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„Nichts hat uns mehr Vertrauen eingebracht als die entschiedene Aufarbeitung unserer Vergangenheit“

17.06.2012 - Interview

Außenminister Guido Westerwelle zur Eröffnung der Ausstellung „Die Wilhelmstraße 1933 – 1945“ in Berlin. Erschienen in der B.Z. am Sonntag, 17.06.2012

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Mit der Berliner 'Wilhelmstraße' verbinden sich auch heute noch – weit mehr als sechzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges – Erinnerungen an die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten.

Von hier aus wurde die verbrecherische Politik der Nationalsozialisten gesteuert, Europa und die Welt mit einem grausamen Angriffskrieg überzogen und ein erbarmungsloser Vernichtungsfeldzug geführt. Hitler in alter und neuer Reichskanzlei, Heydrich und die Gestapo im Prinz-Albrecht-Palais, Goebbels in seinem Propagandaministerium, Göring im Reichsluftfahrtministerium, auch von Ribbentrop im Auswärtigem Amt: Sie alle residierten nicht nur an der Wilhelmstraße; ihre Verbrechen sind seither auch untrennbar mit Ort und Namen dieser Straße verbunden.

Der Zweite Weltkrieg wurde von der Wilhelmstraße aus entfesselt. Am Ende des Krieges schlug er mit voller Wucht auf seinen Ausgangspunkt zurück: Der aggressive Größenwahn der Nationalsozialisten hat auch die Wilhelmstraße nicht verschont; sie ging 1945 in Bombenangriffen, Panzersperren und Straßenkämpfen unter.

Welche Lehren können wir heute daraus ziehen?

Gebäude und Architektur des ehemaligen Machtzentrums ‚Wilhelmstraße’ sind zerstört oder verschwunden. Aber ihre Geschichte bleibt und die Erinnerung an die Wilhelmstraße ist weiterhin lebendig. Und das sollte auch so bleiben. Denn wohl nirgendwo sonst ist der unmittelbare Zusammenhang zwischen größenwahnsinniger Maßlosigkeit und vollständigem Untergang erlebbarer als an der Wilhelmstraße im Herzen von Berlin.

Und: Niemand hat deutlicher gemacht als die Nationalsozialisten, wie schnell sich Ansehen und Vertrauen verspielen lassen. Eine der drängendsten Aufgaben der jungen Bundesrepublik war es deshalb, in der Welt das Vertrauen in unser Land und seine Menschen zurückzugewinnen. Nur so war unser Weg zurück in die internationale Gemeinschaft möglich. Es ist gut, dass uns das Schritt für Schritt gelungen ist.

Nichts hat uns Deutschen weltweit und dauerhaft mehr Vertrauen eingebracht als die entschiedene Aufarbeitung unserer Vergangenheit.

Die Ausstellung ‚Topographie des Terrors’ und die in der kommenden Woche eröffnete Sonderausstellung ‚Die Wilhelmstraße 1933-1945: Aufstieg und Untergang des NS-Regierungsviertels’ sind – mit ihrem anschaulichen Überblick über den Verfolgungs- und Terrorapparat der Nationalsozialisten an genau der Stelle, wo die Entscheidungen der Nationalsozialisten einst getroffen wurden - leuchtende Beispiele für eine lebendige Erinnerungskultur.

Ich würde mich freuen, wenn sie weiter von so vielen Menschen, Berlinern und Besuchern der deutschen Hauptstadt, aufgesucht würde.

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