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Rede von Staatsminister Niels Annen bei der Online-Konferenz „Social dialogue as an important pillar of economic sustainability and the resilience of economies in Europe“

10.11.2020 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Ich freue mich sehr, diese Konferenz im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu eröffnen. Sehr gerne hätte ich Sie persönlich in Berlin begrüßt, aber angesichts der aktuellen Pandemie-Entwicklung ist eine Videokonferenz sicher das Mittel der Wahl.

Ich heiße Sie alle herzlich willkommen. Insbesondere heiße ich die neu gewählte Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses Christa Schweng willkommen.

Frau Schweng wird uns später, gemeinsam mit den beiden Berichterstatterinnen die Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses erläutern.

Meine herzlichen Glückwünsche zu Ihrer Wahl, Frau Schweng!

Die Themen Beteiligungsrechte und sozialer Dialog haben in Krisenzeiten eine Dynamik gewonnen, die keiner vorhersehen konnte. Ich hoffe, dass wir mit unseren Initiativen dazu beitragen können, dass Europa die Herausforderungen meistern wird und wir letztlich gestärkt aus der Corona-bedingten Krise heraustreten werden.

Sozialpartnerschaftliche Praktiken haben sich bereits in der Vergangenheit bewährt. Ich erinnere hier nur an das in der deutschen Automobilindustrie während der Finanzkrise entwickelte Instrument der Arbeitszeitkonten. Hierdurch konnten wir in der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 Arbeitsplatzverluste in großem Umfang verhindern.

Die Regelungen wurden zunächst allein von den Sozialpartnern entwickelt. Heute sind sie ständige Praxis, auch weit über Deutschland hinaus.

Auch in dieser Krise richten sich die Erwartungen wieder an die Sozialpartner. Am 14.Oktober thematisierte der EU-Sozialgipfel die Bedeutung des sozialen Dialogs in der Krise.

Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Michel betonten dabei - ebenso wie auch Bundeskanzlerin Merkel - die grundlegende Bedeutung des Dialogs zwischen Regierungen und Sozialpartnern.

Bundeskanzlerin Merkel hat unterstrichen, dass die EU die Pandemie nur bewältigen kann, wenn sie auf die Sozialpartnerschaft setzt. Sozialpartner seien selten so gebraucht worden wie in dieser Pandemie.

Wir haben diese Konferenz daher gut getimed. Und befinden uns mit unseren Analysen auf der Höhe der Zeit.

Gleichzeitig stehen wir vor enormen Herausforderungen. Die in Europa praktizierten Beteiligungsformen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Vertretungen in Wirtschaft und Unternehmen sind in verschiedenen Ländern der EU sehr unterschiedlich ausgebildet.

So sind in lediglich 18 der 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Mitbestimmungsrechte in Unternehmen gesetzlich verankert. Die in Deutschland praktizierte Mitbestimmung ist dabei nur eine mögliche Form des sozialen Dialogs. Andere Länder haben Strukturen entwickelt, die auf den jeweils eigenen Traditionen und Rechtsordnungen basieren.

Gleichwohl müssen sich die existierenden Beteiligungsformen immer neuen Herausforderungen stellen:

Das Arbeitsleben hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten tiefgreifend geändert. Neue Arbeitsformen haben sich entwickelt - ebenso wie unterschiedliche Varianten von neuen Unternehmensformen.

Das Regelungswerk der Mitbestimmung und anderer Beteiligungsformen hingegen ist weitgehend noch im industriellen Zeitalter entwickelt worden. Die in der Europäischen Union bekannten Systeme der Beteiligung im Arbeitsleben sind überwiegend vor 50 Jahren entstanden. Sie bedürfen daher in manchen Bereichen einer Überarbeitung und Anpassung.

Daher ist es z.B. notwendig, die Frage der Arbeitnehmereigenschaft in der Abgrenzung zu neuen Beschäftigungsformen zu behandeln. Wir müssen sicherstellen, dass die Arbeitsverträge dem tatsächlichen Charakter des Arbeitsverhältnisses entsprechen.

Es gilt auch darüber nachzudenken, wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im „grauen“ Bereich zwischen abhängiger und selbständiger Erwerbstätigkeit sowie Selbständige in Situationen starker Machtungleichgewichte gestärkt werden können.

Meine Damen und Herren,

Mein zentraler Punkt, den ich hier zum Auftakt der Konferenz gerne machen will, ist: Neue Unternehmensformen dürfen nicht dazu dienen, Beteiligungsrechte zu unterminieren. Eine möglichst weite Angleichung der diesbezüglichen Standards innerhalb der EU ist daher in unser aller Interesse.

Die Sondierungsstellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses als Beratungsinstrument für die Institutionen und Organe der EU wird uns helfen, die Zukunft Europas partizipativ anzugehen, und zum Besten aller Beteiligten zu gestalten. Ich freue mich deshalb auf die heutige Diskussion dieser Studie!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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