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Außenminister Westerwelle im SWR-Tagesgespräch zu Awacs und Libyen
Die Bundesregierung wird heute dem Parlament vorschlagen, deutsche Soldaten zu Awacs-Einsätzen nach Afghanistan zu schicken, mitzufliegen also in den speziellen Aufklärungsflugzeugen. Eine Art Ersatzleistung für die militärische Enthaltung in Libyen, aber, Herr Minister, noch im Januar haben Sie ja einen deutschen Awacs-Einsatz in Afghanistan ausdrücklich abgelehnt. Ist mit dieser Rückkehr zu mehr Engagement am Hindukusch der Abzugsbeginn überhaupt noch zu halten?
(...) Die Entwicklung in Libyen hat uns ja alle vor neue Entwicklungen und neue Situationen gestellt. Deutschland wird sich an einem militärischen Einsatz in Libyen nicht beteiligen, gleichwohl ist die Resolution der Vereinten Nationen jetzt internationales Recht, und wir wollen deshalb unsere Verbündeten entlasten. Im Übrigen stand eine neue Awacs-Entscheidung in den nächsten Monaten ohnehin an. Klar ist eines: Die Obergrenze von 5350 Soldaten bleibt, das heißt es werden keine neuen Kontingente bereitgestellt für Afghanistan, sondern die Mandatsobergrenze wie bisher bleibt auch.
Und der Abzugsbeginn noch 2011 - ist der noch zu halten?
Wir haben ja gerade gestern gehört, dass die regionale Übergabe der Verantwortung begonnen hat. Das begrüße ich sehr. Die entsprechende Erklärung von Präsident Karzai, auch eine Provinz, eine Stadt im Norden, also in unserem Verantwortungsbereich der Bundeswehr ist dabei. Und jetzt geht es natürlich auch darum, dass wir auch unser Ziel erreichen, vollständig die Übergabe der Verantwortung bis zum Jahre 2014 zu ermöglichen...
...und 2011 beginnen?
Und Ende 2011 wollen wir erstmals mit der Rückführung unseres eigenen Bundeswehr-Kontingentes beginnen können. Allerdings wie im Bundestag beschlossen, (...) steht das natürlich immer unter den Vorbehalt, dass die Lage es dann auch Ende des Jahres zulässt, das heißt dass die zurückbleibenden Soldaten in keiner Weise gefährdet werden.
Wenn Awacs auch diese zivile Funktion hat, die Sie gerade erwähnt habe, das gewährleistet ja auch den zivilen Flugverkehr, warum lassen Sie dann nicht deutsche Awacs-Soldaten im Luftraum vor Libyen mitwirken, als deutschen Beitrag im aktuellen Konflikt?
Genau das ist ja die entscheidende Frage, wenn Kampfeinsätze von diesen Flugzeugen aus gesteuert werden und koordiniert werden, dann ist das ein unmittelbarer militärischer Eingriff in die Kampfhandlungen.
Aber mit Ihrer Awacs-Entscheidung für Afghanistan leisten Sie indirekt doch auch Beistand, nämlich Entlastung für die Luftoperation in Libyen? Wie passt diese logistische Hilfe zu Ihrer demonstrativen Enthaltung im UN-Sicherheitsrat?
Weil wir einerseits natürlich unverändert bei unserer Position sind, dass wir uns an Kampfeinsätzen mit deutschen Soldaten in diesem neuen militärischen Einsatz in Libyen nicht beteiligen werden, weil wir andererseits aber auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Vereinten Nationen entschieden haben. Sie haben entschieden, (...) jetzt geht es um die Umsetzung der Resolution, und wir wirken ja auch an anderer Stelle mit. Wir vergrößern zum Beispiel unser humanitäres Engagement, also wir sorgen zum Beispiel dafür, dass Flüchtlinge entsprechend auch betreut werden, wir stellen auch Geld für medizinische Versorgung zur Verfügung. (...)
Die Bundesmarine darf an der Durchsetzung des Waffenembargos nicht mitwirken, obwohl Sie hier ja vor 3 Wochen auch für ein starkes Embargo plädiert haben, Herr Minister. Wie werden Sie denn entscheiden, wenn es jetzt um die Frage geht, ob die NATO das Oberkommando für die Flugverbotszone übernehmen soll? Werden Sie mit Ja oder Nein stimmen?
Alles, (...) was eine Bundeswehr-Beteiligung bei diesem Militär-Einsatz in Libyen bedeutet, werden wir nicht mitmachen, das ist die rote Linie. Wir haben uns das sehr genau überlegt, wir haben das abgewogen. Hätten wir im Sicherheitsrat uns anders verhalten, ginge es heute nur noch um die Frage wieviele deutsche Soldaten nach Libyen geschickt werden (...).
Gilt diese Entscheidung definitiv, dass Deutschland nicht an Kampfhandlungen um Libyen nicht teilnimmt? Oder ist ein späteres Eingreifen nicht ausgeschlossen?
Wir haben humanitäre Hilfe, wir sorgen dafür, dass die Sanktionen erweitert werden - ich halte es übrigens auch nicht für überzeugend, dass einerseits Kampfhandlungen geflogen werden, andererseits aber immer noch kein umfassendes Ölembargo sicherstellt, dass das System Gaddafi nicht an frisches Geld kommt. Wir sind ja alle gemeinsam der Überzeugung, dass das System Gaddafi weg muss....
Aber die Frage ist jetzt noch nicht beantwortet – ist ein späteres Eingreifen nicht ausgeschlossen?
Ich hatte die Frage, glaube ich, vorher schon ganz klar beantwortet, nämlich dass wir uns an Kampfhandlungen mit deutschen Soldaten in Libyen nicht beteiligen werden. Wir schicken die Bundeswehr nicht nach Libyen in diesen neuen Kampfeinsatz. Das haben wir entschieden, wir haben es abgewogen und wir sind auch der Überzeugung, dass das eine richtige Entscheidung ist.