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Außenminister Westerwelle im Interview mit dem „General-Anzeiger Bonn“ zur Euro-Schuldenkrise und zum Umbruch in Nordafrika

05.09.2011 - Interview

Interview mit Bundesaußenminister Guido Westerwelle, erschienen im General-Anzeiger Bonn vom 5. September 2011

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Trauen sie den Griechen zu, dass sie ihre Vorhaben umsetzen, oder sind Sie skeptisch?

Wir wollen Europa schützen, und ganz besonders den Euro. Die Sozialdemokraten und die Grünen empfehlen, dies zu tun, indem wir das Schuldenmachen erleichtern - Stichwort Eurobonds. Eine Schuldenkrise bekämpft man aber nicht dadurch, dass man das Schuldenmachen leichter macht, sondern nur, indem man die Stabilitätskultur in ganz Europa verbreitet. Auch andere europäische Länder nehmen wie Deutschland jetzt Schuldenbremsen in ihre Verfassungen auf. Das war vor einem Jahr noch undenkbar. Wir brauchen mehr Wettbewerbsfähigkeit und mehr Haushaltsdisziplin in Europa, nicht leichteres Schuldenmachen mit Hilfe von Eurobonds.

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Wie gefährdet sind der Euro und die europäische Zukunft?

Europa ist unsere Wohlstandsversicherung in Zeiten der Globalisierung. Allein in China haben sich 1,3 Milliarden Menschen aufgemacht, ein Wohlstandsniveau wie unseres erreichen zu wollen. Man soll doch nicht denken, dass wir Nationalstaaten in Europa, auch nicht wir Deutschen mit 80 Millionen Menschen, alleine diesen Herausforderungen und dem globalem Wettbewerb gerecht werden könnten. Wenn wir unseren Wohlstand und unsere Lebensqualität verteidigen und ausbauen wollen, müssen wir eine noch stärkere Kooperation in Europa anstreben.

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In Sachen Libyen sind Sie in der vergangenen Woche scharf angegangen worden. Müssen Sie sich im Zusammenhang mit der UN-Entscheidung Fehler vorwerfen?

Diese Debatte ist in der letzten Woche ausführlich geführt worden. Jetzt geht es darum, wie wir unseren Beitrag leisten können, damit in den Umbruchländern Tunesien, Ägypten und nun auch Libyen Demokratie und Wohlstand aufgebaut werden können.

Was ist die deutsche Rolle dabei?

Wir Deutsche werden in Nordafrika besonders für unsere wirtschaftlichen Fähigkeiten geschätzt. Der Schwerpunkt unserer Arbeit wird im Aufbau von Infrastruktur und Industrie liegen. Dazu kommen Hilfe beim Aufbau der demokratischen Zivilgesellschaften und das humanitäre Engagement.

Nochmal eine Nachfrage zur Libyen-Entscheidung: Würden Sie sich erneut vor dem UN-Sicherheitsrat bei einem militärischen Libyen-Einsatz enthalten?

Jedermann weiß, dass es eine schwierige Abwägungsentscheidung war. Die Bundesregierung hat die Entscheidung, sich nicht an der militärischen Intervention in Libyen zu beteiligen, mehrfach gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit begründet. Jetzt blicken wir nach vorne.

Was bedeutet das konkret?

Wenn die Demokratiebewegung in Nordafrika erfolgreich sein soll, muss schnell eine positive wirtschaftliche Entwicklung in Gang gesetzt werden. Dazu ist nicht nur finanzielle Hilfe notwendig. Wir müssen diesen Staaten auch unsere Märkte öffnen, damit sie aus eigener Kraft den Aufbau schaffen können.

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Die Fragen stellten Andreas Tyrock, Sandro Schmidt und Kai Pfundt

Übernahme mit freundlicher Genehmigung des General-Anzeigers Bonn.

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