ist, hängt nun auch von denen ab, die ihm bis zuletzt die Treue gehalten haben: halten Sie auch in der Opposition an Trump und seinen Methoden fest oder kehren sie wieder auf dem Boden von Verfassung und Anstand zurück?
Frage: Welche Konsequenzen müssen auch in Deutschland noch gezogen werden?
Maas: Diese Ereignisse zeigen: Populistische Rhetorik ist kein Spiel, sie hat reale, tödliche Konsequenzen. Das muss ein Weckruf sein für alle Demokraten weltweit, auch hier in Deutschland: Schluss damit, rechten Hetzern hinterherzulaufen, mit Populisten zu liebäugeln und Verständnis für Verschwörungsideologen zu zeigen.