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Außenminister Gabriel zum Tod Liu Xiaobos
Mit Bestürzung habe ich heute vom Tod des chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo erfahren.
Wir trauern um einen außergewöhnlichen Menschen, der sich stets friedlich für Demokratie, Menschen- und Bürgerrechte eingesetzt hat. Kristallisiert hat sich sein furchtloses Denken in der „Charta 08“, die er maßgeblich verfasste. Sie begründete nicht nur die Verleihung des Friedensnobelpreises im Jahr 2010, sondern führte im Folgejahr auch zu seiner Verurteilung zu einer langjährigen Haftstrafe.
Liu Xiaobo und seine Frau hatten den sehnlichen Wunsch, nach Deutschland auszureisen. Ich bedauere zutiefst, dass diesem Wunsch nicht stattgegeben wurde. Ich sehe China jetzt in der Pflicht, der Frage, ob die schwere Krebserkrankung nicht viel früher hätte entdeckt werden können und müssen, auf eine glaubhafte und transparente Weise rasch nachzugehen.
Liu Xiaobo hinterlässt seine Ehefrau Liu Xia, die während der ganzen Zeit seiner Haft und seiner Krankheit hinter ihm stand. Wir wünschen ihr viel Kraft in dieser schweren Zeit und fordern die chinesische Regierung mit Nachdruck dazu auf, die Einschränkungen ihrer Bewegungs- und Kommunikationsfreiheit umgehend aufzuheben. Sie und ihr Bruder Liu Hui sollten umgehend nach Deutschland oder ein anderes Land ihrer Wahl ausreisen dürfen, wenn sie dies wünschen.
Hintergrund:
Der chinesische Schriftsteller Liu Xiaobo, geb. am 28. Dezember 1955, war Dozent an der Pädagogischen Universität Peking und seit 2003 Präsident des chinesischen Ablegers des PEN-Clubs.
Liu Xiaobo zählte zu den maßgeblichen Verfassern der am 10. Dezember 2008, dem internationalen Tag der Menschenrechte, veröffentlichten „Charta 08“. Diese Schrift fordert grundlegende demokratische Rechte wie Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit in China (https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2009/april/charta-08).
Liu wurde am 8. Dezember 2008, zwei Tage vor dem Erscheinen der „Charta 08“, festgenommen und am 23. Juni 2009 offiziell verhaftet. Nach Anklageerhebung im Juli verurteilte ihn das Erste Mittlere Volksgericht der Stadt Peking am 25. Dezember 2009 wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ zu elf Jahren Haft.
Am 10. Dezember 2010 verlieh das Nobelpreiskomitee Liu den Friedensnobelpreis. Aufgrund seiner Inhaftierung konnte Liu den Preis nicht persönlich in Oslo entgegennehmen. Auch seiner Ehefrau Liu Xia wurde die Ausreise zur Nobelpreisverleihung versagt.
Die Bundesregierung hat sich seit Jahren für eine Haftentlassung Liu Xiaobos eingesetzt. Daneben hat sie sich auch nach Bekanntwerden seines Wunsches zur Ausreise nach Deutschland und seiner Krankheit sehr für eine humanitäre Lösung ausgesprochen. Dazu gehörte das Angebot der Aufnahme Liu Xiaobos und seiner Angehörigen in Deutschland, dem von chinesischer Seite jedoch leider nicht zugestimmt wurde.
Erst im Juni 2017, als er bereits an Leberkrebs im Endstadium litt, wurde Liu Xiaobo ins Krankenhaus verlegt. Am 13.07.2017 ist er in einem Krankenhaus in Shenyang (Provinz Liaoning) gestorben.