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Antisemitismus und Intoleranz niemals hinnehmen

06.05.2013 - Interview

Außenminister Guido Westerwelle nimmt am 6. Mai 2013 an der Hauptversammlung des Jüdischen Weltkongresses teil, die zum ersten Mal in Budapest stattfindet. Vor seiner Reise nach Ungarn sprach er mit BILD.de über das Eintreten Deutschlands gegen Antisemitismus und Intoleranz und die deutsch-ungarischen Beziehungen.

Sie und die Bundesregierung setzen ein klares Zeichen der Solidarität mit Ihrem Auftritt vor dem Jüdischen Weltkongress. Aber kann Diplomatie wirklich etwas bewirken gegen die antisemitischen, schwulenfeindlichen und unsozialen Exzesse in Ungarn?

Antisemitismus und Intoleranz dürfen wir niemals hinnehmen - nirgendwo auf der Welt und ganz besonders nicht in Europa. Die freie Entfaltung jüdischen Lebens in Europa ist mir ein großes Anliegen. Deutschland weiß um seine Verantwortung für das dunkelste Kapitel deutscher und europäischer Geschichte. Auch deshalb erheben wir lautstark unsere Stimme gegen jede Form des Antisemitismus. Toleranz ist Klugheit, Toleranz gegenüber der Intoleranz ist eine Torheit.

Sie werden in Budapest auch mit Ministerpräsident Orbán sprechen. Wie viel Klartext ist möglich und wie viel Klartext ist nötig?

Die Freundschaft zwischen Deutschland und Ungarn hat ein festes Fundament. Wir vergessen nicht den Beitrag der Ungarn zum Fall der Mauer. Ehrliche Worte unter Freunden sind nicht nur möglich, sondern üblich.

Besteht nicht die Gefahr, dass Ungarns Regierung Ihren Auftritt als Einmischung in die inneren Angelegenheiten betrachtet?

Europa ist viel mehr als der Euro und der Binnenmarkt. Europa ist eine Kultur- und Wertegemeinschaft, die auf den Grundsätzen von Demokratie und Gewaltenteilung, des Rechtsstaats und der Toleranz gründet. Das verpflichtet uns geradezu dazu, immer wieder zu prüfen, ob wir auch innerhalb der Europäischen Union diese Werte leben.

Halten Sie die Lage in Ungarn für eine Bedrohung der Demokratie in Europa?

Die Europäische Kommission und der Europarat haben der ungarischen Regierung ihre Kritik nicht verhehlt. Darüber muss nun ehrlich und offen gesprochen werden. Im übrigen: Unsere Rechtsstaatsinitiative für Europa ist von der ungarischen Regierung ausdrücklich begrüßt worden.

Wie weit hat sich die Regierung Orbán Ihrer Ansicht nach schon vom gemeinsamen europäischen Gedanken entfernt?

Zu einem fairen Umgang gehört, dass man nicht vorschnell urteilt. Mein Besuch dient auch dem Austausch mit Ministerpräsident Viktor Orbán, den ich seit bald 20 Jahren kenne. Aber: Wir haben Fragen, und wir haben manche Zweifel. Ich bin zuversichtlich, dass auch meine Gespräche dazu dienen können, einen vernünftigen Weg zu finden.

Mit welchen Erwartungen verbinden Sie Ihren Besuch?

In diesem Jahr feiern wir, dass Deutsche und Ungarn seit 40 Jahren wieder diplomatische Beziehungen pflegen. Wir Deutsche erinnern uns in Dankbarkeit an den großen ungarischen Anteil an der deutschen Wiedervereinigung. Dieses enge Band trägt auch in nicht so einfachen Zeiten zur Verständigung bei.

Erschienen am 6. Mai 2013 bei BILD.de. Die Fragen stellte Daniel Killy. Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Axel-Springer-Verlags.

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