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Rede von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier anlässlich der Eröffnung der Botschafterkonferenz 2008
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Kemal Dervis,
sehr geehrter Jean Ping,
sehr geehrte Abgeordnete des Europäischen Parlaments und des Deutschen Bundestags,
Exzellenzen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich freue mich, Sie im Weltsaal hier im Auswärtigen Amt begrüßen zu dürfen.
Ganz besonders freue ich mich, dass Kemal Dervis zu uns nach Berlin gekommen ist. Lieber Kemal, als Chef des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen wirst du uns deine „Insider-Perspektive“ zu unserem diesjährigen Schwerpunktthema „Globale Sicherheit und Entwicklung – Fokus Afrika“ darlegen. Dafür danke ich dir herzlich.
Lieber Jean Ping, Sie stehen ganz besonders für den diesjährigen Afrika-Schwerpunkt unserer Botschafterkonferenz. Als Präsident der AU Kommission laufen bei Ihnen in Addis Abeba die politischen Fäden Afrikas zusammen. Ich danke Ihnen, dass Sie unserer Einladung nach Berlin gefolgt sind und freue mich ganz besonders auf ihren Beitrag.
Aus dem Süden Afrikas ist uns eine alte Weisheit überliefert: Das Unglück hält sich nicht an Besuchstage. Denn wir wollten uns heute und in den kommenden Tagen aus gutem Grunde intensiv mit Afrika beschäftigen, und kommen doch nicht umhin, uns zunächst mit der aktuellen Krise im südlichen Kaukasus zu beschäftigen.
Einer Krise, die in der internationalen Politik einen jähen Temperatursturz ausgelöst hat, der uns um Jahre zurückzuwerfen droht. Es wird viel Zeit und diplomatische Mühe kosten, das Vertrauen wieder herzustellen, das binnen weniger Tage in der Region, aber auch zwischen Russland und seinen Partnern in Europa und den USA verloren gegangen ist.
Vor gerade einmal zwei Monaten - nur drei Wochen vor Beginn des aktuellen Konflikts - habe ich den Kaukasus besucht. In einer Phase, in der die Bezeichnung als „frozen conflict“ schon nicht mehr stimmte und die Region bereits - wie unsere britischen Freunde sagen: „out of the fridge“ war, vielleicht sogar schon überhitzt. Mit allen Parteien haben wir uns intensiv um Möglichkeiten zur Überwindung bestehender Gräben und Konflikte bemüht.
Die plötzliche Eskalation der Ereignisse, die Entwicklung hin zu der verfahrenen Lage, mit der wir heute konfrontiert sind, kam in dieser Form für alle Beobachter überraschend.
Ich habe in der ersten Phase nach der militärischen Eskalation gesagt: es kann jetzt nicht darauf ankommen, dass wir uns als Richter der Situation darstellen, sondern es ist unsere Hilfe und Hilfsbereitschaft gefragt - unabhängig davon, wer verantwortlich ist für diese Situation.
Es waren Menschen gestorben, Menschen zu Schaden gekommen, viele hatten ihr Hab und Gut verloren, Zehntausende - 150 000 insgesamt – waren zur Flucht gezwungen. In dieser Stunde nach Schuld und Verantwortung zu fragen war nicht zu verantworten und deshalb haben wir gesagt: Hilfe leisten wir unabhängig davon!
Wir sind jetzt in einer zweiten Phase. In einer Phase, in der wir unsere mittel- und langfristigen Beziehungen zu den Konfliktpartnern, Georgien auf der einen Seite und Russland auf der anderen Seite, definieren und Entscheidungen treffen müssen, die für sehr lange Zeit das Verhältnis zwischen Europäischer Union und Georgien, zwischen Europäischer Union und Russland bestimmen. Und deshalb müssen wir schon ein bisschen genauer wissen, wer mit welchen Anteilen an Verantwortung bei der militärischen Eskalation beteiligt war.
Diese Erwartung haben beim informellen EU-Außenministertreffen in Avignon am vergangenen Wochenende auch zahlreiche meiner Außenministerkollegen zum Ausdruck gebracht.
Aktuell stehen wir in den nächsten Wochen und Monaten allerdings noch vor anderen zukunftsgerichteten Aufgaben:
Erstens: wir müssen den Konflikt in Georgien unter Kontrolle bringen und einer politischen Lösung zuführen.
Ich bin froh darüber, dass sich die französische Ratspräsidentschaft von Anfang an der Lösung des Konflikts intensiv angenommen hat.
Ihnen ist das vielleicht klarer als manchen, die der Außenpolitik etwas weniger nahe stehen: was Präsident Sarkozy in der Stunde der Krise gemacht hat, war keine Selbstverständlichkeit. Es war ein hohes Risiko, unter völlig unübersichtlichen Bedingungen in der Region, nach Tiflis und nach Moskau zu fahren und zu versuchen, einige Punkte auszuhandeln, die dazu bestimmt waren, die Waffen zum Schweigen zu bringen.
Die besserwisserische Kritik an dem Sechspunkteplan, der zwischen Sarkozy und Medwedew ausgehandelt worden ist, verstehe ich nicht. Natürlich konnte der Plan in dieser Situation kaum vollständig sein. Und natürlich weiß jeder, der sich mit Außenpolitik und Verhandlungsprozessen beschäftigt, dass man in zwei Monaten mehr an Verhandlungen zu detaillierteren Lösungen hätte kommen können. Ich finde nur, das ist ein zynisches Argument. Denn in den zwei Monaten, in denen man versucht hätte detailliertere Ergebnisse zu erreichen, wären weiter Menschen gestorben, weitere zur Flucht gezwungen worden.
Deshalb ist mir trotz aller Schwierigkeiten die Variante lieber, dass wir jetzt unter den Bedingungen eines brüchigen Waffenstillstandes verhandeln können, als unter Fortsetzung der gewaltsamen Auseinandersetzungen. Ich sage das, weil die Reise von Präsident Sarkozy begleitet durch den Kommissionspräsidenten Barroso und durch den hohen Beauftragen für Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Herrn Solana, heute nach Moskau natürlich auch von dem Bemühen begleitet wird, mehr Details, die den brüchigen Waffenstillstand sicherer machen, zu erreichen.
Beide Seiten des Konflikts sind aufgerufen, ihre Streitkräfte wie verabredet abzuziehen. Wir erwarten vor allem von Russland, dass es hier verantwortungsbewusst handelt.
Zweitens: wir brauchen internationale Präsenz vor Ort.
Verbunden mit dem Rückzug russischer Truppen brauchen wir einen internationalen Mechanismus – möglichst unter dem Dach einer gestärkten OSZE.
Eine sichtbare internationale Präsenz für das weitere Konfliktmanagement und zur Überwachung des Waffenstillstandes ist entscheidend für die dauerhafte Stabilisierung der Konfliktregion und den Aufbau von Vertrauen.
Die EU ist bereit, sich an einer solchen Präsenz aktiv zu beteiligen.
Drittens: Wir müssen Georgien in den Konfliktgebieten beim Wiederaufbau helfen.
Wir werden uns bei der Beseitigung der Kriegsschäden engagieren. Durch Mittel aus dem europäischen Haushalt, durch tatkräftige Unterstützung vor Ort und durch konkrete Hilfe für die Menschen, die ihr Habe, und oft auch ihre Heimat verloren haben.
Die Europäische Union hat eine internationale Aufbaukonferenz bschlossen, um die notwendigen Mittel und Ressourcen zu mobilisieren. Auch Deutschland – schon bisher übrigens innerhalb der EU der größte bilaterale Geber in Georgien - wird sich hierbei mit substantiellen Beiträgen beteiligen.
In einem ersten Schritt haben wir – nach der Bereitstellung von zwei Millionen Euro für humanitäre Hilfe in den ersten Tagen des Konflikts - in der vergangenen Woche 8 Millionen Euro für den Bau von Fertighäusern für Flüchtlinge verfügbar gemacht.
Viertens: Wir müssen die Europäische Nachbarschaftspolitik Richtung Osten intensivieren.
Die EU und die Staaten des südlichen Kaukasus sind Nachbarn. Wir haben daher – über den Wiederaufbau in Georgien hinaus - ein vitales Interesse an Stabilität und Sicherheit an der Ostflanke der Europäischen Union.
Die Europäische Union kann, und ich hoffe sie wird mehr tun. Sie kann die Instrumente, die sie sich selbst vor Jahren geschaffen hat, etwa die europäische Nachbarschaftspolitik oder unter unserer Präsidentschaft die Schwarzmeerkooperation nutzen, um sehr gezielt in diesem Raum Stabilität auch durch wirtschaftliche Förderung schaffen.
Unser Ziel muss sein, Georgien, die Ukraine, Armenien, Aserbaidschan, und Moldau als integrale Bestandteile eines europäischen Raums der Sicherheit, der Stabilität und des Wohlstands zu begreifen. Und wenn die Voraussetzungen gegeben sind natürlich auch Weißrussland – die Entwicklung der letzten Wochen dort gibt zu leiser Hoffnung Anlass.
Die weitere Modernisierung und Transformation dieser Länder ist ein zentrales Anliegen der Europäischen Union. Sie möglichst eng und vielschichtig mit der EU zu verflechten, muss unser strategisches Ziel sein.
Wenn wir diese Initiativen auf der Grundlage der Europäischen Nachbarschaftspolitik zusammenführen kann daraus ein neuer strategischer Impuls entstehen für die Stabilisierung und Transformation der gesamten Region. Die entsprechenden Handlungsfelder sind vielfältig: grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte, mehr Handel, Visaerleichterungen, Zusammenarbeit bei Migrationsfragen und engere Sicherheitskooperation.
Fünftens: langfristig sollten wir einen Ansatz aufgreifen, den wir über die Jahre hinweg auf dem westlichen Balkan verfolgt haben. Nämlich das Denken in der Stabilität von Regionen.
Wir brauchen einen strategischen Rahmen, der auf der Grundlage der ENP die Region des Kaukasus, des Schwarzmeers und des kaspischen Meeres stabilisiert und transformiert.
Deshalb mache ich mich stark für eine türkische Initiative, die in den letzten Tagen vorgestellt worden ist, begleitet von Fußballdiplomatie zwischen der Türkei und Armenien. Einer Initiative, die – von ähnlichem Denken geprägt wie das Stabilitätskonzept für den Balkan - einen langfristigen Prozess anstoßen will, in dem man über mehrjährige Konferenzen auf ein Stabilitätskonzept für den südlichen Kaukasus hinarbeitet, das die gesamten Länder der Region einbezieht. Ein Stabilitätskonzept, das davon ausgeht, dass langfristig auch Russland dazu gehört.
Denn wir brauchen den konstruktiven Beitrag Russlands in der Region, als Mitgestalter einer gesamteuropäischen Sicherheits- und Friedensordnung und als Teilhaber bei der Bewältigung globaler Aufgaben.
Die aktuelle Krise im Kaukasus darf nicht den Blick dafür verstellen, dass beide Seiten von einer engen Zusammenarbeit viel zu gewinnen haben: etwa beim gemeinsamen Bemühen um Energiesicherheit und -effizienz, beim Ausbau einer transkontinentalen Verkehrsinfrastruktur oder im Bereich Bildung und Wissenschaft. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass auch Russland viel zu verlieren hat, wenn aus der Krise eine dauerhafte Störung unserer Zusammenarbeit wird.
Konfliktlösung und Wiederaufbau im Kaukasus, eine zukunftsgewandte Sicherheits- und Stabilitätspartnerschaft mit der Region und ein offener Dialog mit Russland beschreiben den europäischen Weg und damit das Gegenteil dessen, was einige vorschnell als die Marschroute unserer Zeit ausgeben wollen. Und geradezu in Muster des Kalten Krieges zurückfällt.
Ich warne vor diesen Chiffren, denn die zynischen Gewissheiten des Kalten Krieges haben für die Menschen auf beiden Seiten viel Leid bedeutet.
Ich sage: Diese Zeit ist ein für allemal vorbei. Und daher gehört das Gerede vom Kalten Krieg in die rhetorische Mottenkiste. Es verstellt den Blick auf die wirklich zentralen Herausforderungen unserer Zeit, statt den Weg nach vorne zu beschreiben. Diese Sichtweise kann den Blick vom Rückspiegel nicht lösen, obwohl das Tempo der Veränderungen ständig zunimmt.
Wir leben in einer Welt auf der Suche nach Ordnung. In einer Welt, in der jeder Staat – und sei er noch so mächtig – mehr Partner und keinesfalls mehr Gegner braucht. Das gilt für Russland genauso wie für die USA und alle anderen Akteure auf der internationalen Bühne.
Sie erleben es auf Ihren Posten, weltweit. Wie ganze Gesellschaften sich auf den Weg machen. Staaten, die wir zu lange vielleicht nur als Partner der Entwicklungszusammenarbeit wahrgenommen haben und zu wenig als politische Partner. In Asien, in Afrika, in Lateinamerika.
Neue Kraftzentren, politische wie wirtschaftliche, bilden sich heraus. Das hat China bei der Olympiade eindrucksvoll gezeigt – nicht nur beim Medaillenspiegel.
Wir können davon ausgehen, dass der Aufstieg Chinas sich fortsetzen und die Welt weiter verändern wird. Im Jahr 2035 könnte China die Wirtschaftsleistung der USA erlangen, zur Mitte des Jahrhunderts bereits doppelt so stark sein. Aber auch andere Staaten holen auf. Indien, Brasilien, Mexiko, Indonesien, Vietnam, die Golfstaaten, um nur einige zu nennen.
Diese neue Welt zu gestalten, die neuen Akteure zu verantwortlichen Teilhabern bei der Lösung der globalen Zukunftsaufgaben zu machen, das ist die zentrale Herausforderung unserer Zeit. Dabei das internationale Recht mächtig machen und die Macht an das Recht binden – das muss unsere Politik bestimmen.
Es gibt keine Zukunftsfrage, die wir im Gegeneinander lösen können, selbst wenn zeitweise Interessengegensätze zum Vorschein kommen.
Wir brauchen für die Herausforderungen im 21. Jahrhundert alle wichtigen Akteure an Bord, auf Grundlage fairer Regeln für alle und als Partner auf Augenhöhe.
Seinen Platz als Partner auf Augenhöhe muss endlich auch Afrika einnehmen können, das im Mittelpunkt der diesjährigen Botschafterkonferenz steht. Ein ganzer Kontinent, der bei uns in Europa noch viel zu sehr als Kontinent der Krisen, Konflikte und des Staatszerfalls wahrgenommen wird.
Dabei steht Afrika gerade auch für die Neuvermessung der Welt, wie wir sie zu Beginn des 21. Jahrhunderts erleben.
Denn auch Afrika hat sich auf den Weg gemacht und Sie, lieber Jean Ping, verkörpern diesen Aufbruch als Präsident der AU Kommission in ganz besonderer Weise.
Afrika, allen voran die Afrikanische Union, ist zunehmend bereit, Eigenverantwortung zu übernehmen, eine afrikanische Sicherheitsarchitektur aufzubauen und den wirtschaftlichen Aufbruch in die eigenen Hände zu nehmen.
Afrika kann heute mit echten Erfolgsgeschichten aufwarten: in diesem Jahr wird die afrikanische Wirtschaft um 7% wachsen, das ist Rekord für die letzten 38 Jahre. Und dieses Wachstum findet längst nicht nur in den Ressourcenstaaten statt, sondern ist mehr und mehr durch Handel, Industrie und Dienstleistungen getrieben.
Bei vielen makroökonomischen Kennziffern schneidet Afrika heute besser ab als die südostasiatischen Staaten zu Beginn der achtziger Jahre, als deren Aufstieg zu den „emerging markets“ begann.
China und Indien, aber auch Malaysia oder die Türkei haben die neuen politischen und wirtschaftlichen Chancen durch mehr Zusammenarbeit mit Afrika erkannt. Die Türkei will allein in diesem Jahr zehn neue Botscahften in Afrika eröffnen.
Das ausländische Engagement geht weit über den Rohstoffsektor hinaus. Telekommunikation, Infrastruktur und zuletzt auch Finanz- und Bankwesen stehen im Fokus internationaler Investoren.
Für diese erfreuliche Entwicklung gibt es handfeste Gründe: allen voran die Verbesserung der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, die vielerorts mit einer besseren Regierungsführung einhergehen.
Wir wollen aber auch nicht die Augen davor verschließen, dass diese Erfolgsgeschichte keinesfalls flächendeckend gilt. Gerade in Afrika gibt es noch immer viel zu viele Menschen, denen Entwicklungschancen, ja oft sogar ein menschenwürdiges Leben durch bewaffnete Konflikte und schlechte, manchmal sogar fehlende Regierungsführung vorenthalten werden – wie etwa in Somalia, in Darfur oder im Ostkongo.
Auch das Andauern der politischen und wirtschaftlichen Krise in Simbabwe ist unerträglich. Es ist ein Makel für „Afrikas Renaissance“, dass dort eine verantwortungslose politische Führung das Land und die Gesellschaft förmlich ausblutet, zur Flucht treibt und politisch unterdrückt. Das sehen inzwischen auch viele afrikanische Politiker nicht anders.
Zu Beginn dieses Jahres stand plötzlich auch Kenia, als Hort der Stabilität in Ostafrika bekannt, am Rand des Abgrunds. Der beherzte Einsatz der Afrikanischen Union, gemeinsam mit den Vereinten Nationen und auch unserer tatkräftigen Unterstützung konnte ein völliges Abgleiten in Chaos und Gewalt verhindern. Das war nicht nur ein Beleg für die gewachsene Handlungsfähigkeit der AU, sondern auch Ausdruck unseres Engagements für den Kontinent.
Deutschland steht an der Seite Afrikas. Unter unserer EU-Präsidentschaft wurde der EU-Afrika Gipfel Ende 2007 maßgeblich mit vorbereitet und wir werden bei der Umsetzung der EU-Afrika Strategie eine aktive Rolle spielen.
Wir setzen bei unserer politischen Partnerschaft mit Afrika ganz bewusst auf die Unterstützung beim Aufbau und Ausbau der panafrikanischen Sicherheitsarchitektur, damit Afrika mehr und mehr seiner Probleme eigenständig lösen kann. Dazu wollen wir unseren Beitrag leisten, zum Beispiel für die AU Zentrale in Addis Abeba, bei der notwendigen Infrastruktur, bei Gebäuden oder Ausrüstung. Der beträchtliche Aufwuchs an ODA-Mitteln, den wir in den letzten beiden Jahren im Haushalt des AA verbuchen konnten, bietet uns gerade in Afrika ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich „Frieden und Sicherheit“.
Es ist mein persönlicher Ehrgeiz, den kulturellen Austausch zu befördern, miteinander noch mehr ins Gespräch zu kommen, Dialog zu ermöglichen und den kulturellen Austausch zu vertiefen. Zwei neue Goethe-Institute werden wir dieses Jahr im Rahmen der „Aktion Afrika“ neu eröffnen, in Tansania und in Angola. Gleichzeitig werden wir die Angebote der Deutschen Welle in Afrika ausbauen und auch bei der Sprachförderung neue Akzente setzen.
Zudem wollen wir Schüleraustauschprogramme intensivieren, unsere Auslandsschulen in Afrika ausbauen und weitere Unterrichtsexperten des Goethe-Instituts entsenden.
Und wir wollen die afrikanische Kultur verstärkt nach Deutschland bringen, um die kulturelle Vielfalt und Vitalität Afrikas hier in Deutschland noch bekannter zu machen.
In zwei Jahren werden nicht nur wir, sondern die ganze Welt mit Freude und Spannung auf Afrika schauen, wenn die Fußballweltmeisterschaft zum ersten Mal zu Gast auf dem Kontinent sein wird. Uns in Deutschland ist die einmalige Stimmung während der letzten Weltmeisterschaft noch eindrücklich in Erinnerung, und wir stehen bereit, Südafrika jede erdenkliche Hilfe bei der Vorbereitung des kommenden Fests des Weltfußballs zu gewähren.
Einen weiteren Schwerpunkt unserer Zusammenarbeit mit Afrika wollen wir in den Bereich Energie und Klimapolitik legen. Noch immer haben eine halbe Milliarde Menschen in Afrika keinen Zugang zu Elektrizität. Dabei ist doch eine gesicherte Energie- und Stromversorgung erste Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand.
Wir wollen deshalb dafür sorgen, dass zum Beispiel in Nigeria die Infrastruktur für Stromerzeugung und Verteilung ausgebaut wird. Und zwar mit sauberer Technologie aus Deutschland. Im Gegenzug erhält Deutschland Zugang zum nigerianischen Energiemarkt. Das habe ich bei meiner Westafrikareise im vergangenen Jahr mit dem nigerianischen Präsidenten verabredet. Vor einigen Wochen ist dazu ein Memorandum zwischen Deutschland und Nigeria unterzeichnet worden. Das Interesse der deutschen Wirtschaft ist geweckt, denn die Chancen in Nigeria sind riesig.
Ich denke es wurde deutlich: In unseren Beziehungen mit Afrika geht es uns um eine politische Partnerschaft auf Augenhöhe, kein überkommenes Geber-Nehmer Verhältnis, das nicht mehr in unsere Zeit passt. In diesem Streben müssen wir uns auch selbstkritisch fragen, was wir mit unserer Entwicklungshilfe in den letzten Dekaden erreicht, vielleicht mancherorts auch angerichtet haben, und was wir künftig besser machen können.
Die Botschafterkonferenz mag uns hier die Gelegenheit geben für eine kritische Bestandsaufnahme und Diskussion „ohne Scheuklappen“.
Afrika ist im Aufbruch. Und steht damit stellvertretend für eine Zeit, in der vieles in Bewegung ist. In der die Außenpolitik gewiss nicht einfacher wird, aber dafür umso spannender bleibt und damit eine dauernde Herausforderung, gerade auch für Sie vor Ort.
Sie sind die Antennen für den weltweiten Wandel und wirken als unsere Interessenvertreter vor Ort. Sie arbeiten unter oft schwierigsten Bedingungen, in gefährlicher Umgebung, ob in Tiflis, Kabul, Bagdad oder Kinshasa.. Sie tun dies gemeinsam mit vielen anderen deutschen Vertretern, Soldaten, Entwicklungshelfern oder Kulturmittlern, Arbeitern und Ingenieuren.
Die Belastungen und das Risiko, dem Sie, dem alle deutschen Kolleginnen und Kollegen ausgesetzt sind, die in den Krisengebieten dieser Welt ihren Dienst versehen, weiß ich wohl zu würdigen.
Ich danke Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Vertretungen weltweit für Ihren Einsatz und schließe die jeweiligen Familien ganz ausdrücklich in diesen Dank ein.
Unsere Botschafterkonferenz gibt uns die Möglichkeit, neue Perspektiven zu entwickeln und neue Themen aufzugreifen. Nutzen Sie diese Gelegenheit und machen Sie unsere diesjährige Botschafterkonferenz durch Ihr Engagement und ihren Beitrag zu einer runden Sache.
Vielen Dank.