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„Wir sollten vereinzelte Bilder nicht verallgemeinern“

28.03.2013 - Interview

Staatsministerin Pieper warnt davor, das Deutschlandbild in den am härtesten von der Eurokrise betroffenen Ländern zu negativ zu zeichnen. Nirgendwo steige die Nachfrage nach Deutschkursen so stark wie in Südeuropa - zum Beispiel im erst vor zwei Jahren eröffneten Goethe-Institut in Nikosia, das direkt an der Grenze zum türkischen Teil der Insel liegt.

Staatsministerin Cornelia Pieper im Interview zum Ansehen Deutschlands in Europa und zur Rolle der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Erschienen in der Mitteldeutschen Zeitung vom 28.03.2013.

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Trainer Otto Rehhagel sollte in Griechenland gut Wetter machen. Wie viele Fußballer will die Bundesregierung durch Europa schicken, um Deutschlands Ruf zu verbessern?

Deutschlands Ruf ist gut. In einer regelmäßigen Umfrage von BBC World in 27 Ländern steht unser Land schon seit vielen Jahren in der absoluten Spitzengruppe der internationalen Anerkennung.

Aber in Europa, besonders im Süden, hat dieser Ruf durch Berlins harte Antikrisenpolitik gelitten.

Wir haben eine schwierige Lage durch die europäische Finanz- und Schuldenkrise. Aber nehmen Sie Griechenland: Dort hat sich die Lage durch diese Politik erkennbar stabilisiert. Die Goethe-Institute in Griechenland aber auch anderswo werden derzeit geradezu überrannt. In Griechenland ist das Interesse an Deutschkursen um 20 Prozent gestiegen. Das zeigt, dass es ein großes Interesse an Deutschland und der deutschen Sprache gibt.

Mal abgesehen von „Botschafter Rehhakles“, was tut die deutsche Kulturpolitik im Ausland um die Stimmung zu verbessern?

Wir haben weltweit 150 Goethe-Institute. Vor zwei Jahren haben wir in der zyprischen Hauptstadt Nikosia ein neues eröffnet - gleich an der Grenze zum türkischen Teil, auch um den Dialog zwischen beiden Landesteilen zu fördern.

Wie werden da die Deutschkurse angenommen?

Genauso gut wie in Griechenland. Die Nachfrage steigt nirgendwo so rasch wie in ganz Südeuropa. Wir haben gerade erst rund acht Millionen Euro bereitgestellt, um das Erlernen der deutschen Sprache besonders in Südeuropa zu fördern.

Lernen die Interessenten Deutsch, um aus ihren Krisenländern zu uns zu emigrieren?

Die Gründe sind unterschiedlich. Aber im Vordergrund steht, dass Deutschland ein attraktives Land ist. Weil wir besser durch die Krise gekommen sind als viele unserer Partner, sind wir gerade für viele junge Menschen auch Vorbild in Europa. Dass viele von ihnen Arbeit oder einen Studienplatz in Deutschland haben möchten, freut uns natürlich.

Erst machen wir ihnen durch unsere Sparpolitik die Sozialsysteme kaputt, nun werben wir Südeuropa auch noch die Jugend ab ...

Nein. Im Gegenteil. Wir haben gerade mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst ein Sonderprogramm mit Kurzstipendien für 1 000 junge Menschen in den nächsten drei Jahren aufgelegt, um sie zu motivieren, ihr Land wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Auch das ist ein Signal an Griechenland.

Aber es muss doch Sorgen bereiten, dass Angela Merkel in Karikaturen mit Hitler-Bärtchen dargestellt wird.

So stelle ich mir die Kommunikation zwischen befreundeten Ländern nicht vor. Aber wir sollten vereinzelte Bilder nicht verallgemeinern, als sei es die Stimmungslage in der gesamten Bevölkerung. Wir sehen auch viel Verständnis für die Haltung Deutschlands in der Schuldenkrise.

Was hören sie denn an Berichten aus den deutschen Botschaften? Die machen doch sicher auch Diskussionsveranstaltungen. Wird da eher Zorn abgelassen oder nach Informationen gefragt.

Ich glaube, dass das Informationsbedürfnis höher ist. Ich war zum Jubiläum des Goethe-Instituts in Athen - mit 60 Jahren das älteste Goethe-Institut überhaupt. Da habe ich sehr viele Fragen gehört, die auch mit Unsicherheit und Ängsten der Menschen zu tun haben. Aber das meiste konnten wir im Gespräch klären. Das ist das wichtigste in dieser Lage: Der Dialog. Denn nur so können wir gegenseitige Vorurteile abbauen.

Fragen: Thomas Kröter. Übernahme mit freundlicher Genehmigung der Mitteldeutschen Zeitung.

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