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Gastbeitrag von Bundesaußenminister Guido Westerwelle im Kölner Stadt-Anzeiger

27.01.2010 - Interview

„Wir brauchen einen Neuanfang“

Deutschland ist in Afghanistan, weil wir die Menschen dort beim Aufbau ihres Landes und ihrer Zukunft unterstützen. Wir sind aber vor allem für unsere eigene Sicherheit in Afghanistan: Die Anschläge in New York, Madrid und London haben gezeigt, welche Gefahren drohen, wenn ein Land in die Hände von Terroristen fällt. Oder haben wir schon die Sauerland-Gruppe vergessen, die auch bei uns hunderte Menschen in den Tod reißen wollte?

Lage verschlechtert

Wir stehen dabei vor gewaltigen Herausforderungen: Die Sicherheitslage in manchen Regionen Afghanistans hat sich verschlechtert. Die Einhaltung der Menschenrechte ist für viele Afghaninnen und Afghanen ein ferner Traum.

Vieles haben wir aber auch erreicht: 6,5 Millionen Mädchen und Jungen besuchen heute eine Schule - fünf Mal so viel wie vor dem Sturz der Taliban. Straßen und Brücken wurden gebaut, Krankenhäuser errichtet, Brunnen gebohrt. Wir wollen, dass die Afghaninnen und Afghanen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können.

Klar ist: Die Probleme Afghanistans werden wir nicht militärisch lösen. Wir brauchen eine politische Lösung. Bildung, Erziehung, Landwirtschaft, Arbeitsplätze - hier müssen Erfolge erzielt werden, wenn Afghanistan nicht wieder in Chaos und Terror abgleiten soll. Dieser zivile Aufbau muss im Moment noch militärisch abgesichert werden.

Dabei gilt: Unsere Bürger wollen wissen, wie es weiter geht, und unsere Soldatinnen und Soldaten brauchen eine Perspektive. Noch in diesem Jahr soll die afghanische Regierung die Verantwortung für einzelne Regionen übernehmen. Schon im nächsten Jahr wollen wir damit beginnen, unsere militärische Präsenz schrittweise zu verringern. Bis 2014 soll die Sicherheitsverantwortung vollständig in afghanische Hände übergehen.

Wer raus will, muss mehr tun

Wer raus will, der muss bereit sein, zunächst mehr zu tun. Deshalb hat die Bundesregierung beschlossen: eine Verdopplung der Entwicklungsprojekte, mehr Ausbilder für die afghanische Polizei, ein Programm, damit Taliban-Mitläufer aussteigen, und auch mehr Soldaten für den Schutz der Zivilbevölkerung und den Aufbau der afghanischen Armee. Die Londoner Konferenz kann ein Wendepunkt werden. Wir brauchen einen Neuanfang. Deshalb hat die Bundesregierung ihr Konzept mit einem Strategiewechsel beschlossen.

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