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Außenminister Westerwelle im Interview mit der argentinischen Zeitung 'La Nación'

06.11.2011 - Interview

Welches sind die Ziele der in Hamburg einzuweihenden EU-Lateinamerika/Karibik-Stiftung?

Den Chancen und Herausforderungen der Globalisierung ist kein Staat alleine gewachsen. Das gilt für Klimaschutz und Energiepolitik genauso wie für die Bekämpfung des Terrorismus. Deshalb müssen sich Lateinamerika und Europa in Zukunft noch viel stärker als bisher als strategische Partner begreifen. Lateinamerika und wir Europäer teilen die gleichen Vorstellungen von der Freiheit und Würde des einzelnen Menschen, von Demokratie, Rechtsstaat und Marktwirtschaft.

Mit welchen Maßnahmen sollen die Beziehungen zwischen Europa und der Region weiter ausgebaut werden?

Wir wollen, dass die EU-Lateinamerika/Karibik-Stiftung den Beziehungen zwischen unseren beiden Regionen eine neue Dynamik gibt. Die Stiftung soll Konzepte erarbeiten und dafür sorgen, dass sich die Partnerschaft zwischen Europa und Lateinamerika auf allen Ebenen noch weiter intensiviert.

Wie kann die EU die Euro-Krise definitiv bewältigen? Was fehlt dazu? Wann könnte dieses Ziel erreicht werden?

Zweierlei ist notwendig: Wir müssen die aktuelle Krise bewältigen, und wir müssen die richtigen Konsequenzen ziehen, damit sich eine solche Krise nicht wiederholt. An beidem arbeiten wir mit Hochdruck.

Aus welchem Grund haben die Märkte nach der auf dem jüngsten Euro-Gipfel in Brüssel erreichten Einigung wieder skeptisch reagiert? In der Meinung der Staats- und Regierungschefs der EU sollte dieser zur Abwehr der Schuldenkrise entscheidend gewesen sein.

Entscheidend ist, dass die Ergebnisse des jüngsten Gipfels der Europäischen Union in die Tat umgesetzt werden. Unabhängig von der innenpolitischen Entwicklung muss Griechenland seine Hausaufgaben machen.

Stimmen Sie dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu, dass China eine Rolle bei der Verstärkung des Rettungsschirms EFSF übernehmen sollte? Warum?

Wie auf dem Gipfel der G20-Staaten in Cannes beschlossen, werden gegenwärtig verschiedene Möglichkeiten entwickelt, wie große Volkswirtschaften zur Stabilisierung des Weltwährungssystems beitragen können.

Unter welchen Bedingungen würde der Pariser Club einen Vorschlag Argentiniens zur Begleichung seiner Schulden annehmen?

Es ist sicherlich im beiderseitigen Interesse, dass wir im Pariser Club Fortschritte erzielen. Ich denke, die Chancen hierfür stehen derzeit gut. Wir würden es sehr begrüßen, wenn die argentinische Seite ihre Vorstellungen konkretisiert. Auf dieser Grundlage sollten wir uns im Pariser Club zusammensetzen, um möglichst bald zu einer Vereinbarung zu kommen.

Besteht in Deutschland Interesse an Investitionen in Argentinien, obwohl es noch keine Einigung mit dem Pariser Club gibt, und die Weltbank bereits einen Kredit für Argentinien abgelehnt hat?

In den vergangenen Jahren haben wir weiter einen Anstieg auch deutscher Investitionen gesehen. Das Interesse ist daher grundsätzlich vorhanden. Was immer möglich ist, um verbliebene Hindernisse abzubauen und das Vertrauen unserer Unternehmer weiter zu stärken, sollte getan werden.

Welche Bereiche der deutsch-argentinischen Beziehungen sollten gefestigt werden?

Argentinien ist unser wichtigster strategischer Partner im spanisch sprechenden Südamerika. Großes Potential für den weiteren Ausbau dieser Beziehungen sehe ich grundsätzlich in den Bereichen Handel und Investitionen. Doch auch in der Forschung ist Argentinien stark. Argentinien ist das lateinamerikanische Land mit den meisten Nobelpreisträgern, und die argentinische Regierung fördert konsequent die naturwissenschaftliche Forschung und die technologische Innovation.

Das Interview erschien im Original in spanischer Sprache.

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