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Verleihung des Verdienstordens des Landes Brandenburg an Rita Süssmuth: „Wegbereiterin der deutsch-polnischen Aussöhnung“

29.11.2016 - Rede

Rede des Koordinators der Bundesregierung für die deutsch-polnische zwischengesellschaftliche und grenznahe Zusammenarbeit, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, bei der Verleihung des Verdienstordens des Landes Brandenburg an Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Rita Süssmuth.

Rede des Koordinators der Bundesregierung für die deutsch-polnische zwischengesellschaftliche und grenznahe Zusammenarbeit, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, bei der Verleihung des Verdienstordens des Landes Brandenburg an Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Rita Süssmuth.

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Liebe Frau Dr. Ulrike Gutheil!
Verehrte Gäste aus dem Bundestag, dem Auswärtigen Amt und den Einrichtungen der deutsch-polnischen Zusammenarbeit!
Und vor allem: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Rita Süssmuth!
Sehr geehrte Damen und Herren,

der Verdienstorden des Landes Brandenburg 2016 wurde im Juni diesen Jahres hier im Hause an 17 ausgezeichnete Persönlichkeiten verliehen. Leider konnten Sie, verehrte Frau Prof. Süssmuth, an der damaligen Feierstunde nicht teilnehmen. Um so mehr freut es mich, Ihnen heute den Verdienstorden unseres Landes persönlich überreichen zu können.

Meine Damen und Herren,

Rita Süssmuth ist das Kind einer Wuppertaler Lehrerfamilie. Da ist es nicht erstaunlich, dass sie ein Studium der Romanistik und Geschichte in Münster, Tübingen und Paris aufnahm und 1961 mit dem Staatsexamen für das Lehramt beendete. Es folgten die typischen Stationen einer wissenschaftlichen Laufbahn: Postgraduiertenstudium der Erziehungswissenschaft, Soziologie und Psychologie mit Abschluss Promotion an der Universität Münster; wissenschaftliche Assistenz an verschiedenen deutschen Hochschulen und schließlich der Ruf als ordentliche Professorin für Erziehungswissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Ruhr in Bochum und später an andere Universitäten. Damals begann auch ihre politische Arbeit im wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeriums für Familie.

Schon dieser Berufsweg ist beeindruckend, zumal es Anfang der 1970er Jahre in Westdeutschland noch eine Besonderheit war, eine Frau, und auch noch eine so junge, auf so renommierte Lehrstühle zu berufen. Schon bis dahin war das eine beachtliche Karriere. Dabei startete Frau Süssmuth nun erst ihre politische Laufbahn.

In der Amtszeit von Bundeskanzler Kohl wurde sie zur Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit berufen. Spektakulär war damals ihre klare und deutliche Haltung zur neu aufgetretenen Krankheit AIDS. Die Ministerin ging mit diesem Thema offen und offensiv um und klärte die Bevölkerung schonungslos auf, unter anderem durch Aufsehen erregende Werbespots im Fernsehen.

Diesen Charakterzug eines wertschätzenden und fairen Umgangs brachte Frau Prof. Süssmuth auch in ihre Ämter als erste Frauenministerin auf Bundesebene und als Präsidentin des Deutschen Bundestags ein. Sie prägte damit auch eine neue Form der politischen Kommunikationskultur. Die teils hitzigen Debatten im deutschen Bundestag, etwa um die Politik mit den osteuropäischen Staaten, konnte sie als dessen Präsidentin mit ihrem weitsichtigen und gleichzeitig würdevollen Führungsstil in eine konstruktive Richtung lenken.

So begleitete sie in ihrer Amtszeit auch die zentralen Weichenstellungen für die neue deutsch-polnische Partnerschaft. Zwischen Deutschland und Polen wurden Verträge über die Bestätigung der bestehenden Grenze sowie über gute Nachbarschaft geschlossen. Diese Verträge stellten einen historischen Paradigmenwechsel dar, sie unterstützten den Prozess der Verständigung mit Polen und bildeten eine wesentliche Grundlage auf dem Weg der Aussöhnung. Insbesondere für das Land Brandenburg mit seiner langen Grenze zum östlichen Nachbarn war die Politik der Verständigung von existentieller Bedeutung.

Rita Süssmuth vertrat diese Haltung seit langem und engagierte sich schon früh für die deutsch-polnische Aussöhnung. Bis heute ist sie national und international in zahlreichen Einrichtungen der deutsch-polnischen Zusammenarbeit aktiv. Dort wirkt sie in führenden Positionen, etwa als Präsidentin des Deutschen Polen-Instituts und in der Deutsch-Polnischen Gesellschaft. Sie wirbt beständig für Austausch und Verständigung zwischen unseren Ländern. Die Bedeutung der deutsch-polnischen Freundschaft für das Land Brandenburg hat sie dabei stets im Blick.

In Brandenburg ist Frau Süssmuth seit 2008 Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung in Frankfurt an der Oder. Dem Kuratorium gehöre auch ich als Ministerpräsident des Landes Brandenburg und in meiner Eigenschaft als Polen-Koordinator der Bundesregierung an. Viele brandenburgische Projekte, darunter vor allem an der Europa-Universität Viadrina, werden von dieser Stiftung gefördert.

Gemeinsam mit weiteren Akteuren hat Frau Prof. Süssmuth die Stiftung Genshagen sehr erfolgreich als wichtigen Ort der Begegnung etabliert und ist seit 2009 als ehrenamtliches Vorstandsmitglied der Stiftung tätig. Die Stiftung bringt Vertreter eines breiten Spektrums der Gesellschaft aus Ost und West zusammen. Sie widmet sich der kulturellen Bildung und dem politischen Dialog in Europa und setzt dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die deutsch-französisch-polnische Zusammenarbeit. Das Land Brandenburg ist als Stifter und Förderer eng mit der Stiftung Genshagen verbunden. Über die Stiftung wurden viele deutsch-polnische und auch brandenburgisch-polnische Projekte angestoßen, darunter die Brandenburger Europa-Gespräche. Weitere Veranstaltungen der Stiftung beziehen Brandenburger Akteure und Partner ein.

Frau Prof. Dr. Rita Süssmuth steht für vorurteilsfreie und interkulturelle Verständigung und ist eine Wegbereiterin der deutsch-polnischen Aussöhnung. Sie hat sich über ein Vierteljahrhundert für den deutsch-polnischen Austausch im Bereich der Wissenschaft, der Politik und der Kultur eingesetzt. Zahlreiche deutsch-polnische Initiativen und Projekte gehen auf ihre Anregung zurück und haben Sitz und inhaltliche Schwerpunkte im Land Brandenburg. Sie engagiert sich bis heute für eine verstärkte Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn im Osten.

Mit ihrem Engagement und ihrer klaren Haltung für Frieden und Toleranz hat Frau Prof. Süssmuth einen großen Beitrag zur guten Nachbarschaft zwischen Brandenburg und Polen geleistet.

Dafür verleihe ich Frau Prof. Dr. Rita Süssmuth sehr gerne den Verdienstorden des Landes Brandenburg.

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