Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Interview: Guido Westerwelle in Bild und der türkischen Zeitung Hürriyet zur Frage eines türkischen EU-Beitritts und zum deutschen Engagement in Afghanistan

27.07.2010 - Interview

Herr Minister, heute und morgen besuchen Sie die Türkei. Soll das Land EU-Mitglied werden?

Müsste die Frage heute entschieden werden, wäre die Türkei nicht beitrittsfähig und die Europäische Union nicht aufnahmefähig. Wir haben aber ein großes Interesse daran, dass die Türkei sich Richtung Europa orientiert. Ich möchte eine Türkei, die auf der Seite Europas steht. Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Das Land kann bei der Lösung vieler Konflikte sehr konstruktiv helfen - ob es um Afghanistan, Iran, Jemen oder den Nahen Osten geht.

Sollte es über den EU-Beitritt der Türkei einen Volksentscheid geben?

Man sollte jetzt nicht über Dinge spekulieren, die erst in Jahren anstehen. Von über 30 Verhandlungskapiteln sind derzeit über die Hälfte blockiert. Wer den Eindruck erweckt, der Beitritt stünde vor der Tür, liegt also gänzlich falsch. In Wahrheit geht es darum, die Türken nicht vor den Kopf zu stoßen und den Eindruck zu erwecken, wir seien nicht an ihnen interessiert.

Muss die türkische Regierung Türken in Deutschland drängen, sich hier besser zu integrieren?

Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat die türkischstämmigen Zuwanderer aufgerufen, die deutsche Sprache zu lernen. Das unterstütze ich. Integration und das Erlernen der deutschen Sprache sind der Schlüssel zum Erfolg in unserer Gesellschaft.

Afghanistan ist das schwierigste Feld der deutschen Außenpolitik. Wann kehrt der letzte deutsche Soldat vom Hindukusch heim?

2011 sollen afghanische Kräfte in den ersten Provinzen die Verantwortung für die Sicherheit übernehmen. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen kann dann erstmals eine Rückführung des Bundeswehr-Kontingents beginnen. 2014 soll die Sicherheitsverantwortung für das ganze Land an Afghanistan übergehen.

Ziehen dann alle deutschen Soldaten ab?

Nein. Übergabe der Sicherheitsverantwortung heißt nicht Abzugsdatum. Wir wollen keinen Afghanistan-Einsatz auf Ewigkeit. Aber wir müssen in Afghanistan noch darüber hinaus helfen, mit Soldaten und auch beim zivilen Aufbau. Wir müssen verhindern, dass in Afghanistan wieder Terroristen ausgebildet werden, die Anschläge auch hier in Deutschland und Europa verüben, nur weil wir freiheitlich leben wollen.

Können die Taliban Verhandlungspartner sein?

Der Aussöhnungsprozess ist eine afghanische Angelegenheit. Aber es muss rote Linien geben. Die Freiheit und die Verfassungsrechte, die z.B. für Frauen errungen wurden, dürfen nicht geopfert werden.

[..]

Verwandte Inhalte

Schlagworte

nach oben