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Außenminister Westerwelle in der WELT am SONNTAG zum iranischen Atomprogramm

07.02.2010 - Interview

Herr Westerwelle, Sie sind im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz mit Irans Außenminister Mottaki zusammengetroffen. Welche Botschaft hatten Sie für ihn?

Dass den unverbindlichen Worten endlich Taten folgen müssen, und zwar in Form einer verbindlichen Vereinbarung mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO. Wir warten seit Monaten darauf, dass Iran das IAEO-Angebot zur Urananreicherung im Ausland annimmt. Teheran hat selbstverständlich das Recht auf zivile Nutzung der Kernenergie. Aber es muss volle Transparenz hergestellt werden, denn eine atomare Bewaffnung des Iran ist in keiner Weise akzeptabel. Das gefährdet nicht nur die Staaten der Region einschließlich Israel, es gefährdet die Sicherheitsstatik der ganzen Welt.

Mottaki stellt der IAEO neue Bedingungen. Ist dieses weitere taktische Manöver akzeptabel?

Wir brauchen keine taktischen Manöver, sondern konkrete, nachvollziehbare Schritte der Kooperation und Transparenz. Das habe ich dem iranischen Außenminister klar gesagt.

Aus einem Papier der IAEO geht hervor, dass Teheran längst den Bauplan für einen modernen Atomsprengkopf entwickelt hat und auch über die passende Raketentechnik verfügt. Wird die Zeit nicht allmählich knapp?

Wir sind zu seriösen Verhandlungen jederzeit bereit, Tag und Nacht. Iran muss aber wissen, dass die Geduld der Völkergemeinschaft nicht unendlich ist. Wenn es keinen seriösen Fortschritt gibt, werden wir zu weiteren Maßnahmen übergehen müssen.

Für Israel zählt dazu auch ein Militärschlag, das hat die Regierung in dieser Woche erneut deutlich gemacht. Fürchten Sie, dass es soweit kommen wird?

Spekulationen über einen Militärschlag verbieten sich, wenn man ernsthaft etwas erreichen möchte. Wir wollen keine Sanktionen und arbeiten daran, dass sie nicht nötig werden. Aber wir sind bereit, sie zu unterstützen, wenn der Iran nicht zur Kooperation zurückkehrt.

China steht Wirtschaftssanktionen skeptisch gegenüber. Würde Deutschland diese im Alleingang mit willigen Staaten durchsetzen?

Wir wollen eine abgestimmte Haltung der Völkergemeinschaft. Ich reise ja durch die Welt, um Gespräche mit allen Beteiligten zu führen. Auch bei meinem jüngsten Besuch in Peking haben wir darüber gesprochen. Mein ganz deutlicher Eindruck ist, dass China kein Interesse daran hat, dass Iran Atomwaffen bekommt. Und ich darf daran erinnern, dass sowohl China als auch Russland bislang sämtliche Sanktionsresolutionen des Sicherheitsrates zu Iran unterstützt haben. Das gilt auch für die jüngste, von Deutschland mitinitiierte Resolution bei der IAEO.

Sie verstehen es als Teil Ihrer Aufgabe als Außenminister, den Handel zu fördern. Nun würden Sanktionen die deutsche Wirtschaft als größten Handelspartner Irans in Europa besonders treffen.

Ich habe Vertretern der deutschen Wirtschaft und Industrie bereits mitgeteilt, dass wir die Ausweitung von Sanktionen nicht ausschließen können. Ich bekam dann die Frage gestellt, ob ich wisse, was das koste. Ja, das weiß ich. Aber eine atomare Bewaffnung des Irans käme die deutsche Wirtschaft und die ganze Welt deutlich teurer zu stehen.

Siemens hat seine Aktivitäten schon reduziert, vor allem auf Druck aus den USA. Andere Unternehmen planen keine Einschränkungen. Muss nicht auch die Bundesregierung ihren politischen Druck verstärken?

Eins nach dem anderen. Wenn der Iran Vernunft walten lässt, wird das nicht nötig sein. Wenn nicht, setze ich auf die Vernunft der deutschen Unternehmen.

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