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„Moskau muss das Einsickern von Kämpfern und Waffen unterbinden“
Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Interview mit der FAZ über die Folgen der Europawahl, die Krise in der Ukraine und das Verhältnis zu Russland.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Interview über die Folgen der Europawahl, die Krise in der Ukraine und das Verhältnis zu Russland. Erschienen in der Frankfurter Allgemeinen vom 30.05.2014.
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Herr Minister, vielerorts in Europa sind extreme Parteien, links- und rechtsradikale sowie populistische Gruppierungen gewählt worden. Sie sind alle europaskeptisch bis europafeindlich. Welche Lehren sind aus den Europawahlen zu ziehen?
Zunächst einmal ist das Abschneiden dieser extremistischen Parteien entsetzlich. Ich habe in Wahlkampfreden immer wieder gesagt: Überlasst Europa nicht seinen Gegnern! Ich habe dazu aufgerufen, zur Wahl zu gehen. Dort, wo die Wahlbeteiligung hoch ist, hatten Extremisten und Populisten weniger Chancen. Leider ist die Wahlbeteiligung in den meisten Ländern gesunken, in der Slowakei sind gerade einmal 13 Prozent zur Wahl gegangen. Deshalb freue ich mich umso mehr, dass die Wahlbeteiligung in Deutschland gestiegen ist. Aber das hat nicht verhindert, dass populistische, europaskeptische und sogar rechtsextreme Parteien auch aus Deutschland nun in Straßburg und Brüssel vertreten sind. Die Gründe dafür sind sicher nicht eindimensional: mancherorts ist es ein Denkzettel für nationale Regierungen, in anderen Ländern eine Folge der jetzt mehr als vier Jahre andauernden Krise in Europa und eine Reaktion auf wirtschaftliche Stagnation und steigende Arbeitslosigkeit.
Hierzulande haben neben der Alternative für Deutschland auch zum Teil bizarre Splitterparteien Mandate erhalten. Ist dies nicht eine Folge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts?
Ich frage mich schon, ob es wirklich für alle Zeiten unzulässig sein soll, über eine Sperrklausel für das Europaparlament nachzudenken. Wenn Kandidaten und Parteien nur deshalb zur Wahl antreten, um sich am Tag danach über Wahl, Wähler und Politik lustig zu machen...
...Sie meinen Martin Sonneborns Satirepartei...
Das ist nicht die einzige Jux-Partei, wenn auch der Einzug etwa der NPD ins EU-Parlament politisch ungleich dramatischer ist. Aber auch Parteien, die sich am Tag nach der Wahl einen Spaß daraus machen, sich publikumswirksam zurückzuziehen, leisten keinen Beitrag zur Demokratie, eher das Gegenteil. Ich habe auch meine Zweifel, ob der Einzug kleinster monothematischer Gruppierungen ins Europaparlament die Repräsentativität der deutschen politischen Landschaft in Straßburg wirklich erhöht. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das Bundesverfassungsgericht erst die Fünf- und dann auch die von uns vorgeschlagene Dreiprozentklausel verworfen hat.
Ein Plädoyer für ein europäisches Wahlgesetz?
In der Tat! Wir brauchen eine europaweite Verständigung über Funktionen und Voraussetzungen eines Arbeitsparlaments. Wir können doch nicht sehenden Auges in fünf Jahren in dieselbe Situation hineinlaufen. Erst recht, wenn vorherzusehen ist, dass uns dann vorgehalten wird, das Europäische Parlament habe – angesichts Dutzender Splittergruppen – seine Arbeitsfähigkeit nicht unter Beweis gestellt. Wenn es über das nationale Recht nicht geht, dann wäre zu überlegen, ob man nicht auf europäischer Ebene ein Instrument mit Sperrklauselwirkung schaffen könnte.
In Frankreich ist der Front National die stärkste Partei geworden. Umfragen zeigen, dass deren Wähler nicht nur die Regierung in Paris, sondern auch Europa ablehnen. Damit muss Präsident Hollande umgehen. Wird Frankreich jetzt ein schwierigerer Partner?
Der Erfolg des Front National ist erschreckend. Das ist nicht nur ein Problem für Frankreich, sondern auch für seine Nachbarn und für ganz Europa. Aus meinem Besuch im französischen Kabinett vor kurzem habe ich aber den Eindruck mitgenommen, dass die Regierung nach der Kabinettsumbildung entschlossen ist, den Reformkurs fortzusetzen und das Land auf einen Kurs zu führen, der wirtschaftliche Dynamik zurückgewinnen lässt und damit den rechten Nationalisten den Wind aus den Segeln nimmt.
Die Parti Socialiste hat bereits einen Linksschwenk und eine Rückkehr zum ursprünglichen Wahlprogramm verlangt...
Ministerpräsident Valls hat nach den Wahlen deutlich gemacht, dass für die Regierung das Wahlergebnis kein Anlass ist, einen linkspopulistischen Kurs einzuschlagen, sondern an den angestoßenen Reformen jetzt weiter zu arbeiten. Ich denke, das ist der richtige Weg.
Die Euro-Krise verlangt nach mehr Europa, die Bürger aber wollen offenbar weniger Europa – wie lässt sich der Widerspruch lösen?
Das kann man nicht über einen Kamm scheren. Bei uns in Deutschland stelle ich fest, dass die Bürger mehrheitlich mehr Europa wollen. Das zeigen die Umfragen, das spiegelt sich in den Wahlergebnissen. Deutschland ist der Stabilitätsanker Europas – mit den guten Ergebnissen der proeuropäischen Parteien, der Wachstumsdynamik unserer Wirtschaft, die unsere Partner in Europa mit nach oben zieht, und auch der Aufnahmefähigkeit des deutschen Arbeitsmarktes. Das bedeutet freilich auch, dass jetzt noch größere Erwartungen an Berlin gerichtet werden. Aber Sie haben recht: In jenen Ländern, in denen die ökonomische Krise die tiefsten Furchen gezogen hat, müssen wir neu um Zustimmung zu Europa werben und dafür sorgen, dass sich nicht nur ökonomische Statistiken verändern – das ist ja vielerorts bereits der Fall –, sondern sich auch die Lebenschancen bessern, besonders der Jüngeren. Das heißt auch: Wir müssen mit europäischen Mitteln dazu beitragen, dass der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit erfolgreich gefochten wird.
Heißt das, dass Vertragsänderungen, die Berlin für eine stärkere wirtschaftspolitische Koordinierung anstrebt, auf die lange Bank geschoben werden?
Jetzt müssen im Lichte der Wahlergebnisse schnellstmöglich Entscheidungen über die personelle Neuaufstellung der europäischen Institutionen getroffen werden. Dann muss eine Debatte darüber stattfinden, wie wir vor allem in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen unsere Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit in Brüssel weiter verbessern. Wer das will, kann Vertragsänderungen nicht grundsätzlich ausschließen. Wie das gelingt, welchen politischen und rechtlichen Weg man dahin einschlägt: Das sind für die Zukunft Europas entscheidende Fragen, die wir nach der Neubildung der Europäischen Kommission angehen müssen.
Wird Berlin nicht noch mit ganz anderen Forderungen konfrontiert? Es ist zu hören, dass Paris von der Bundesregierung ein Investitionsprogramm von 50 Milliarden Euro verlangt.
Davon lese ich nur in den Zeitungen! Eine solche Erwartung ist weder von der Regierung in Paris oder von anderen Regierungen an uns gerichtet worden. Über den richtigen Weg, aus der Krise zu kommen, ist in den vergangenen vier Jahren heftig gestritten worden. Auch aus der Opposition heraus haben wir für einen Politikmix aus Ausgabendisziplin, Wachstumsorientierung und Strukturreformen gestritten, der sichtbar erste Erfolge zeigt, gerade in den Ländern, die im Mittelpunkt der Krise standen. Jetzt aufzuhören, wo wir den schwierigsten Teil hinter uns gebracht haben, und einen Rückweg in die Neuverschuldung anzutreten, hielte ich für einen großen Fehler. Wir sollten uns auf den optimalen Einsatz der Mittel konzentrieren, die uns zur Verfügung stehen, darunter die sechs Milliarden Euro für ein Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, die immer noch nicht gänzlich abgerufen sind. Europa muss darüber hinaus überlegen, wie wir mehr europäische Investitionen zur Diversifizierung unseres Energiesektors und für den Ausbau von Leitungsnetzen nutzbar machen können.
Martin Schulz, der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten, hat sich in Deutschland gut geschlagen. Europaweit liegt Ihre Parteienfamilie aber hinter der Europäischen Volkspartei. Gehört zu einem Personalpaket, das der EVP-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker zu schnüren versucht, auch eine herausgehobene Position für Schulz?
Martin Schulz ist ein leidenschaftlicher Europäer. In Deutschland hat er einen engagierten Wahlkampf der SPD angeführt, neues Interesse an Europa geweckt und viel zur Mobilisierung der deutschen Wähler beigetragen. Aber nicht nur das! Auch in den europäischen Nachbarländern hat Martin Schulz einen engagierten Wahlkampf hingelegt. All das zeichnet ihn als jemanden aus, der mit Recht in Europa Führungspositionen beanspruchen kann. Das werden die Sozialdemokraten Europas selbstverständlich geltend machen.
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat im Wahlkampf insinuiert, Kanzlerin Angela Merkel würde der europäischen Demokratie großen Schaden zufügen, wenn nicht einer der Spitzenkandidaten Kommissionspräsident würde. Hat er damit nicht erst eine Erwartungshaltung erzeugt, die nun womöglich enttäuscht wird?
Sigmar Gabriel hat das nicht leichtfertig dahingesagt, sondern gestützt auf eine Vereinbarung der großen Parteienfamilien im Europaparlament...
...des alten Parlaments, das das neue nicht bindet...
...aber doch eine prägende Wirkung hat. Mit dieser Haltung werden auch die Staats- und Regierungschefs in Europa umzugehen haben.
Würden Sie den Satz unterschreiben: In der Europapolitik sind wir auf gutem Kurs, den sollten wir weiter halten?
Ja, die Richtung stimmt. Stellen Sie sich vor, wir hätten auf dem Höhepunkt der Krise in Europa auf diejenigen gehört, die mit den einfachen und schnellen Lösungen zur Hand waren: Griechenland raus, Irland raus, Portugal raus, weg mit dem Euro, zurück zur D-Mark! Einmal abgesehen davon, dass das für uns Deutsche ökonomisches Harakiri gewesen wäre: Wie stünde Europa heute da, wenn wir den scheinbar einfachen Lösungen nachgegeben hätten? Heute, mitten in der größten außenpolitischen Herausforderung in Europa seit dem Fall der Mauer? Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie ein auseinandergefallenes und zerstrittenes Europa heute überhaupt handlungsfähig gewesen wäre. Bei aller berechtigten Kritik in Einzelfragen: Unser Europa hat sich in der ökonomischen Krise bewährt. Diese Geschlossenheit bewährt sich jetzt auch in der Ukraine-Krise.
In der Ukraine hat Petro Poroschenko die Präsidentenwahl gewonnen, was die Bundesregierung als einen Fortschritt bezeichnet hat. Russland aber sendet widersprüchliche Signale. Können wir uns weiter an der Nase herumführen lassen?
Entschuldigung, aber das ist doch eine völlig falsche Wahrnehmung. Tatsächlich ist doch nichts mehr so, wie es war. Zwischen Nato und Russland, zwischen Europäischer Union und Russland herrscht weitgehend Funkstille. Das Bemühen von wenigen, aus der Funkstille nicht direkte Konfrontation mit noch dramatischeren Folgen werden zu lassen, darf doch nicht als „business as usual“ verstanden werden. Trotzdem ist es notwendig, wenn wir eine neue dauerhafte Spaltung Europas verhindern wollen.
Sind wir mit der Präsidentenwahl schon über den Berg?
Die Wahl in der Ukraine hat die Krise noch nicht gelöst. Aber vor wenigen Wochen hat niemand geglaubt, dass sie überhaupt stattfindet. Ich bin froh, dass gewählt werden konnte, die allermeisten Wahllokale geöffnet und die Wahlbeteiligung hoch war, der Wahltag ohne Blutvergießen ablief und am Ende ein so klares Ergebnis steht. Dass Petro Poroschenko in allen Teilen des Landes, auch im Osten, weit vor allen anderen Kandidaten die meisten Stimmen auf sich vereinen konnte, ist ein Novum in der Geschichte der Ukraine und ein starkes Signal der Einheit des Landes. Diese Wahl ist das schmale Tor, durch das wir hindurch müssen, damit es überhaupt Chancen für eine politische und wirtschaftliche Stabilisierung der Ukraine geben kann.
Sieht Russland das auch so?
Das werden wir sehen. Es war viel Arbeit, dahin zu kommen, wo wir jetzt sind. Auch diplomatische Initiativen aus unserem Land haben bewirkt, dass zumindest erste Schritte zu einer vorsichtigen Entschärfung des Konfliktes gegangen werden konnten: die OSZE-Mission, Genf, der nationale Dialog und die runden Tische, Wolfgang Ischingers ungezählte Gespräche, Besuche in der Ukraine... Immerhin hat sich in Moskau die Tonlage zu den Wahlen und der neuen politischen Führung in Kiew gewandelt. Vor drei Wochen hat Russland die Legitimität der Wahlen schlicht bestritten, nach dem Wahltag wird das Ergebnis immerhin respektiert. Vor allem wird die Bereitschaft bekundet, offen für eine Zusammenarbeit mit dem neu gewählten ukrainischen Präsidenten zu sein. Ob das so ist, werden wir ja schon bald nach dessen Amtseinführung am 7. Juni sehen.
Ist das nicht die Fortsetzung des doppelten Spiels Moskaus? Nicht nur Kalte Krieger sagen, Putin verstehe nur harte Ansagen, sondern auch ihr Amtsvorgänger Joschka Fischer.
Es geht doch nicht um die Wahl zwischen Härte und Streicheleinheiten! Stärke und Schwäche sind keine besonders beweiskräftigen Kriterien in der Außenpolitik; worauf es ankommt, ist Klugheit und der Wille, Konflikte nicht zur völligen Unbeherrschbarkeit eskalieren zu lassen. Deshalb geht mir die Kritik an einer angeblichen Schwäche unserer Außenpolitik manchmal schlicht auf die Nerven, weil sich viel zu wenige über die richtige Balance zwischen dem Aufbau politischen Drucks und den notwendigen Instrumenten zur Konfliktentschärfung Gedanken machen. Beides wird aber gebraucht!
Es scheint doch aber nicht so, dass Russland ein Interesse an einer Stabilisierung zumindest der Ostukraine hat.
Heftige Kämpfe um den Flughafen von Donezk, schwere Waffen, die von den Separatisten eingesetzt werden, eine wachsende Zahl der Toten und Verletzten, kein Respekt vor der Arbeit der OSZE-Beobachter: All das zeigt eine neue Qualität der gewaltsamen Zusammenstöße im Donbass. Für den frisch gewählten Präsidenten Poroschenko ist das gleich eine gewaltige Herausforderung. Unsere klare Erwartung an Moskau ist, dass es seine Möglichkeiten einer Einflussnahme auf die unterschiedlichen Separatistengruppen nutzt und gemeinsam mit der neuen ukrainischen Führung das weitere Einsickern von Kämpfern und Waffen über die russisch-ukrainische Grenze unterbindet.
Ist die Zeit gekommen, angesichts der Ängste in Osteuropa über die Verlegung von Nato-Truppenverbänden an die Ostgrenze des Militärbündnisses zu debattieren? Der Nato-Generalsekretär hat die Diskussion eröffnet.
Ich war einer der Ersten, die nach Ausbruch der Krise ins Baltikum und nach Osteuropa gereist sind, um zu signalisieren, dass wir an der Seite unserer Partner stehen und die besondere Situation der Staaten in der Nachbarschaft Russlands im Blick haben. Ich weiß, dass Estland und Lettland mit ihren relevanten russischsprachigen Minderheiten mit ganz besonderer Sorge auf die Fernwirkungen der Ukraine-Krise schauen. Das war Grundlage für unsere Bereitschaft, uns an verstärkten Nato-Aktivitäten etwa im Bereich des Air-Policing im Baltikum oder der Marinemanöver in der Ostsee zu beteiligen. Im übrigen: Nicht jeder Wortbeitrag der letzten Wochen aus der Nato in Brüssel war hilfreich.
In dieser Frage wurden ebenso wie in der Frage von sektoralen Sanktionen Risse in der EU sichtbar. Muss es uns nicht bedenklich stimmen, dass Deutschland nun wieder Sonderbeziehungen zu Russland unterstellt wurden?
Es ist für mich nicht überraschend, dass es angesichts der unterschiedlichen Distanz zum Ukraine-Konflikt, unterschiedlicher Perzeptionen und historischer Erfahrungen mit Russland Diskussionen gab und gibt. Dennoch hat Europa in dieser Krise große Geschlossenheit gewahrt. Wir haben klare Signale gesetzt und gleichzeitig darauf geachtet, dass wir auch bei einer Erhöhung des politischen Drucks in keinen Automatismus verfallen, der uns in einen Wirtschaftskrieg führen könnte. Wir haben auf jeder Stufe der Entscheidungen Rückwege in den politischen Prozess möglich gemacht. Ich hoffe, dass wir jetzt an einem Punkt sind, an dem wir Entscheidungen über vorbereitete Maßnahmen...
...also Wirtschaftssanktionen in der dritten Stufe...
...vermeiden können. Jedenfalls ist die Wahl in der Ukraine eine Chance, nicht die politische Lösung des Konflikts – davon sind wir noch weit entfernt.
Vollzieht Russland einen konsequenten Kurswechsel?
Wir sind ohne Zweifel in einer neuen Phase der Ost-West-Beziehungen. Was das für die nächsten 20, 30 Jahre heißt, lässt sich jetzt noch nicht sagen. Viel wird davon abhängen, ob wir die aktuelle Krise überwinden können oder mit Russland über die Frage der Krim und die Lage in der Ukraine in einem Dauerkonflikt bleiben.
Die Kanzlerin hat kürzlich in dieser Zeitung gesagt, dass mittel- bis langfristig die enge Partnerschaft mit Russland fortgesetzt werden sollte. Wie passt diese Aussage zu der Botschaft, es werde keine Wiederholung der Lage nach dem Georgien-Krieg geben, als der Konflikt um Abchasien und Südossetien eingefroren wurde und nach kurzer Zeit „business as usual“ herrschte.
Wenn Washington sagt, wir suchen nicht die Konfrontation mit Russland, sondern – wenn möglich – die Kooperation, ist das doch die gleiche Botschaft. Niemand, mit dem ich spreche, ist an einem dauerhaften Nichtverhältnis oder gar einer gefährlichen Isolierung Russlands interessiert. Wir wollen Zusammenarbeit, wenn und soweit irgend möglich; Russland muss uns aber auch die Möglichkeit geben, den aktuellen Konflikt zu überwinden. Dann können wir ausloten, welche Perspektiven es für künftige Kooperationen geben kann. Nur: Es ist zu früh, solche Diskussionen zu führen.
Das Gespräch mit dem Außenminister führten Günther Nonnenmacher und Majid Sattar. Übernahme mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Allgemeinen.