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Interview: Guido Westerwelle im General-Anzeiger zu den Beschlüssen zur Stärkung der Euro-Zone

13.05.2010 - Interview

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Wie bewerten Sie die Beschlüsse der EU vom Wochenende? Hat die Bundesregierung alle bisher gültigen Grundsätze über Bord geworfen, steuern wir auf eine europäische Wirtschaftsregierung zu ...

Nein, gewiss nicht.

...und nehmen die Europäische Zentralbank an die Kandare der Politik?

Auch hier widerspreche ich nachdrücklich. Die EZB hat von sich aus entschieden, Staatsanleihen aufzukaufen, und sie hat gleichzeitig erklärt, dass sie die Geldmenge durch das Abstoßen anderer Anleihen nicht vergrößern wird. Das ist ein wichtiges Signal auch gegen inflationäre Tendenzen. Wir haben einen Schirm gespannt, um unsere Währung zu schützen.

Reicht das?

Wir müssen die richtigen Konsequenzen aus dieser Krise ziehen. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass bereits Mitte Mai die neue europäische Richtlinie zur schärferen Kontrolle der Hedgefonds verabschiedet wird. Diese wurden erst 2004 unter Rot-Grün in Deutschland zugelassen. Wir möchten, dass sie nicht mehr so unreguliert weiterarbeiten können. Unser Ziel ist es, exzessive Spekulationen einzudämmen.

Aber natürlich geht es auch darum, die Ursachen zu bekämpfen, die diese Spekulationen erst möglich gemacht haben: Das sind zu viel neue Schulden bei zu vielen Ländern in Europa in zu kurzer Zeit. Deshalb begrüßen wir auch den Vorschlag von EU-Währungskommissar Olli Rehn, in Europa eine Schuldenbremse nach dem Vorbild der deutschen Schuldenbremse zu installieren.

Wäre der Schutzschirm zu verhindern gewesen, wenn Deutschland die Hilfen für Griechenland nicht gebremst hätte?

Nein, es war völlig richtig, dass wir keinen Blankoscheck für die Hilfen ausgestellt haben. Ohne die harten Auflagen zur Haushaltskonsolidierung hätte Geld für Athen kein Problem nachhaltig gelöst. Und auch jetzt gilt: Wer unter den Schutzschirm will, muss seine Hausaufgaben zur Haushaltskonsolidierung machen.

Kann Politik Spekulation in Grenzen halten, wird sie ungedeckte Leerverkäufe unterbinden?

Ja, das werden wir. Die alte Regierung hatte das Verbot des spekulativen Handelns mit Dingen, die man gar nicht hat, befristet, wir werden dieses Verbot wieder einführen. Wir werden auch spekulative Geschäfte mit Kreditausfallversicherungen angehen. Marktwirtschaft heißt nicht freies Spiel der Kräfte, heißt nicht Robinson Crusoe und das Recht des Stärkeren, sondern heißt staatliche Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich dann ein Markt vernünftig entfalten kann. Das ist auf dem Bonner Marktplatz, wo auch Regeln beachtet werden müssen, genauso richtig wie auf internationalen Märkten.

Was ist mit der Finanztransaktionssteuer, die die Sozialdemokraten fordern und über die die Union nun auch wieder nachdenkt?

Das wird ja in Europa geprüft, aber die Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds sind andere. Der IWF hält die Financial Activity Tax für besser, weil sie anders als die Finanztransaktionssteuer nicht den normalen Sparer treffen kann, sondern diejenigen, die mit Spekulationen Gewinne machen.

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