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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 29.12.2025
US-Sanktionen gegen die Geschäftsführerinnen der Organisation HateAid
Frage
Da wir seit den Ankündigungen der USA zu Sanktionen bzw. seit dem Aussprechen von Sanktionen seitens des US-Außenministeriums keine Gelegenheit hatten, eine Regierungspressekonferenz durchzuführen, möchte ich doch noch nachfragen, welche Maßnahmen seitdem durch die Bundesregierung ergriffen worden sind, um ungerechtfertigte Sanktionen gegen deutsche Staatsbürger abzuwehren. Ich weiß nicht, wer das am besten beantworten kann ‑ Herr Hinterseher vielleicht, Herr Hille vielleicht; vielleicht auch, weil es ums Digitale geht, Herr Druckenthaner.
Hille (BReg)
Vielen Dank. ‑ Ich würde den Anfang machen und möchte zunächst darauf hinweisen, dass wir all das, was da stattgefunden hat ‑ das war ja unmittelbar vor Weihnachten, um nicht zu sagen an Weihnachten, was auch erklärt, warum wir seitdem hier noch nicht zusammengekommen sind ‑ natürlich zur Kenntnis genommen haben, und wir beobachten die Entwicklungen natürlich auch sehr aufmerksam.
Um das klar zu sagen: Die Vorwürfe der US-Administration und die Einreisesperren unter anderem gegen zwei deutsche Staatsangehörige weisen wir deutlich zurück. Es ist nicht akzeptabel, dass Personen, die sich gegen rechtswidrige Inhalte im Internet oder für die Einhaltung geltenden EU-Rechts in der EU einsetzen, sanktioniert werden. Nach welchen Regeln für den digitalen Raum wir in Deutschland und Europa leben, entscheiden wir gemeinsam mit unseren Partnern in der EU. ‑ Herr Hinterseher, wenn Sie da ergänzen mögen.
Hinterseher (AA)
Das werde ich gerne machen, ja. ‑ Der Digital Services Act stellt sicher, dass alles, was offline illegal ist, auch online illegal ist, und er ist geltendes EU-Recht. Er gilt auch nicht extraterritorial. Sie haben vielleicht auch die Äußerungen des Ministers vom 24. Dezember dazu gesehen. Es handelt sich beim DSA um ein europäisches Instrument, und deshalb ist ein gemeinsames Vorgehen der EU-Kommission und der europäischen Mitgliedsstaaten im Umgang damit aus unserer Sicht jetzt zentral.
Zu HateAid hat der stellvertretende Regierungssprecher gerade schon etwas ausgeführt. Die Arbeit von HateAid als radikalen Aktivismus zu bezeichnen, entbehrt aus unserer Sicht jeder Grundlage. Wie schon erwähnt, ist das Vorgehen aus unserer Sicht nicht akzeptabel und sind die Vorwürfe unzutreffend. Deswegen ist klar, dass die Meinungsfreiheit vor staatlichen Eingriffen und vor Einschüchterungsversuchen geschützt werden muss.
Der Minister hat auch gesagt ‑ das ist jetzt eine Wiederholung dessen, bezieht sich aber vermutlich auf Ihre Fragestellung ‑, dass wir andere Auffassungen in dieser Sache mit den USA in enger Abstimmung mit anderen europäischen Partnern besprechen möchten; denn ein enger und vertrauensvoller transatlantischer Dialog in dieser Sache ist im beiderseitigen Interesse.
Zusatzfrage
Herr Hinterseher, ich deute Ihren letzten jetzt einmal Satz so, dass Sie noch weiteren Beratungsbedarf sehen. Mit betroffen sind ja auch Staatsbürger aus dem Vereinigten Königreich, das ja nicht mehr zur EU gehört. Soll auch da konsultiert werden?
Ich würde gerne auch noch ganz konkret wissen: Hat die Bundesregierung in dieser Sache in irgendeiner Form selbst Kontakt zur US-Administration aufgenommen oder gesucht? Versucht sie darauf hinzuwirken, dass sich etwas an den ausgesprochenen Sanktionen ändert?
Hinterseher (AA)
Ich hatte ja gerade ausgeführt, dass wir uns mit unseren europäischen Partnern abstimmen. Auch Großbritannien ist natürlich ein europäischer Partner, auch wenn es nicht mehr in der Europäischen Union ist. Das ist der Stand der Dinge, den ich Ihnen hier mitteilen kann.
Druckenthaner (BMDS)
Ich kann mich dem Gesagten eigentlich nur anschließen. Auch für uns ist der DSA ‑ das hat auch unser Minister mehrfach zum Ausdruck gebracht ‑ nicht verhandelbar, und er sollte auch nicht mit Handelsthemen vermischt werden. Das ist europäisches Recht, das von den Mitgliedstaaten der EU und mit einer breiten Parlamentsmehrheit beschlossen wurde. Das sind unsere Regeln für den digitalen Raum und das ist Ausdruck unserer Werte. Was offline verboten ist, muss es auch online sein. Genauso wie deutsche und europäische Unternehmen die Gesetze in den USA befolgen müssen, haben amerikanische Unternehmen in Europa unsere Regeln zu akzeptieren.
Mit Blick auf Ihre Frage: Wir werden uns in Gesprächen natürlich auch dafür einsetzen, dass diese Maßnahme überprüft und aufgehoben wird.
Frage
Herr Hinterseher, es gab Forderungen, den US-Geschäftsträger einzubestellen. Ist das denn geschehen oder ist das geplant?
Hinterseher (AA)
Ich glaube, ich laufe Gefahr, mich an dieser Stelle zu wiederholen, aber ich möchte es noch einmal darstellen: Ich möchte auf die Äußerungen des Ministers in dieser Sache verweisen, nämlich dass andere Auffassungen, die wir mit den USA in dieser Sache haben, in enger Abstimmung mit den europäischen Partnern besprochen werden sollen und dann auch mit den transatlantischen Partnern besprochen werden. Darüber hinaus habe ich Ihnen an dieser Stelle nichts anzukündigen.
Frage
Auch noch einmal dazu: Es ist zumindest angekündigt worden, dass auch von EU-Seite Journalisten sanktioniert werden, zuletzt Roger Köppel. Können Sie uns vielleicht noch einmal die deutsche Position dazu geben? Roger Köppel ist Chefredakteur des Magazins „Die Weltwoche“ und war früher einmal für Axel Springer bei der „WELT“, und er soll wohl auch sanktioniert werden. Zuletzt gab es dann noch einen Autoren, der auch sanktioniert wurde. Was ist die deutsche Position dazu, was ist von solchen Verfahren zu halten?
Hinterseher (AA)
Ich glaube, zu Einzelfällen würden wir es so halten, wie wir es in der Vergangenheit auch gehalten haben, nämlich dass wir uns hierzu nicht verhalten.
Ansonsten gilt natürlich das, was wir hier auch in der Vergangenheit dargelegt haben, nämlich dass wir uns in entsprechenden Fällen natürlich einsetzen. Im Umkehrschluss gilt aber ‑ und ich glaube, es ist vielleicht wichtig, auch das an dieser Stelle noch einmal darzulegen ‑: In Europa gilt Meinungsfreiheit. Insofern ist das nichts, was in Rede steht.
[…]
Aufnahme von Afghaninnen und Afghanen in Deutschland
[…]
Frage
Auch zu diesem Thema: Frau Kock, können Sie sagen, wie viele Verfahren in Deutschland noch anhängig sind, wo Menschen versuchen, die Rechtsverbindlichkeit ihrer Aufnahmezusagen noch klären zu lassen?
Was passiert mit den Menschen, die in Pakistan sind? Verhandeln Sie mit den pakistanischen Behörden darüber, dass diese Menschen nicht nach Afghanistan ausgewiesen werden, oder was ist Ihr Vorgehen?
Dr. Kock (BMI)
Zu den anhängigen Klagen hier in Deutschland liegen mir keine Zahlen vor. Das müssten wir, sofern wir die Zahlen bekommen können, nachreichen.
Es gilt weiterhin, dass wir uns sehr darum bemühen, die Personen, die noch in Pakistan aufhältig sind, nach Deutschland zu bekommen. Das gilt für die Personen aus den Bundesaufnahmeprogrammen.
Hinterseher (AA)
Ich kann vielleicht etwas zur Zahl der Verfahren beitragen, da die Bundesregierung in diesen Verfahren durch das Auswärtige Amt vertreten wird. Die Bundesregierung wird durch das Auswärtige Amt in 230 Eilverfahren vertreten.
Zusatzfrage
Verhandeln Sie mit den Pakistanis über eine längere Frist, bevor die Menschen dort ausgewiesen werden?
Hinterseher (AA)
Wir hatten uns hier, glaube ich, in der Vergangenheit öfter dazu geäußert. Es gab eine verlängerte Frist, eine Nachfrist bis zum 31. Dezember. Wir haben uns gegenüber der pakistanischen Seite mehrfach dahingehend eingesetzt. Es ist richtig, dass diese geschlossene Vereinbarung nicht verlängert wird. Die Bundesregierung weiß natürlich nicht, wann die pakistanischen Behörden Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus diesen Aufnahmeprogrammen dann möglicherweise abschieben möchten oder würden. Es ist mit Sicherheit zutreffend, dass wir uns gegenüber der pakistanischen Regierung weiter intensiv dafür einsetzen, dass diese Programmteilnehmerinnen und ‑teilnehmer für die Dauer der Prüfungen im Ausreiseverfahren in Pakistan verbleiben können, auch über dieses Datum hinaus. Die formale Frist, die uns gewährt wurde, trägt allerdings nicht mehr.
[…]
Teilnahme von AfD-Politikern an der Münchner Sicherheitskonferenz
Frage
Ich habe eine kurze Frage zur MSC. Nachdem Alexander Hoffmann, der Landesgruppenchef, gestern zunächst gefordert hatte, die AfD solle nicht eingeladen werden, hat die MSC ja mitgeteilt, dass diesmal AfD-Politiker bei der Münchner Sicherheitskonferenz dabei sein würden, Einladungen schon raus sind. Ich wüsste erstens gerne: Weiß das Auswärtige Amt das, und was hält es von dieser Einladung? Herr Hille, wenn Sie dazu auch eine Meinung haben, dann wüsste ich auch gerne die der gesamten Bundesregierung.
Hinterseher (AA)
Ich habe für das Auswärtige Amt hierzu nichts beizutragen. Das ist eine Entscheidung der Münchner Sicherheitskonferenz.
Frage
Wussten Sie es? War das Amt einbezogen? Ich frage, weil die AfD in den letzten Jahren ausdrücklich von Herrn Heusgen nicht eingeladen worden ist.
Hinterseher (AA)
Das müsste ich in Erfahrung bringen. Dazu kann ich Ihnen jetzt stante pede leider keine Auskunft geben.
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Warnung des russischen Außenministeriums vor Reisen nach Deutschland
Frage
Ich habe eine Frage, wahrscheinlich an Herrn Hinterseher: Das russische Außenministerium hat über Weihnachten russische Staatsbürger vor der Einreise nach Deutschland gewarnt. Besonders russische Journalisten wurden gewarnt, weil sie angeblich gefährdet seien. Haben Sie dazu irgendwelche Erkenntnisse? Gab es da einen Kontakt zu den Russen, oder wie lief das ab?
Hinterseher (AA)
Was ich Ihnen dazu sagen kann, ist, dass wir natürlich diese insinuierten Vorwürfe, nämlich dass es in Deutschland eine wie auch immer geartete Gefahr für russische Staatsangehörige gebe, rundheraus zurückweisen. In Deutschland gilt vor allem Presse‑ und Meinungsfreiheit. Wir hatten das gerade auch in einem anderen Themenkomplex schon einmal behandelt, und das gilt natürlich weiter fort. Insofern sind diese Äußerungen ‑ ich glaube, sie stammen von der Sprecherin des russischen Außenministeriums ‑ leider nicht überraschend, aber grundfalsch.