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Neue Sicherheitspolitik

08.04.2013 - Interview

Am 9. April fand in Den Haag ein Treffen der Initiative für Nichtverbreitung und Abrüstung (NPDI) statt. Dazu forderten der deutsche und der niederländische Außenminister Kernwaffen besitzende Staaten auf, ihre Waffenbestände mit einem veränderten Sicherheitsumfeld in Einklang zu bringen.

Gemeinsamer Beitrag von Außenminister Guido Westerwelle und dem niederländischen Außenminister Frans Timmermans zum Treffen der Initiative für Nichtverbreitung und Abrüstung (NPDI) am 9. April in Den Haag. Erschienen in der Frankfurter Rundschau vom 08.04.2013.

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Seit sich die Welt mit den katastrophalen Folgen des Abwurfs der ersten Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki konfrontiert sah, wünschen sich die Menschen eine Welt ohne Kernwaffen. Die Drohungen und Provokationen aus Nordkorea zeigen uns: das Thema ist aktueller denn je. Heute, mehr als 67 Jahre nach dem Atomwaffenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki, ist der Wunsch nach einer atomwaffenfreien Welt immer noch nicht verwirklicht.

Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges lagerten in den Nukleararsenalen weltweit über 70.000 Sprengköpfe. Seitdem wurde ihre Zahl beträchtlich reduziert. Dennoch gibt es laut dem Stockholmer internationalen Friedensforschungsinstitut SIPRI immer noch ungefähr 19.000 Sprengköpfe. Ungefähr 90 Prozent von ihnen gehören Russland und den Vereinigten Staaten. Zu einer Welt ohne Atomwaffen ist es noch ein weiter Weg.

Schauen wir uns die internationale Lage genauer an. In seiner letzten Rede zur Lage der Nation hat US-Präsident Barack Obama angekündigt, sich mit Russland um eine weitere Reduzierung der jeweiligen Kernwaffenbestände zu bemühen. Am selben Tag führte Nordkorea seinen dritten Atomwaffenversuch durch. Die internationale Gemeinschaft fragt sich außerdem voller Sorge, welchen Zweck das iranische Nuklearprogramm hat. Was geschähe, wenn eine Atomwaffe oder Kernmaterial in die falschen Hände geriete? Nuklearterrorismus zu verhindern, ist ein Muss. Es führt kein Weg daran vorbei: Abrüstung und Nichtverbreitung müssen in unserer globalisierten Welt Hand in Hand gehen.

Das ist die Grundphilosophie der zehn Länder, die sich in der Initiative für Nichtverbreitung und Abrüstung (NPDI) zusammengeschlossen haben. Sie treffen sich am 9. April in Den Haag, um zu erörtern, wie Abrüstung und Nichtverbreitung ausgewogen weiter vorangebracht werden können. Deutschland und die Niederlande – Mitglieder dieser Initiative – sehen mit Interesse der Zusammenarbeit mit Ländern aus der ganzen Welt entgegen, um praktische Schritte hin zu einer kernwaffenfreien Welt zu konzipieren.

Wie können wir eine Welt ohne Atomwaffen erreichen? In einigen Wochen treffen sich die Mitgliedsstaaten des wichtigen Nichtverbreitungsvertrags in Genf und diskutieren die Umsetzung des Vertrags. In diesem Vertrag haben sich die Kernwaffenstaaten zu nuklearen Abrüstungsverhandlungen verpflichtet, und alle Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, Kernwaffen nicht zu verbreiten sowie einander die Vorteile der friedlichen Nutzung der Kerntechnologie zugänglich zu machen. Dennoch ist der Vertrag heute unter Druck – wir brauchen neue Impulse.

Wir sollten uns Folgendes klar machen: Kernwaffen standen im Zentrum der Militärdoktrinen des Kalten Krieges. Heute, da wir mit neuartigen Bedrohungen unserer Sicherheit konfrontiert sind – etwa asymmetrischen Kriegen und dem Krieg im Cyber-Raum, oder der Verbreitung chemischer und biologischer Waffen – haben sich Rolle und Bedeutung von Kernwaffen verändert. Wir rufen alle Staaten, die Kernwaffen besitzen, auf, konkrete Schritte zu unternehmen, um ihre Waffenbestände mit dem veränderten Sicherheitsumfeld in Einklang zu bringen.

Seit ihrer Gründung tritt die Initiative für Nichtverbreitung und Abrüstung für größere Transparenz im Hinblick auf die Kernwaffenbestände ein. Transparenz führt zu Vertrauen, und Vertrauen ist notwendig, will man sich auf eine weitere Reduzierung – und schließlich Abschaffung – der Kernwaffenbestände einigen. Vor diesem Hintergrund haben die Mitgliedsstaaten der Initiative ein Musterformular für die Dokumentation ihrer Nuklearwaffenarsenale ausgearbeitet, das mehr Offenheit darüber bringen würde.

Angesichts des heutigen Sicherheitsumfelds hat sich die Wahrscheinlichkeit, dass Nuklearwaffen jemals eingesetzt werden, glücklicherweise deutlich verringert. Deshalb wäre eine reziproke Reduzierung unter Berücksichtigung der unterschiedlich großen gegenwärtigen Vorräte der logische nächste Schritt. Die Nato hat Russland einen Dialog über Transparenzmaßnahmen bezüglich taktischer Nuklearwaffen angeboten. Die Initiative für Nichtverbreitung und Abrüstung begrüßt diesen Vorschlag und drängt beide Seiten, diese Waffen in zukünftige Abrüstungsgespräche einzubeziehen. Bisher war das nicht der Fall.

Wie Präsident Obama in seiner Prager Rede gesagt hat, ist die Arbeit für eine Welt ohne Atomwaffen ein langwieriger Prozess. Um ihn erfolgreich zu gestalten, brauchen wir Entschlossenheit. Deutschland, die Niederlande und unsere Partner in der Initiative für Nichtverbreitung und Abrüstung sind entschlossen, durchzuhalten. Wir finden: Dieser Prozess sollte nicht noch einmal 67 Jahre dauern.

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