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„So muss der Waffenhandel global reguliert werden“

02.07.2012 - Interview

Namensartikel von Laurent Fabius, Guido Westerwelle, Ewa Björling und William Hague. Erschienen in der Financial Times Deutschland am 02. Juli 2012

Im Juli verhandelt die internationale Gemeinschaft bei den Vereinten Nationen in New York den ersten internationalen Waffenhandelsvertrag. Es geht um den weltweiten Handel mit konventionellen Rüstungsgütern.

Wir müssen jetzt handeln: Millionen Menschen auf der ganzen Welt leiden Jahr für Jahr unter schlecht reguliertem oder illegalem Waffenhandel. Hunderttausende Menschen werden getötet, verletzt oder vergewaltigt. Viele müssen ihre Heimat verlassen oder sind permanent von Gewalt bedroht. Es kommt zu einer Ressourcenverschiebung weg von Schulen, Gesundheitssystemen und Infrastruktur. Dies erschwert eine nachhaltige Entwicklung und zerstört Chancen auf ein sicheres Leben, das eigentlich selbstverständlich sein sollte. Gleichzeitig nimmt der illegale Waffenhandel zu. Grundrechte und Menschlichkeit sind gefährdet.

In diesem Juli wollen wir einen wirkungsvollen und rechtsverbindlichen Waffenhandelsvertrag aushandeln und abschließen. Seit 2006 ist klar, dass die Vereinten Nationen hierfür der geeignete Rahmen sind. Wir haben das Thema umfassend analysiert und sind nun in der Schlussphase. Die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen hat ernsthaftes Interesse daran gezeigt, die Probleme des unregulierten Waffenhandels zu lösen. Auch Zivilgesellschaft, Parlamentarier und die globale Öffentlichkeit fordern, dass gehandelt wird. Wir haben beschlossen, das Problem anzugehen. Nun müssen wir beweisen, dass wir es ernst meinen.

Wir, einige der größten Exportnationen Europas und darum mit besonderer Verantwortung in dieser Angelegenheit, haben von Anfang an zusammengearbeitet. Wir teilen humanitäre Grundüberzeugungen und sind überzeugt, dass der legitime internationale Handel mit Rüstungsgütern bei den anstehenden Verhandlungen berücksichtigt werden muss. Staaten haben das Recht, die Mittel zum Schutz ihrer Bürger zu erwerben. Allerdings haben die Staaten die Verantwortung dafür, dass Waffen nicht in einer Weise verwendet werden, die im Widerspruch zu den humanitären Grundsätzen des Vertrags stehen oder das Völkerrecht verletzen.

Weil derzeit internationale Standards fehlen, können Regelungslücken ausgenutzt werden, trotz robuster Exportkontrollsystemen in vielen Staaten. Deshalb sollte der Waffenhandelsvertrag rechtlich verbindlich sein und national durchgesetzt werden. Das sichert weltweite Einheitlichkeit, die erforderlich ist, um den Vertrag effektiv zu machen, solange die Unterzeichnerstaaten das Recht haben, Entscheidungen über Rüstungsexporte selbst zu treffen.

Ein Waffenhandelsvertrag sollte alle Arten konventioneller Rüstungsgüter umfassen, insbesondere auch Kleinwaffen und leichte Waffen, außerdem alle Arten von Munition und die entsprechenden Technologien. Sehr wichtig ist auch, dass der Vertrag klare Bestimmungen zu Menschenrechten, dem humanitären Völkerrecht und nachhaltiger Entwicklung enthält.

Der Vertrag sollte verhindern, dass Waffen aus dem legalen Markt in den Schwarzmarkt gelangen, und Korruption im Waffenhandel verringern. Starke und umfassende internationale Standards sind dafür zentral.

Wir müssen auch an die Umsetzung des Vertrags denken. Er sollte Maßnahmen beinhalten, um die Exportkontrolle transparent und rechtlich durchsetzbar zu gestalten, und er sollte die Wirklichkeit der Rüstungsindustrie des 21. Jahrhunderts realistisch berücksichtigen.

Wir stehen vor einer gewaltigen Herausforderung, und vier Wochen sind als Verhandlungszeit äußerst knapp bemessen. Es ist noch eine Menge zu tun, um alle wichtigen Akteure des internationalen Rüstungshandels in den Prozess einzubinden. Wir brauchen einen möglichst breiten Schulterschluss aller Kräfte. Wir rufen alle Regierungen, die Zivilgesellschaft, die Verteidigungsindustrie und die einzelnen Bürger auf, uns dabei zu unterstützen, diesen hoffentlich endgültigen Durchbruch zu erzielen.

Laurent Fabius, Außenminister der Französischen Republik
Guido Westerwelle, Außenminister der Bundesrepublik Deutschland
Ewa Björling, Handelsministerin des Königreichs Schweden
William Hague, Außenminister des Vereinigten Königreichs

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