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„Keine computergesteuerten Kampfeinsätze“

03.05.2013 - Interview

Außenminister Guido Westerwelle sprach im Interview mit der Zeitung DIE WELT unter anderem über die Pläne für ein Steuerabkommen mit der Schweiz, den möglichen Kauf von Drohnen durch die Bundesregierung und die Vorwürfe, dass das Assad-Regime Chemiewaffen einsetze.


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Sie haben in dieser Woche die Schweiz besucht. Mit der Kavallerie?

Ich bin mit dem Flugzeug angereist, ohne Pferd, Säbel und Trompete. Aber ganz im Ernst: Deutschland und die Schweiz sind nicht nur Nachbarn, sondern auch Freunde. Es ist wichtig, miteinander respektvoll und partnerschaftlich umzugehen. Man muss einer großen Demokratie wie der Schweiz nicht mit der Kavallerie drohen.

SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück hat das zum wiederholten Mal getan. Haben die Schweizer das Thema angesprochen?

Ich begrüße, dass die Schweizer Regierung in unseren Beratungen Gesprächsbereitschaft gezeigt hat. Diplomatie ist eben doch erfolgreicher als die Kavallerie. Das Steuerabkommen mit der Schweiz sollten wir möglichst bald weiter vorantreiben. Das ist im Interesse Deutschlands, im Interesse der Schweiz und nicht zuletzt im Interesse der Steuerehrlichkeit.

Wie groß ist die Bereitschaft in Bern tatsächlich, ein Steuerabkommen mit Deutschland zu schließen?

Mein Schweizer Amtskollege hat diese Gesprächsbereitschaft signalisiert. Das begrüße ich. (...)

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Verteidigungsminister de Maizière hat in den USA und in Israel Angebote zum Kauf bewaffneter Drohnen eingeholt. Mit Ihrer Zustimmung?

Es zählt zum Auftrag des Verteidigungsministers, darüber nachzudenken, wie das Leben unserer Soldaten in Einsätzen durch moderne Waffentechnologie besser geschützt werden kann. Vor einer endgültigen Entscheidung brauchen wir aber eine umfassende sicherheitspolitische und ethische Diskussion mit allen Kräften unserer Gesellschaft. Dafür müssen wir uns Zeit nehmen. Diese Debatte gehört nicht in den Wahlkampf mit seinen parteipolitischen Aufgeregtheiten, sondern muss anschließend in aller Differenziertheit geführt werden.

Wie ist denn Ihre Position in dieser Debatte: Sollte Deutschland sich diese neue Waffentechnologie erschließen – oder sich verschließen?

Ich sehe mindestens drei verschiedene Fragestellungen. Die erste ist noch relativ unstreitig: Der Einsatz von unbewaffneten Aufklärungsdrohnen. Die zweite sind bewaffnete Drohnen, die von Menschen bedient werden. Darüber werden wir debattieren. Bei der dritten Fragestellung geht es um bewaffnete Drohnen, die ihre Ziele mit selbsterkennender Computertechnologie angreifen. Auch so etwas wird entwickelt, und das halte ich für sehr gefährlich. Ich möchte nicht, dass menschliche Entscheidungen ausgeschaltet werden und wir uns in eine Richtung entwickeln, an deren Ende automatische, computergesteuerte Kampfeinsätze stehen.

US-Präsident Obama spricht von Beweisen, dass in Syrien Chemiewaffen eingesetzt werden. Wird der Westen nun intervenieren oder Waffen liefern?

Werden weniger Menschen sterben, wenn mehr Waffen geliefert werden? Ich bin da weiter zurückhaltend und plädiere dafür, für eine politische Lösung die demokratischen Kräfte der Opposition und Vertreter des Regimes, die sich keiner Untaten zu Schulden haben kommen lassen, zusammen zu bringen. Was die Chemiewaffen angeht: Wer Beweise über den Einsatz dieser Waffen in Syrien hat, ist aufgerufen, sie offen zu legen und mit der internationalen Staatengemeinschaft zu teilen. Diese Frage ist zu ernst, um zu spekulieren. Der Einsatz von Chemiewaffen, gleich von welcher Seite, wäre ein schweres Verbrechen und in keiner Weise akzeptabel.

Sie haben den Einsatz von Chemiewaffen wie Obama als rote Linie bezeichnet. Könnte so ein Vorgehen Assads also folgenlos bleiben?

Die internationale Gemeinschaft hat das geschlossen so formuliert, auch Russland. Insofern würde ich es begrüßen, wenn Moskau seinen Einfluss auf das Regime in Damaskus nutzt, damit die Inspektoren der Vereinten Nationen ins Land kommen und den Vorwürfen mit unabhängigen Untersuchungen nachgehen können.

Erschienen in der Zeitung DIE WELT am 3. Mai 2013. Die Fragen stellten Jochen Gaugele und Thorsten Jungholt. Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Axel-Springer-Verlags.

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