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Rede von Außenminister Frank-Walter Steinmeier zur Verleihung des Ehrenbären der Berlinale an Michael Ballhaus

18.02.2016 - Rede

Lieber Dieter Kosslick,
lieber Michael Ballhaus,
Lieber Tom Tykwer,
liebe Monika Grütters,

was macht der Außenminister auf der Berlinale-Bühne? Ganz einfach: er überlässt seinen Platz für drei Minuten dem jungen Studenten Frank Steinmeier.

Lieber Michael,

ich war gut 20 Jahre alt. Ich saß mit ein paar anderen langhaarigen Freunden, der ein oder anderen Flasche Bier und vielen Zweifeln an der Welt und an mir selbst in einem kleinen dunklen Kino in Nordhessen. Und dann sahen wir die „Ehe der Maria Braun“. Mit der wunderbaren Hanna Schygulla. Getrieben von der poetischen Wucht Rainer Werner Fassbinders und beobachtet, nein begleitet und angeleitet von Deiner Kamera.

Euer Film hat uns damals die Augen geöffnet über unser Land. Über den Krieg, der Menschen und Träume zerstört, die muffige Nachkriegsgesellschaft, die sie erstickt und aus der wir damals heraus wollten.

Seit dieser Zeit habe ich keinen Deiner Filme verpasst. Und Deine Filme haben eine Welt gezeigt, die ich ohne Dich nie gesehen hätte.

Einer Deiner Sätze ist mir dabei besonders eindrücklich in Erinnerung geblieben:

„Zwischen den Hauptfiguren musste etwas Magisches passieren. Sollten wir in einem Halbkreis um sie herumfahren? Wieso nicht ganz rum“. - So hast Du den Ballhaus-Kreisel begründet.

Aber ist es nicht genau das, was wir alle tun sollten: Uns nicht mit der halben Perspektive zufrieden geben! Sondern unseren Blick öffnen und weiten, im Versuch unser Gegenüber und die Welt besser zu verstehen!

Das gilt im Übrigen auch für die Außenpolitik: Wenn wir etwas begreifen wollen in dieser Welt, dann brauchen wir den Ballhaus-Kreisel: die Fahrt ganz herum um das Geschehen und den Blick auch von der anderen Seite her!

Einen Unterschied gibt es allerdings doch: in der Politik passiert höchst selten etwas Magisches zwischen den Hauptfiguren und - länger als 90 Minuten dauert es immer!

Umso mehr wollte ich heute zu Dir kommen, Michael, um danke zu sagen. Für Deine Filme. Dafür, dass Deine Kunst politisch geblieben ist. Weil sie uns das Leben zeigt. Weil sie uns drängt, die Augen zu öffnen und Verantwortung zu übernehmen für und in der Gesellschaft, in der wir leben.

Lieber Michael, ich bin sicher, Du stimmst mir zu, wenn ich in diesen Dank Dieter Kosslick, einschließe: Denn es ist sein Festival, es ist die Berlinale, die Augen, Herz und Verstand für genau solche Filme wie Deine öffnet.

Ich gratuliere der Berlinale zu Michael und, lieber Michael, ich gratuliere Dir aus vollem Herzen und ehrlicher Überzeugung zum Ehrenbären!

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