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Rede von Staatsminister Gloser vor dem Europäischen Parlament anlässlich der Debatte des Brok-Crespo Berichtes „über die Roadmap für den EU-Verfassungsprozess“
-Es gilt das gesprochene Wort-
Ich danke den Berichterstattern Enrique Barón Crespo und Elmar Brok für den Bericht über die Roadmap für den EU Verfassungsprozess. Seine Schlussfolgerungen sind eine wichtige Unterstützung für das weitere Vorgehen der Ratspräsidentschaft im Vorfeld des Gipfels im Juni.
Die Unterstützung des Europäischen Parlaments ist für den Erfolg essentiell und es ist uns wichtig, das Europäische Parlament in die Diskussion über die Vertragsreform voll einzubeziehen.
Die angemessene Beteiligung des Europäischen Parlaments muss daher auch bei der kommenden Regierungskonferenz sichergestellt werden.
Für die gute Zusammenarbeit möchte ich mich nochmals ausdrücklich bedanken.
Die gute Zusammenarbeit spiegelt sich auch in dem heute vorgestellten Bericht, den ich als ausgewogen empfinde, da er die notwendige Balance hält zwischen einem ambitionierten Ergebnis für Europa und dem notwendigen Realismus in dieser Frage.
Wir können und wollen das Votum der Bevölkerung in Frankreich und den Niederlanden nicht ignorieren. Gleichzeitig möchte die Mehrheit der Mitgliedstaaten die inhaltliche Substanz erhalten.
Ich möchte deshalb an dieser Stelle noch einmal die besondere Rolle unterstreichen, die uns als Präsidentschaft zukommt: Wir sind in einer Mittlerrolle. Wir wollen ein Ergebnis, das alle Mitgliedstaaten ebenso wie das Europäische Parlament akzeptieren können.
Die Diskussion, die seit den gescheiterten Referenden nicht nur in den Niederlanden und Frankreich stattgefunden hat, müssen wir berücksichtigen. Wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen.
Gleichzeitig – das hat die Diskussion auch gezeigt - gibt es zahlreiche Bereiche, in denen sich die Bürger mehr Europa wünschen. Hierbei werden die in letzter Zeit intensiv diskutierten Themen Klima und Energie sehr häufig genannt, aber auch die gemeinsame EU-Außenpolitik und die Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität.
Eine Tatsache, die in zahlreichen Umfragen bestätigt wird, ist mir sehr wichtig: Die Menschen in Europa sind in ihrer Mehrzahl nicht gegen Europa. Sie wollen eine handlungsfähige und effiziente EU, die sich auf das Wesentliche konzentriert, eine EU, die die Probleme, die sie anpackt, auch wirklich löst.
Es ist kein Geheimnis, dass eine Verständigung über eine Reihe von wichtigen Fragen noch nicht erreicht ist.
Diskutiert wird zum einen, wie die künftige Architektur der Verträge aussehen soll. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass es Vorschläge gibt, zu einem klassichen Änderungsvertrag zurückzukehren.
Auch das Europäische Parlament hat seine Bereitschaft bekundet, über die Präsentation der künftigen Verträge nachzudenken. Ich setze darauf, dass wir hier eine Lösung finden, die alle Partner mittragen können und die gleichzeitig eine deutlichen Fortschritt an Lesbarkeit und Transparenz für die Bürger bringt.
Das Europäische Parlament ist stets mit Nachdruck für die Grundrechtecharta eingetreten. Es befindet sich mit der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten in Übereinstimmung, wenn es dafür eintritt, an der Charta und insbesondere an deren rechtsverbindlichem Charakter, festhalten will.
Die EU muss entscheidungs- und handlungsfähiger werden, um vor den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bestehen. Und: wir wollen eine demokratischere und transparentere EU.
Deshalb will die große Mehrheit der Mitgliedstaaten an der wesentlichen inhaltlichen Substanz des vorliegenden Verfassungsvertrags festhalten. Mehrheitliche Auffassung ist, dass insbesondere das institutionelle Paket nicht geöffnet werden kann, da dies die Öffnung der Büchse der Pandora wäre. Aber auch die Fortschritte im Bereich der Sachpolitiken sind wichtig.
Wir wollen ein Ergebnis, das alle Mitgliedstaaten akzeptieren können. Hierfür ist Kompromissbereitschaft auf allen Seiten notwendig. Ich setze darauf, dass der gemeinsame Wille besteht, Europa gemeinsam voranzubringen.
In dieser Situation ist uns die Unterstützung des Europäischen Parlamentes für die Bemühungen des deutschen Ratsvorsitzes um eine Einigung auf dem Gipfel im Juni, die in dem Bericht betont wird, besonders wichtig.
Lassen Sie mich noch einige Ausführungen zum Verfahren und zur Zielsetzung der deutschen Präsidentschaft machen.
Die Konsultationen sind inzwischen in die „heiße Phase“ getreten. Die Gespräche werden nun vorwiegend von Bundeskanzlerin Merkel und Bundesminister Steinmeier persönlich geführt. Bundesminister Steinmeier wird morgen hier zur Vorbereitung des Juni-ERs vortragen.
Da die Konsultationen auf höchster Ebene noch andauern, ist es zu früh, bereits konkrete inhaltliche Präsidentschafts-Vorschläge zu präsentieren. Diese werden erst in einem späteren Stadium vor dem Europäischen Rat vorgelegt werden können.
Unser Ziel für den Europäischen Rat im Juni sind klare inhaltliche Vorgaben für die geplante Regierungskonferenz sowie ein präziser Zeitplan: Die Regierungskonferenz soll Ende 2007 unter portugiesischem Vorsitz politisch abgeschlossen werden, Vertragsunterzeichnung spätestens Anfang 2008. Dies ließe ausreichend Zeit für eine Ratifizierung des Vertrages in allen Mitgliedstaaten vor den EP-Wahlen 2009. Zu diesem Zeitplan, zu dem auch die Roadmap des EP aufruft, besteht in den bisherigen Gesprächen breite Zustimmung. Wichtig für seine Realisierung wäre hierfür auch, dass das Europäische Parlament seine Stellungnahme nach Artikel 48 noch vor der Sommerpause abgibt.
Aber ich wiederhole: Als Präsidentschaft befinden wir uns in einer Mittlerrolle. Wir brauchen ein Ergebnis, das alle akzeptieren können. Wir sprechen mit allen Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und der Kommission.
Es gibt es noch viel an Überzeugungsarbeit und Vermittlung zu leisten, aber ich bin zuversichtlich, dass alle den gemeinsamen Erfolg wollen!
Vielen Dank.